„Downlisting” und „Delisting” – Der Rückzug vom steinigen Terrain

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​Börsennotierte Unternehmen erkennen oftmals erst lange nach der Zulassung ihrer Aktien zum Handel, dass Kosten und Aufwand der Folgepflichten (z.B. unterjährige Finanzbericht­erstattung) nicht im Verhältnis zum Nutzen stehen. Wenn sich der Kreis der Aktionäre stabilisiert, verliert die Handelbarkeit der Aktien über die Börse ihre Attraktivität. Der Gesetzgeber schafft nun neue Regeln zum Börsenrückzug.
 

Die Gründe der betroffenen Gesellschaften für den vollständigen Rückzug von der Börse („Delisting”) oder den Wechsel aus einem regulierten Markt, z.B. dem „Prime Standard”, in den Freiverkehr („Downlisting”) sind vielfältig.
 
Hauptgrund ist oft das Einsparen von Kosten und internen Ressourcen, die die Einhaltung der laufenden kapitalmarktrechtlichen Compliance-Pflichten mit sich bringt. So ist – abhängig vom Börsensegment – die Veröffentlichung quartalsweiser oder halbjährlicher Finanzberichte erforderlich. Höhere Transparenz führt dabei zu größerer Attraktivität der Aktie. Zugleich wird durch die Börsennotierung die Handelbarkeit der Aktie sichergestellt. Mit dem „Delisting” ist ein Verkauf der Aktie durch den Aktionär theoretisch noch denkbar, eine Handelsplattform fehlt jedoch. Erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen für die Anleger sind die Folge.
 

„Delisting” als vorteilhafter Graubereich

Ob und unter welchen Voraussetzungen ein „Delisting” möglich ist, war bisher alleine der obergerichtlichen Rechtsprechung überlassen. Die im Jahr 2013 wegweisende sog. FROSTA–Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bot Unternehmen die Chance zum mühelosen Rückzug von der Börse. Weder ein Hauptversammlungsbeschluss noch – viel wichtiger – ein Abfindungsangebot an die Aktionäre waren Voraussetzung. Das „Delisting” konnte jederzeit und ohne Mitwirkung der Aktionäre erfolgen. Der Aktienkurs befand sich nach Ankündigung des „Delisting” zumeist im freien Fall, die Anleger waren in der Aktie faktisch gefangen. Unternehmen haben in den letzten beiden Jahren verstärkt „Delistings” umgesetzt.
 

Prompte Reaktion des Gesetzgebers

Die heftige Kritik an diesem Zustand hat der Gesetzgeber zum Anlass genommen, das „Delisting”-Verfahren mit dem Ziel des Schutzes der Anlegerinteressen gesetzlich zu regeln. Voraussetzung für das vollständige „Delisting” ist nunmehr ein Antrag des Unternehmens bei der Börse auf Widerruf der Zulassung. Zugleich besteht die Pflicht, allen Aktionären ein BaFin-gebilligtes Angebot zum Erwerb aller Aktien vorzulegen. Ein Hauptversammlungsbeschluss ist weiterhin keine Voraussetzung. Der Rückzug steht im Ermessen des Vorstands.
 

Auch bei der Höhe der anzubietenden Gegenleistung besteht nunmehr Klarheit: Die Gegenleistung muss als Barzahlung ausgestaltet sein. Ihr Umfang orientiert sich grundsätzlich am Durchschnittsbörsenkurs in den 6 Monaten vor Veröffentlichung des Angebots. Eine Berechnung des Angebotspreises auf Basis einer Unternehmensbewertung ist nur in Ausnahmefällen erforderlich, insbesondere wenn das Unternehmen in dem 6-Monats-Zeitraum gegen insiderrechtliche Vorschriften oder das Verbot der Marktmanipulation verstoßen hat.
 

Die Frage, wer das Angebot unterbreiten soll, hat der Gesetzgeber offen gelassen. In Betracht käme ein Hauptaktionär der Gesellschaft. Die Gesellschaft selbst ist dazu nur beschränkt in der Lage, da der Rückkauf eigener Aktien nur zu maximal 10 Prozent des Grundkapitals zulässig ist.
 

Fazit

Die gesetzliche Neuregelung des „Delistings” und „Downlistings” schafft Klarheit für börsennotierte Unternehmen und deren Anleger. Dem Anlegerschutz wurde durch das Erfordernis eines Abfindungsangebots Rechnung getragen. Zugleich bleiben die Türen für Unternehmen zum Börsenrückzug geöffnet. Zusätzliche Komplexität wurde durch den Verzicht auf einen Hauptversammlungsbeschluss vermieden.

 Bitte beachten Sie:

  • Unternehmen, die eine Börsennotierung anstreben, sollten sich mit den Folge­pflichten der Notierung beschäftigen.
  • Ist der Börsenrückzug ge­plant, sollte der Vor­be­rei­tung des Abfindungs­­an­ge­bots große Aufmerk­sam­keit gewidmet werden.
  • Besteht das Risiko eines Verstoßes gegen kapital­marktrechtliche Pflichten, kann eine Unternehmens­bewertung zur Absicherung des Angebotspreises sinnvoll sein.​​

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Thomas Fräbel

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