Internationale Tax Compliance: erkennen und handeln

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veröffentlicht am 22. November 2018


Die Internationalisierung der Geschäftstätigkeit mittelständischer Unternehmen ist in vielen Branchen ein entscheidender Erfolgsfaktor. Damit einhergehend nehmen die steuerrechtlichen Regelungen und Anforderungen zu, da neben nationalen auch ausländische Vorschriften und internationale Ab­kommen Anwendung finden.


Internationale Geschäftsbeziehungen deutscher Unternehmen bergen eine Vielzahl an Steuer- und Compliancerisiken. Die Nichtbeachtung steuerlicher Pflichten – gerade auch im Ausland – kann zu empfindlichen Geldstrafen bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen und Haftungsfällen für die Organe der deutschen Gesellschaft führen. Das Erkennen von steuerlichen Verpflichtungen und die Sicherstellung internationaler steuerlicher Compliance sind daher essenziell. Die steuerlichen Problemstellungen sind hierbei so vielseitig und gleichzeitig so individuell wie die Geschäftspraktiken der Unternehmen selbst. Die anwendbaren steuerlichen Vorschriften und Verpflichtungen sind daher oft bereits bei scheinbar schlanken Geschäftsbeziehungen zum Ausland umfangreich.

 

Zur Veranschaulichung ein Fall: Ein deutscher mittelständischer Anlagenbauer mit Sitz in München hat mehrere Aufträge in Frankreich. Die in Deutschland entwickelte und überwiegend in Tschechien gefertigte Spezialanlage zur Herstellung von Konsumprodukten soll bei Kunden in Frankreich vor Ort montiert werden. Die Anlage wird direkt nach Frankreich geliefert und deutsche sowie tschechische Mitarbeiter zur Montage nach Frankreich entsandt. Über alle Aufträge hinweg, sind die Mitarbeiter mehr als 12 Monate vor Ort. Bereits das zeigt, wie komplex scheinbar einfache Geschäftsabläufe sein können.

 

Im vorgenannten Beispiel kann die Durchführung der Aufträge in Frankreich eine Betriebsstätte in Frankreich begründen. Dadurch würde zumindest ein Teil des Gewinns aus den Aufträgen in Frankreich steuerpflichtig werden. Die hiermit verbundenen Fragen und Problemstellungen sind vielseitig:
  • Welche Gesellschaft hat eine Betriebsstätte, die deutsche, die tschechische, womöglich beide?
  • Welcher Teil des Gewinns ist zu versteuern?
  • Wie ist der Gewinn zu ermitteln?
  • Sind Steuererklärungen abzugeben?
  • Bis wann sind sie einzureichen?
  • Wird ein Bevollmächtigter benötigt?
  • Unterliegen die vor Ort tätigen Mitarbeiter der französischen Lohnsteuer? Wie sieht das deutsche und das tschechische Finanzamt den Sachverhalt?
  • Wie kann Doppelbesteuerung vermieden werden?
  • Welche Fristen sind zu beachten?
  • Welche Dokumentation ist erforderlich?

Die Konsequenzen der Nichtbeachtung von steuerlichen Pflichten im Ausland können bereits hieraus beträchtlich sein.

 

Es ist bereits ersichtlich, dass neben der Hinzuziehung von erfahrener Beratungskompetenz in allen 3 Ländern, die idealerweise auch miteinander kommunizieren, ein Erkennen risikobehafteter Situationen verbunden mit einem eingespielten Prozessablauf unerlässlich sind. Das bedarf auch des ständigen Austausches mehrerer Funktionsbereiche des Unternehmens: Management, Vertrieb, Finanzbuchhaltung, HR und je nach Sachverhalt weiterer Bereiche.

 

Der Beispielsachverhalt von oben soll nun fortgeführt werden: Ein Kunde in Asien beauftragt die Lieferung und Montage einer Spezialanlage. Dazu schließt das deutsche Stammhaus einen Vertrag, in dem beide Leistungen zu einem Festpreis aufgeführt sind. Die Montage wird erwartungsgemäß in 5 bis 6 Wochen abgeschlossen.

 

Im Vergleich zum ersten Fall ist das Betriebsstättenrisiko hier allenfalls gering. Die Montage stellt im asiatischen Raum jedoch i.d.R. eine technische Dienstleistung dar, auf die Quellensteuer anfällt. Zum Quellensteuerabzug ist regelmäßig der Kunde verpflichtet. Hier ist es im ersten Schritt wichtig, Einigung über die steuerliche Bemessungsgrundlage mit dem Kunden zu erzielen, idealerweise, indem das Entgelt bereits vertraglich vereinbart wurde. Denn der Auftragswert, der auf die Lieferung der Anlage entfällt, unterliegt nicht der Quellensteuer. Die Vergütung der Montageleistung erhält der deutsche Auftragnehmer als Nettobetrag. Die Quellensteuer mindert aber nicht – wie oftmals buchhalterisch abgebildet – die Umsatzerlöse, sondern ist Steueraufwand. Eine andere Erfassung führt zur Verkürzung der steuerlichen Bemessungsgrundlage in Deutschland. Soweit sie in Abwesenheit eines Doppelbesteuerungsabkommens oder in Einklang mit einem solchen Abkommen einbehalten wird, kann sie auf die deutsche Körperschaft­steuer angerechnet oder als Betriebsausgabe abgezogen werden, allerdings nur soweit eine ausländische Steuerbescheinigung vorgelegt wird. Es wird deutlich, dass das Maß der Erfüllung steuerlicher Compliance im Ausland unmittelbar Auswirkung auf die inländische Tax Compliance hat und bereits bei Angebotsabgabe beginnt.

Der Beispielsachverhalt ist in der Praxis oft komplexer: möglicherweise wird die Montage vor Ort nicht selbst, sondern durch Subunternehmer durchgeführt. Der deutsche Auftragnehmer überwacht lediglich die Durchführung. In dem Fall wäre das deutsche Unternehmen selbst zum Einbehalt von Quellensteuer auf die Fremdleistung im Ausland verpflichtet. Zudem kommt der Abgrenzung der einzelnen Leistungsbestandteile, die gegenüber dem Endkunden erbracht werden, entscheidende Bedeutung zu. Aus Sicht des Stamm­hauses ist bei Zahlungen ins Ausland (z.B. Materialbeschaffung vor Ort) ausreichend zu dokumentieren, wer Empfänger ist, da sonst ggf. die steuerliche Abzugsfähigkeit nicht gewährt wird.

 

Auch die digitale Mobilität birgt steuerliche Compliancerisiken. Im vorliegenden Beispielsachverhalt soll der Geschäftsführer der deutschen Obergesellschaft in Österreich wohnhaft sein. Er ist regelmäßig nicht in seinem Büro in München, sondern arbeitet in seiner Privatwohnung in Österreich. Zudem ist er häufig auf Reisen, um Kundenkontakte zu pflegen oder Tochtergesellschaften zu besuchen. Der Geschäftsführer verwaltet daher die Geschicke des Unternehmens zu einem wesentlichen Teil in Österreich. Dazu zählen auch strategische Entscheidungen. Da das ausländische Steuerrecht oft – ähnlich dem deutschen – für die Steuerpflicht von Unternehmen auch an den Ort der Geschäftsleitung anknüpft, besteht hier das Risiko, dass die deutsche Gesellschaft in Österreich steuerpflichtig wird. Neben dem zusätzlichen Aufwand durch österreichische Deklarationspflichten, besteht i.d.R. das Risiko einer Doppelbesteuerung, da sich Deutschland und Österreich über die Gewinnabgrenzung einig werden müssen.

 

Die aufgeführten Sachverhalte lassen sich leicht beliebig erweitern: Internationale Unternehmensum­strukturie­rungen, Investitionen und Desinvestitionen, Mitarbeiterentsendungen und Funktionsver­schiebungen innerhalb des Unternehmens sind – um nur einige zu nennen – ebenso Anknüpfungspunkt für die steuerlich relevanten Sachverhalte. Die Auseinandersetzung mit steuerlichen Pflichten im Ausland sowie den Verfahrensabläufen ist unerlässlich. Ebenso wichtig ist die ordnungsgemäße Dokumentation eines standardisierten Prozessablaufs bei der Tax Compliance. Eine grundlegende Basis ist daher bereits das Ineinandergreifen von Funktionen im Unternehmen und ein ständiger und enger Austausch zwischen den Unternehmensfunktionen sowie der Kontakt zu Kunden, Geschäftspartnern, Behörden und externen Beratern.

 

Neben dem Monitoring steuerrelevanter Vorgänge und dem Etablieren von Prozessen zur Sicherstellung steuerlicher Compliance bedarf es aber auch der Koordination und Voraussicht – sowie erfahrener und fachlich kompetenter Beratung, um derartige, wie oben bereits genannte Compliance-Risiken zu minimieren und etwaige Haftungsinanspruchnahmen zu reduzieren bzw. auszuschließen.

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