Whistleblowing in Spanien

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veröffentlicht am 28. Juni 2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

   

  1. Wie ist der Stand der Umsetzung? »
  2. Was sind die ersten Praxiserfahrungen und besteht bereits Anpassungsbedarf? »
  3. Bedarf es einer Anhörung oder einer Mitbestimmung des Betriebsrats? »
  4. Sind die Regelungen umfassend oder beziehen sie sich nur auf die Whistleblower-Richtline (EU) 2019/1937? »
  5. Gibt es bereits eine externe Meldebehörde? »     

 

1. Wie ist der Stand der Umsetzung?

Der spanische Ministerrat billigte am 4. März 2022 einen Vorentwurf für ein Gesetz zum Schutz von Personen, die Rechtsverstöße melden und zur Bekämpfung der Korruption, zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 (Anteproyecto de Ley reguladora de la protección de las personas que informen sobre infracciones normativas y de lucha contra la corrupción).
 
Der Vorentwurf befindet sich derzeit im parlamentarischen Verfahren und kann daher noch geändert werden, d.h. der Inhalt des künftigen Gesetzes kann vom bisherigen Vorentwurf abweichen.

2. Was sind die ersten Praxiserfahrungen und besteht bereits Anpassungsbedarf?

Da bisher nur ein Vorentwurf des Gesetzes veröffentlicht wurde und sich dieser noch im Gesetzge­bungs­ver­fah­ren befindet, gibt es noch keine Praxiserfahrung und es sind zudem noch Änderungen und Anpassungen des Inhalts des künftigen Gesetzes zu erwarten. 
 
Hervorzuheben ist jedoch, dass aufgrund des Artikels 31 bis des spanischen Strafgesetzbuches, der im Jahr 2015 eingeführt wurde, bereits viele Unternehmen über einen Compliance-Plan und somit auch über einen Whistleblowing-Kanal verfügen. Der genannte Artikel ermöglicht es juristischen Personen, eine Befreiung von der strafrechtlichen Haftung oder eine Haftungsminderung in Anspruch zu nehmen, wenn sie einen wirksamen Compliance-Plan erstellt haben. Eine der gesetzlichen Voraussetzungen eines solchen Compliance-Plans ist die Existenz eines Whistleblowing-Kanals im Unternehmen. 
 
Durch das neue Gesetz zum Schutz von Personen, die Verstöße melden, würde jetzt der erforderliche Schutz dieser meldenden Personen gesetzlich verankert werden. 

3. Bedarf es einer Anhörung oder einer Mitbestimmung des Betriebsrats?

Der veröffentlichte Vorentwurf des Gesetzes sieht vor, dass die verpflichteten Unternehmen ihr internes In­for­ma­tionssystem bzw. den Meldekanal „nach Anhörung der gesetzlichen Vertreter der Arbeitnehmer” ein­rich­ten. D.h. es ist eine vorherige Anhörung des Betriebsrates/der Arbeitnehmervertreter erforderlich. 

4. Sind die Regelungen umfassend oder beziehen sie sich nur auf die Whistleblower-Richtline (EU) 2019/1937?

Nach der europäischen Richtlinie beziehen sich die Verpflichtung zur Einrichtung interner Kanäle und die Maß­nahmen zum Schutz von Hinweisgebern ausschließlich auf die Meldung von Verstößen gegen das Unionsrecht in bestimmten, in der Richtlinie selbst festgelegten Bereichen, die durch die Rechtsvorschriften der Mitglied­staaten erweitert werden können. 
 
Der spanische Gesetzesvorentwurf erweitert diesen sachlichen Anwendungsbereich durch einen allgemeinen Verweis auf Verstöße gegen die übrige Rechtsordnung, „die das Allgemeininteresse unmittelbar beeinträchtigen oder schädigen”. Dabei wird hervorgehoben, dass dieses Allgemeininteresse in jedem Fall als beeinträchtigt gilt, wenn der Verstoß einen Schaden für die öffentliche Finanzverwaltung nach sich zieht.
 
In Bezug auf die verpflichteten Unternehmen sieht der Vorentwurf vor, dass das Gesetz 
  • innerhalb von drei Monaten nach seinem Inkrafttreten auf Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten anwendbar ist, und 
  • ab dem 1. Januar 2023 auch für Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten gilt.
 

Damit wird die in der Richtlinie vorgesehene maximale Umsetzungsfrist für diese Unternehmen um fast ein Jahr vorgezogen werden.

 

Als weitere Besonderheit sieht der Vorentwurf vor, dass Unternehmenskonzerne eine gemeinsame allgemeine Politik in diesem Bereich verfolgen und ein einziges internes Informationssystem/Meldekanal für die gesamte Gruppe einrichten können. 
 

5. Gibt es bereits eine externe Meldebehörde?

Der Vorentwurf des Gesetzes sieht die Einrichtung einer unabhängigen Behörde für den Schutz von Hinweis­ge­bern vor (Autoridad Independiente de Protección del Informante), die dem Justizministerium unterstellt ist und zu deren Aufgaben es gehört, Verstöße gegen die Bestimmungen des Gesetzes zu ahnden. In dem Gesetz­ent­wurf werden die Verstöße als geringfügig, schwerwiegend oder sehr schwerwiegend eingestuft (als sehr schwer­wiegend werden jegliche Repressalien gegen den Hinweisgeber oder Verstöße gegen die Vertraulich­keitsgarantie oder andere Verfahrensgarantien eingestuft), wobei unter anderem Verwaltungsstrafen von bis zu 600.000 Euro verhängt werden können.
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