Digital Markets Act (DMA) der EU tritt in Kraft: Digitale Gatekeeper werden reguliert

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zuletzt aktualisiert am 22. Februar 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Der Digital Markets Act („DMA") wurde am 12. Oktober 2022 im Amtsblatt der EU veröffentlicht (hier abrufbar). Er tritt am 1. November 2022 in Kraft und gilt ab dem 2. Mai 2023.


    

Was regelt der DMA?

Der DMA reguliert das Verhalten bestimmter großer Digitalkonzerne mit Systemrelevanz (sog. Gatekeeper bzw. „Torwächter"). Darunter sind zentrale digitale Plattformdienste zu verstehen, die viele gewerbliche Nutzer und Endnutzer miteinander in Verbindung bringen und dabei über eine beträchtliche wirtschaftliche Macht verfügen. Den aufgrund ihrer Stellung bzw. der Besonderheiten der digitalen Märkte erworbenen Einfluss können die Gatekeeper nutzen, um auf das Marktverhalten entscheidend Einfluss zu nehmen, häufig zu ihrem eigenen Vorteil bzw. für ihr eigenes Geschäft. Das bisherige Instrumentarium des Kartellrechts reicht aus Sicht des EU-Gesetzgebers nicht aus, um faire und offene digitale Märkte im EU-Binnenmarkt zu gewährleisten. Hier setzt der DMA an und will für mehr Fairness und bessere Wettbewerbsbedingungen in der EU sorgen. Ergänzt wird der DMA durch den Digital Services Act, der weitere Pflichten für digitale Diensteanbieter vorsieht.

    

Welche Unternehmen sind als Gatekeeper betroffen?

Betroffen sind Anbieter sog. „zentraler Plattformdienste", die gewerblichen Nutzern als wichtiges Zugangstor zu Endnutzern dienen (Art. 3 Abs. 1 DMA). Art. 2 Nr. 2 DMA nennt hier unter anderem Online-Vermittlungsdienste, Online-Suchmaschinen, soziale Netzwerke, Betriebssysteme, Webbrowser, Video-Sharing-Plattformdienste und nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste.

   

Um in den Anwendungsbereich des DMA zu fallen, müssen diese Plattformdienste außerdem erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt haben und hinsichtlich ihrer Tätigkeiten eine gefestigte und dauerhafte Position innehaben oder absehbar erlangen. Davon wird ausgegangen, wenn unter anderem in jedem der drei vergangenen Geschäftsjahre der unionsweite Jahresumsatz mindestens EUR 7,5 Mrd. oder die Marktkapitali­sierung mindestens EUR 75 Mrd. beträgt und der Dienst mindestens 45 Mio. monatliche aktive Endnutzer sowie 10.000 jährliche aktive gewerbliche Nutzer in der EU hat. Die betroffenen Anbieter der Plattformdienste müssen der EU-Kommission das Überschreiten der Schwellenwerte selbst mitteilen (Art. 3 Abs. 3 DMA), woraufhin sie die Gatekeeper ggf. benennt (Art. 3 Abs. 4 DMA). Aktuell steht folglich noch nicht formal fest, welche Unternehmen als Gatekeeper den besonderen Pflichten des DMA unterliegen, wenngleich die großen Tech-Konzerne absehbar die Voraussetzungen erfüllen.

    

Wie werden Gatekeeper zukünftig eingeschränkt?

Der DMA legt in den Art. 5 ff. zahlreiche Verhaltenspflichten fest, die Gatekeeper befolgen müssen, insbesondere betreffend Fragen des Zugangs bzw. der Verwendung von Daten, der Interoperabilität sowie der Bevorzugung eigener Dienste.

 

Einige Beispiele: Der Gatekeeper ist (jedenfalls ohne Einwilligung des Endnutzers) bei der Verwendung von personenbezogenen Daten erheblich eingeschränkt (Art. 5 Abs. 2 DMA). Er darf Geschäftskunden zudem nicht daran hindern, dieselben Produkte oder Dienstleistungen auf Drittplattformen oder eigenen Online-Vertriebskanälen zu anderen Konditionen und Preisen anzubieten (Art. 5 Abs. 3 DMA). Untersagt ist es dem Gatekeeper auch, bestimmte eigene Dienstleistungen zu bündeln (Art. 5 Abs. 7, 8 DMA). Gatekeeper müssen in bestimmtem Umfang für Interoperabilität mit Drittanwendungen/-produkten sowie einfache Deinstalla­tionsmöglich­keiten von Software-Anwendungen auf ihrem Betriebssystem sorgen (Art. 6, 7 DMA). Weiter darf der Gatekeeper eigene Dienstleistungen und Produkte beim Ranking, bei der damit verbundenen Indexierung und dem damit verbundenen Auffinden gegenüber ähnlichen Dienstleistungen oder Produkten eines Dritten nicht bevorzugen (transparente, faire und diskriminierungsfreie Bedingungen; Art. 6 Abs. 5 DMA).

 

Flankiert werden die Verhaltenspflichten unter anderem durch erweiterte Ermittlungs- und Entscheidungskompetenzen der EU-Kommission sowie erweiterte Anzeigepflichten bei bestimmten Zusammenschlüssen, die über das bisherige Fusionskontrollregime hinausgehen. Gatekeepern drohen bei Verstößen unter anderem Bußgelder von bis zu 10 Prozent (im Wiederholungsfall 20 Prozent) des weltweiten Jahresumsatzes.

  

Ist der DMA auch für andere Unternehmen als große Digitalunternehmen relevant?

Ja. Unternehmen, die die Plattformen von (möglichen) Gatekeepern nutzen, können vom DMA profitieren. Ziel des DMA ist es, dass gewerbliche Nutzer der Plattformen einen fairen Zugang erhalten und sich besser und schneller auf den Plattformen entwickeln können. Die diversen den Gatekeepern auferlegten Verhaltens­pflichten sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Plattformnutzer stärken.

 

Durch den DMA werden gewerbliche Plattformnutzer künftig mehr Möglichkeiten haben, gegen Benachteiligungen durch die Gatekeeper vorzugehen. Sie können sich zum einen bei der EU-Kommission (oder ggf. einer nationalen Kartellbehörde) beschweren. Zum anderen werden sie ihre Rechte auch vor den nationalen Gerichten einklagen können und dabei von Regelungen des DMA profitieren. Der DMA erwähnt ausdrücklich die Möglichkeit von Verbandsklagen gegen Gatekeeper (Art. 42 DMA). Auch der deutsche Gesetzgeber wurde bereits aktiv: Der kürzlich veröffentlichte Referentenentwurf für eine 11. GWB-Novelle (hier abrufbar) zielt darauf ab, von Gatekeepern Geschädigten die Durchsetzung der Rechte vor den deutschen Zivilgerichten zu vereinfachen.

 

In der Vergangenheit hatten Unternehmen zwar ebenfalls die Möglichkeit, zivilgerichtlich oder über eine Beschwerde bei der Kartellbehörde gegen Behinderungen und Diskriminierungen durch große Digitalkonzerne vorzugehen. Die Hürden hierfür waren jedoch sehr hoch und für viele Unternehmen nicht zu überwinden. Der DMA gibt auch mittelständischen und kleineren Unternehmen, die die Dienste der Gatekeeper nutzen, eine bessere und einfachere Möglichkeit, sich gegen Benachteiligungen und Behinderungen der Gatekeeper zu wehren. 

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