Whistleblowing now! Das Hinweisgeberschutzgesetz steht vor der Tür

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veröffentlicht am 7. Dezember 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Obwohl die EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 die Mitgliedstaaten verpflichtete, die Vorgaben zum Hinweisgeberschutz bereits bis 17. Dezember 2021 in nationale Gesetze umzusetzen, konnte zwar der deutsche Gesetzgeber einen Entwurf eines solchen Ge­setzes vorweisen. Es fehlte aber, wie übrigens in vielen Mitgliedstaaten, an einer voll­ständigen gesetzgeberischen Umsetzung. Nun wurde Ende September 2022 das nach der Bundestagswahl durch den neuen Justizminister überarbeitete Hinweisgeber­schutz­­gesetz in erster Lesung im Bundestag beraten. Es verpflichtet Unternehmen unter anderem dazu, eine interne Meldestelle einzurichten, an die sich Hinweisge­ben­de wenden können, wenn sie einen Verstoß melden wollen. Auch wenn das Hinweisge­berschutzgesetz bislang nicht verkündet wurde und somit noch nicht in Kraft getreten ist, besteht für Unternehmen mit in der Regel mindestens 50 Beschäf­tigten dringender Handlungsbedarf, denn mit einer baldigen Verkündung – möglicher­weise zum Jahres­ende 2022, spätestens aber im 1. Quartal 2023 – ist zu rechnen.


Der Druck, das Hinweisgeberschutzgesetz nun auf den Weg zu bringen und damit die Vorgaben der sog. EU-Whistleblowing-Richtlinie (RL (EU) 2019/1937) umzusetzen, entsteht dadurch, dass der deutsche Gesetzgeber die Frist zur Umsetzung verstreichen ließ und deshalb ein sog. Vertragsverletzungsverfahrens der EU gegen Deutschland eingeleitet wurde. Insofern ist von einem zeitnahen Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes auszugehen.

Der vorliegende Regierungsentwurf sieht hinsichtlich des Inkrafttretens einen Zeitraum von drei Monaten nach Verkündung des Gesetzes vor. Würde das Hinweisgeberschutzgesetz mithin noch dieses Jahr beschlossen und verkündet, müsste es von Unternehmen – falls nicht bereits geschehen – noch im ersten Quartal des Jahres 2023 umgesetzt werden.

Angesichts der Anforderungen, die der Regierungsentwurf enthält, sollten sich Unternehmen mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten zeitnah auseinandersetzen mit:

  • der Einrichtung und dem Betreiben einer internen Meldestelle, an die sich Beschäftigte wenden können, um Verstöße zu melden
  • der technischen und damit zukunftsweisenden Ausgestaltung des Meldekanals
  • der Gewährleistung von Vertraulichkeit
  • der Dokumentation der Meldungen
  • der Schaffung eines Verfahrens zur Überprüfung der Meldungen
  • dem Vorhalten und Ergreifen angemessener Folgemaßnahmen
  • der Überprüfung der entsprechenden Auswirkungen auf etwaige Konzernstrukturen und ausländische Tochtergesellschaften
  • der Überprüfung der ggf. einschlägigen arbeitsrechtlichen sowie datenschutzrechtlichen Anforderungen (z.B. Betriebsratsbeteiligung, DSGVO-Konformität)


Hinsichtlich einiger der genannten Anforderungen wird den Unternehmen weitgehend freie Hand gelassen wird. So soll es dem Unternehmen im Rahmen der bestehenden Unternehmenskultur grundsätzlich freistehen, wie die Meldestelle besetzt und der Meldekanal bzw. die Meldekanäle technisch ausgestaltet sind. Eine wesent­li­che Weichenstellung stellt insoweit u.a. die Entscheidung für oder gegen die Inanspruchnahme eines digitalen Tools und damit etwaig einhergehend die Einbindung eines externen Dienstleisters dar. So gibt es zwischen­zeitlich zahlreiche Anbieter, die die Nutzung digitaler Meldeplattformen als Service in unterschied­licher Ausge­staltung anbieten.

Die notwendigen Konsequenzen aus einer eingegangenen Meldung müssen die Unternehmen bzw. die verant­wortlich handelnden Personen jedoch selbst ziehen. Unternehmen bleiben insbesondere zum Einschreiten bei bzw. Verhindern von Verstößen verpflichtet.

Auch hinsichtlich der Entscheidung über die Einrichtung der internen Meldestelle als solcher bleibt den betref­fenden Unternehmen faktisch keine Wahl: Denn sieht das Unternehmen von der Einrichtung einer internen Meldestelle ab, droht nach dem Regierungsentwurf eine Geldbuße von bis zu 20.000 Euro. Die kann nicht nur gegen das Unternehmen, sondern auch gegen die verantwortlich handelnden (oder hier: unterlassenden) Per­sonen verhängt werden.

Im Übrigen vergibt sich das Unternehmen hierbei die wichtige Möglichkeit, über eine interne Meldestelle von Verstößen überhaupt Kenntnis zu erlangen und demzufolge eigene angemessene und wirksame Maßnahmen zur zukünftigen Vermeidung von Verstößen zu ergreifen.

Mangelt es an einer internen Meldestelle, bleibt dem Hinweisgebenden keine andere Wahl, als sich an öffent­liche, d.h. behördliche Meldestellen zu wenden oder sogar publikumswirksam die sozialen Medien zu verwen­den. Dass sich daraus noch weitergehende, nicht zu unterschätzende Risiken ergeben können, liegt klar auf der Hand.

Um derartige Risiken für das Unternehmen beherrschbar zu machen, bedarf es des Tätigwerdens, selbst wenn das Gesetz selbst noch nicht in Kraft getreten ist. Der Hoffnung, dass der deutsche Gesetzgeber diesbezüglich noch lange auf sich warten lässt, sollte man sich nicht hingeben.


Fazit

Das Hinweisgeberschutzgesetz steht vor der Tür. Auch wenn der betreffende Regierungsentwurf in seinen Ein­zelheiten noch vom Bundestag beschlossen werden muss, sind die meisten Vorgaben durch EU-Recht determi­niert und werden daher künftig zum Pflichtprogramm für einen großen Teil der deutschen Unternehmen. Im Fokus steht dabei vor allem die Einführung der internen Meldestelle. Deren Implementierung ist weder tech­nisch noch rechtlich trivial und sollte daher zeitnah und noch vor Inkrafttreten des Hinweisgeberschutz­geset­zes angegangen werden.

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