„Feiern, aber richtig”: Die 110-Euro-Grenze bei Betriebsveranstaltungen

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zuletzt aktualisiert am 28. April 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Seit dem 1. Januar 2015 wurde mit dem Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22. Dezember 2014 (Zollkodexanpassungsgesetz) die Besteuerung von geldwerten Vor­teilen, die ein Arbeitgeber bei Betriebsveranstaltungen gewährt, gesetzlich geregelt. Die Finanzverwaltung hat die Gesetzesänderung mit dem Anwendungsschreiben vom 14. Oktober 2015 umgesetzt.

Betriebsveranstaltungen finden auf betrieblicher Ebene statt und zeichnen sich durch ihren gesellschaftlichen Charakter aus. Solche Veranstaltungen können bspw. Weihnachtsfeiern sein, der Betriebsausflug oder die Feier des Geschäftsjubiläums. Der Teilnehmerkreis muss sich überwiegend (mehr als 50 Prozent) aus Betriebsan­gehörigen, deren Begleitpersonen und ggf. Leiharbeitnehmern oder Arbeitnehmern anderer Unternehmen im Konzernverbund zusammensetzen. Die Ehrung eines einzelnen Jubilars oder eines einzelnen Arbeitnehmers, z.B. beim Ausscheiden, ist keine Betriebsveranstaltung.

Damit aufgrund der Teilnahme an einer Betriebsveranstaltung kein steuer- und sozialversicherungspflichtiger Arbeitslohn entsteht, sollte eine Vielzahl von Regel­ungen beachtet werden.

 


Freibetrag von 110 Euro

Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen führen dann nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, wenn die Aufwendungen je teilnehmendem Arbeitnehmer den Freibetrag von 110 Euro nicht übersteigen. Die bis 31. Dezember 2014 geltende Freigrenze wurde in unveränderter Höhe in einen Freibetrag umgewandelt.

Für die Überprüfung der Freibetragsgrenze von 110 Euro sind die Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung einschließlich Umsatzsteuer durch die Anzahl der tatsächlich Anwesenden zu teilen. Zur Frage, ob auf die Anzahl der angemeldeten oder der tatsächlich teilnehmenden Arbeitnehmer abzustellen ist und, ob sog. „No-Show-Kosten” für nicht anwesende Personen, die durch die Buchung der Veranstaltung für einen größeren Personenkreis entstanden sind, auszuscheiden sind, entscheidet derzeit der BFH (VI R 31/18).

Soweit die dem Arbeitnehmer anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewendeten Vorteile den Freibetrag von 110 Euro nicht übersteigen, sind sie steuer- und beitragsfrei. Wird der Betrag von 110 Euro überschritten, ist nur der darüber hinausgehende Betrag steuer- und beitragspflichtig.

Für die Gewährung des Freibetrags muss die Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils (z.B. Organisationseinheiten von einiger Bedeutung und Größe) offenstehen. Incentive-Reisen, die ein Arbeitgeber zur Entlohnung und Motivation zu weiteren Leistungen für bestimmte Arbeitnehmer durchführt, sind demnach keine Betriebsveranstaltungen. Die Möglichkeit der Teilnahme darf also nicht auf einen bestimmten Arbeitnehmerkreis beschränkt sein.

Der Freibetrag von 110 Euro gilt arbeitnehmerbezogen allerdings nur für bis zu zwei Veranstaltungen jährlich. Der Freibetrag gilt pro Veranstaltung und pro Arbeitnehmer, d. h. für jede der zwei Veranstaltungen kann ein Freibetrag in Höhe von 110 Euro genutzt werden. Nimmt der Arbeitnehmer an mehr als zwei Betriebs­veran­staltungen teil, können die beiden Veranstaltungen, für die der Freibetrag gelten soll, durch den Arbeitgeber ausgewählt werden.

Nimmt ein Arbeitnehmer zur Erfüllung beruflicher Aufgaben an einer Betriebsveranstaltung teil, z.B. wenn der Personalchef oder Betriebsrat die Veranstaltungen mehrerer Abteilungen besucht, ist der auf den Arbeit­nehmer entfallende Anteil an den Gesamtaufwendungen von vorneherein kein Arbeitslohn.

 

Beispiel

Ein Arbeitgeber führt drei Betriebsveranstaltungen im Jahr durch:

  • Juni: Betriebsausflug 110 Euro je Teilnehmer;
  • September: Oktoberfestbesuch 100 Euro je Teilnehmer;
  • Dezember: Weihnachtsfeier 105 Euro je Teilnehmer.

 

Der Arbeitgeber beschäftigt 100 Arbeitnehmer, hiervon nehmen 60 Arbeitnehmer an nur einer Veranstaltung teil, 30 Arbeitnehmer an zwei Veranstaltungen und nur 10 Arbeitnehmer an allen drei Veranstaltungen.

 

Da der Freibetrag arbeitnehmerbezogen gilt, muss nur für die 10 Arbeitnehmer, die an allen drei Betriebsver­anstaltungen teilgenommen haben, eine Veranstaltung als Arbeitslohn versteuert werden. Der Arbeitgeber kann die Veranstaltung mit den geringsten Kosten (Oktoberfestbesuch 100 Euro je Teilnehmer) als die steuerpflichtige Veranstaltung auswählen. Der Betriebsausflug mit 110 Euro je Teilnehmer und die Weih­nachtsfeier mit 105 Euro je Teilnehmer liegen beide im Freibetrag von 110 Euro und müssen nicht versteuert werden.

 

Für die restlichen Arbeitnehmer kann der Freibetrag in Höhe von 110 Euro entweder für eine Veranstaltung oder für beide besuchten Veranstaltungen genutzt werden.

 

Gesamtkosten

Nach der seit 1. Januar 2015 geltenden gesetzlichen Regelung sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer in die Gesamtkosten einzubeziehen. Das gilt unabhängig davon, ob die Aufwen­dungen einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder, ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt.


Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind insbesondere:
  • Gewährung von Speisen und Getränke, Tabakwaren und Süßigkeiten;
  • Übernahme von Übernachtungs- und Beförderungskosten;
  • Aufwendungen für Musik, künstlerische/artistische Darbietungen;
  • Eintrittskarten für kulturelle und sportliche Veranstaltungen;
  • Zuwendungen an Begleitpersonen des Arbeitnehmers;
  • Barzuwendungen, die statt der vorgenannten Sachzuwendungen gewährt werden;
  • Aufwendungen für den äußeren Rahmen, z.B. für Räume, Beleuchtung, Eventmanager.


Es ist unerheblich, ob die Zuwendungen den Arbeitnehmern selbst oder deren Begleitpersonen zugutekommen. Der auf die Begleitperson anfallende Anteil der Aufwendungen ist dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurechnen – für die Begleitperson des Arbeitnehmers wird kein zusätzlicher Freibetrag von 110 Euro gewährt.

Bei einer Betriebsveranstaltung zugewendete Geschenke, die vom Zuwendenden nach § 37b EStG mit 30 Prozent pauschal besteuert werden, sind bei der Ermittlung der Gesamtkosten nicht zu berücksichtigen. Beispielsweise sind die Kosten für den Hauptgewinn einer anlässlich einer Betriebsveranstaltung durch­geführten Verlosung von den Gesamtkosten zu kürzen, wenn eine Besteuerung des Geschenks nach § 37b EStG vorgenommen wird.

Erstattete Reisekosten, z.B. Fahrtkosten oder Verpflegungsmehraufwendungen, können ausnahmsweise als steuerfreie Erstattungen nach § 3 Nummer 13 oder 16 EStG behandelt werden, wenn die Betriebsveranstaltung außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers stattfindet, die Anreise der Teilnahme der Veran­staltung dient und die Organisation dem Arbeitnehmer obliegt. Die Erstattungen gehören dann nicht zu den Gesamtkosten anlässlich der Betriebsveranstaltung. Sobald der Arbeitgeber die Fahrten für die Arbeitnehmer organisiert und abwickelt, z.B. über ein betriebsinternes Reisemanagementsystem, sind die Aufwendungen des Arbeitgebers in die Gesamtkosten einzubeziehen.

Pauschsteuersatz 25 Prozent

Entsteht durch Überschreiten des Freibetrags von 110 Euro steuerpflichtiger Arbeitslohn, kann der Arbeitgeber die übersteigenden Zuwendungen mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent (zuzüglich Solidaritätszuschlag 5,5 Prozent und gegebenenfalls pauschale Kirchensteuer) besteuern.


Die pauschaliert besteuerten Zuwendungen sind in der Sozialversicherung beitragsfrei.

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