Der Modern Slavery Act und Menschenrechte in Lieferketten: Was Unternehmen in Australien wissen müssen

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veröffentlicht am 15. September 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten

von Silke Kornicke und Philip Mitchell


Auf der Website des australischen Innenministeriums findet sich folgende Erklärung: „There is no place for modern slavery in the Australian community or in the global supply chains of Australian goods and services." Diese offizielle Erklärung fasst Australiens Engagement für die Einführung von Meldepflichten zur modernen Skla­ver­ei in Bezug auf Menschenrechte in Lieferketten zusammen, und wurde durch die Ver­ab­schiedung des Modern Slavery Act 2018 (Cth) umgesetzt. Dieses Gesetz zielt auf die Bekämpfung der modernen Sklaverei ab und enthält verbindliche Melde- und Sorg­falts­pflich­ten zur modernen Sklaverei.


Hintergrund der australischen Gesetzgebung

Der Modern Slavery Act (Act) ist am 1.2019 in Kraft getreten. Der Act führt erstmals eine australische Mel­de­pflicht für moderne Sklaverei ein und ist weltweit das erste nationale Gesetz, das den Begriff der modernen Sklaverei definiert.

Seit dem Inkrafttreten des Acts haben mehr als 8.000 Unternehmen ihre Erklärungen zur modernen Sklaverei in das Online-Register der australischen Regierung eingegeben. Das Register muss per Gesetz öffentlich zugänglich sein.


Meldepflicht unter dem Act

Unternehmen sind gemäß dem Act verpflichtet ihrer Meldepflicht jährlich in Form einer Erklärung zur mo­der­nen Sklaverei nachzukommen, sofern sie:

  • einen konsolidierten Umsatz von mindestens AU$ 100 Millionen für den relevanten Berichtszeitraum (ein Geschäftsjahr) haben, und zusätzlich entweder
  • ein in Australien registriertes Unternehmen sind, oder
  • in dem betreffenden Geschäftsjahr in Australien tätig sind.


Unternehmen, die diese Anforderungen nicht erfüllen, können sich freiwillig der Meldepflicht in dem Act unterziehen.


Der Begriff "Unternehmen" ist nicht auf Kapitalgesellschaften beschränkt. Der Act sieht die Einbeziehung von Treuhandstrukturen in die Meldepflicht vor, wobei die Berichterstattung für eine solche juristische Person dem "verantwortlichen Mitglied" obliegt, bei dem es sich um einen Treuhänder handeln kann.


Der konsolidierte Umsatz wird als der Gesamtumsatz des Unternehmens definiert oder, wenn das Un­ter­neh­men Kontrolle über andere Unternehmen ausübt als der Gesamtumsatz dieser Unternehmen als Konzern. Das Konzept der konsolidierten Umsatzerlöse, und allgemeiner der Kontrolle, ist auf der Grundlage der ein­schlä­gi­gen australischen Rechnungslegungsstandards zu bestimmen.


Inhalte der Erklärung

Erklärungen zur modernen Sklaverei müssen das berichterstattende Unternehmen identifizieren und die fol­gen­den obligatorischen Punkte ansprechen:

  • Struktur, Geschäftstätigkeit und Lieferketten des berichterstattenden Unternehmens;
  • Risiken der modernen Sklaverei in der Geschäftstätigkeit und den Lieferketten des berichterstattenden Un­ter­nehmens (einschließlich derjenigen von Tochterunternehmen);
  • Maßnahmen (auch von Tochterunternehmen) zur Bewertung und Bewältigung dieser Risiken moderner Skla­verei, einschließlich Due Diligence- und Abhilfemaßnahmen;
  • Methode der Bewertung der Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen des berichterstattenden Un­ter­neh­mens; und
  • Prozess der Konsultation mit den Tochterunternehmen bei der Erarbeitung der Erklärung zur modernen Sklaverei.


Die australische Regierung hat einen 96-seitigen Leitfaden für Erklärungen zur modernen Sklaverei her­aus­ge­ge­ben, der Unternehmen bei der Erstellung ihrer Erklärungen hilft.


Lieferketten

Die Meldepflicht soll die australische Wirtschaft dabei unterstützen, die Risiken der modernen Sklaverei zu erkennen und zu bekämpfen, sowie verantwortungsvolle und transparente Lieferketten zu gewährleisten.

Unternehmen sollten die wichtigsten Teile ihrer Betriebsabläufe und Lieferketten aufzeichnen, um besser zu verstehen, was in ihren Lieferketten vor sich geht. Anhand dieser Informationen sollten sie dann eine de­taillierte Risikobewertung vornehmen, einschließlich eines Verfahrens zur Bewertung bestimmter Zulieferer bei denen gegebenenfalls verstärkt Kontrollen durchgeführt werden.

Eine Erklärung zur modernen Sklaverei muss darlegen, was das Unternehmen unternimmt, um die Risiken moderner Sklaverei-Praktiken in seinen globalen und inländischen Betrieben sowie Lieferketten zu bewerten und zu bekämpfen.

Eine Beschreibung der globalen und australischen Lieferketten sowie aller mit diesen Lieferketten ver­bun­de­nen Risiken moderner Sklaverei sind zwei der verbindlichen Punkte, die in einer Erklärung zur modernen Skla­verei enthalten sein müssen. Unter Lieferkette versteht man die Produkte und Dienstleistungen (einschließlich der Arbeitskräfte), die zu den eigenen Produkten und Dienstleistungen des Unternehmens beitragen. Dazu gehören auch Produkte und Dienstleistungen, die von Zulieferern in Australien oder Übersee bereitgestellt werden, und gehen über die direkten Zulieferer hinaus.

Als Teil der Erklärung muss ein Unternehmen seine Maßnahmen zum Umgang mit Risiken der modernen Skla­verei beschreiben, einschließlich seiner ergriffenen Due Diligence- und der Abhilfemaßnahmen. Die Due Dili­gence bezieht sich auf ein kontinuierliches Managementsystem, das auf Identifizierung, Verhinderung und Eindämmung ausgerichtet ist und Rechenschaft darüber ablegt, wie das Unternehmen tatsächliche und poten­ziell negative Auswirkungen auf die Menschenrechte in seinen Tätigkeiten und Lieferketten einschließlich moderner Sklaverei zu lösen versucht.

Zu den Möglichkeiten der Risikobewertung gehören das Einholen von Informationen bei den direkten Zu­lie­fer­ern des Unternehmens (z. B. in Form eines vom Zulieferer auszufüllenden Fragebogens) und das Gespräch mit wichtigen Zulieferern. Dies dient dazu, herauszufinden wie die Zulieferer mit ihren Risiken der modernen Sklaverei umgehen. Hierzu zählen u.a. die Vergabe von Arbeitsplätzen oder Arbeitnehmerunter­künften an die Zahlung einer Gebühr zu knüpfen, Scheinverträge, unrealistische Vorlaufzeiten und Einkaufspraktiken, un­recht­mä­ßi­ge Lohnabzüge oder Unterbezahlung.


Verwendung der Erklärung zur modernen Sklaverei in Australien und im Vereinigten Königreich

Wenn Ihr Unternehmen sowohl nach dem australischen als auch nach dem britischen Gesetz über moderne Sklaverei Bericht erstatten muss, dann können Sie die gleiche Erklärung sowohl im Vereinigten Königreich als auch in Australien einreichen. Sie müssen jedoch sicherstellen, dass ihre Erklärung alle Anforderungen des australischen Modern Slavery Acts erfüllt. Der australische Act enthält eine Reihe von Anforderungen, die in dem britischen Modern Slavery Act nicht enthalten sind. Dazu zählen unter anderem vorgeschriebene Kriterien zum Inhalt der Erklärung und die Möglichkeit gemeinsame Erklärungen abzugeben. Das bedeutet, dass Er­klä­run­gen, die in Übereinstimmung mit dem britischen Modern Slavery Act abgegeben werden, nicht unbedingt mit dem australischen Act konform sind.

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