M&A-Transaktionen in Vietnam: Vielversprechender Markt mit starken Indikatoren

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veröffentlicht am 24. Februar 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Der Übergang von einer zentralen Planwirtschaft zu einer offenen, sozialistisch orien­tierten Marktwirtschaft (dank der wirtschaftlichen und politischen Doi Moi-Reform im Jahr 1986) hat in Vietnam zu einem beeindruckenden Wachstum mit steigenden Wirtschaftsindikatoren geführt. Seit dem Beitritt zur Welthandelsorganisation im Jahr 2006 wurden die Märkte für ausländische Investoren weitgehend geöffnet.


In den letzten Jahren hat sich Vietnam als vielversprechendes Ziel für viele regionale und internationale Investoren herauskristallisiert, dank seines starken jährlichen Wirtschaftswachstums (derzeit ca. sechs bis sieben Prozent) und der attraktiven Rahmenbedingungen, die zu dem Fortschritt beitragen – dazu zählen ein stabiles politisches System, eine junge und dynamische Arbeitnehmerschaft, eine Niedriglohnwirtschaft und eine wachsende Mittelschicht. Im Jahr 2020 gehörte Vietnam trotz erheblicher Auswirkungen der andauernden Covid-19-Pandemie zu den wenigen Ländern, die wahrscheinlich ein positives BIP-Wachstum verzeichnen werden. Vietnam wird am Ende des Jahres hinter Indonesien, Thailand und den Philippinen vermutlich die viertgrößte Volkswirtschaft in ASEAN sein.

Obwohl es immer noch Bedenken bezüglich des Investitionsumfeldes gibt, hat es am vietnamesischen Markt eine steigende Anzahl von finanziellen und strategischen Investitionen im M&A-Bereich gegeben, was zu einem starken Anstieg des gesamten Transaktionswertes führte. Es gibt einen wachsenden Trend zu Inbound-M&A-Aktivitäten anstelle von inländischen M&A-Aktivitäten – öffentlichen Statistiken zufolge machten Inbound-M&A mehr als 75 Prozent des gesamten Deal-Volumens im Jahr 2018 aus. Günstige Sektoren für M&A sind Einzelhandel und Konsumgüter, Pharmazeutika und Life Sciences sowie Immobilien. Während viele Investi­tionen in Vietnam nach wie vor strategisch und auf langfristiges Wachstum ausgerichtet sind, treten inzwischen auch internationale Private-Equity-Investoren als starke Akteure am Markt auf.

 

   

Welche Transaktionsmodelle sind in Vietnam üblich?

Zu den drei üblichen Optionen für M&A-Strukturen in Vietnam gehören:

  • Erwerb von Anteilen oder Kapitaleinlage (in einer lokal ausgerichteten Aktiengesellschaft (JSC) bzw. einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (LLC)),
  • Erwerb von Vermögenswerten und
  • Fusion.

 
Der Erwerb von Anteilen oder Eigenkapital ist die häufigste Struktur auf dem vietnamesischen Markt, da bestimmte Arten von Vermögenswerten (insbesondere Grundstücke und Immobilien) nicht an ausländische Investoren verkauft werden dürfen und ausländische Investoren eine neue Gesellschaft gründen müssen, um den Vermögenswert des Zielunternehmens zu erwerben.

Darüber hinaus umfassen die üblichen Merkmale von M&A-Transaktionen die Put-Option und Call-Option, das Drag-along-Recht und Tag-along-Recht, Klassen von Vorzugsaktien, Unternehmensumstrukturierungen für Holdinggesellschaften und/oder Tochtergruppenstrukturen sowie wandelbare Instrumente.


Wie ist ein Anteilstransfer in Vietnam strukturiert?

Investoren können Aktien oder Kapitaleinlagen von bestehenden Aktionären oder Mitgliedern der Ziel-JSC oder -LLC erwerben, von der Ziel-JSC neu ausgegebene Aktien kaufen oder der LLC weiteres Kapital zuführen.

Zu den Transaktionsdokumenten für den Erwerb von Anteilen oder Aktien gehören ein herkömmlicher Kaufvertrag oder ein Aktienbezugsvertrag sowie eine Aktionärsvereinbarung. Investoren müssen vor dem Erwerb von Anteilen/Kapital möglicherweise behördliche Genehmigungen einholen. Z.B. muss die Transaktion von der Genehmigungsbehörde der jeweiligen Provinz [1] genehmigt werden, wenn

  • der Kauf von Aktien oder Kapital zu einem ausländischen Anteil von 51 Prozent oder mehr an der Zielgesellschaft [2] führt oder
  • die Zielgesellschaft in einem Sektor tätig ist, der Beschränkungen für ausländische Investoren unterliegt (z.B. Bildung, Vertrieb usw.).

  

Die kartellrechtliche Genehmigung sollte in Betracht gezogen werden, wenn die M&A-Transaktion einen gesetzlichen Schwellenwert für die Vorabanmeldung erreicht.

Außerdem sind Wandeldarlehen aufgrund von Investitionsbeschränkungen in bestimmten Sektoren und langwierigen behördlichen Genehmigungsverfahren eine übliche Vorgehensweise beim Erwerb von Aktien.


Welche Steuern sind zu berücksichtigen?

Die wichtigste steuerliche Auswirkung im Zusammenhang mit Fusionen und Übernahmen in Vietnam ist die Kapitalertragsteuer, die entweder über die Körperschaftsteuer (CIT) oder die Einkommensteuer (PIT) erfolgen kann, und für den Erwerb von Anteilen oder Kapitaleinlagen in vietnamesischen Unternehmen gilt.


Kapitalgewinne aus dem Verkauf von Anteilen oder Aktien einer LLC oder einer nicht-öffentlichen JSC unterliegen generell dem Standard-CIT-Satz von 20 Prozent, unabhängig davon, ob es sich um einen Onshore- oder Offshore-Verkäufer handelt. Für Gewinne aus dem Verkauf von Anteilen an einer börsennotierten JSC unterliegen vietnamesische Unternehmensverkäufer einer Körperschaftsteuer in Höhe von 20 Prozent auf Kapitalgewinne, während ausländische Unternehmensverkäufer mit 0,1 Prozent CIT auf den Bruttoverkaufserlös belastet werden. Für Einzelverkäufer sind besondere Steuersätze zu beachten.

Bei Vermögensgeschäften wird der Gewinn aus dem Verkauf von Vermögenswerten als Einkommen betrachtet und unterliegt daher dem Standard-CIT-Satz von 20 Prozent. Die Übertragung der meisten Vermögenswerte unterliegt zudem der Mehrwertsteuer (VAT) mit dem Standardsatz von zehn Prozent. Darüber hinaus unterliegen bestimmte Arten von Vermögenswerten unter bestimmten Umständen der Stempelsteuer und/oder der Importsteuer.


Gelten Beschränkungen für Aus­lands­investitionen?

Generell ist es ausländischen Investoren erlaubt, sich mit Stammkapital an vietnamesischen Unternehmen zu beteiligen, ohne dabei irgendwelchen Beschränkungen zu unterliegen. Ausnahmen sind jedoch für Unternehmen in bestimmten Dienstleistungssektoren möglich, in denen ausländische Beteiligungen gemäß den WTO-Verpflichtungen eingeschränkt oder an Bedingungen geknüpft sind oder die sektorspezifischen Gesetzen unterliegen, z.B. Banken, Bildung, Vertrieb usw.

Es ist zu beachten, dass die vietnamesischen Genehmigungsbehörden in Branchen, die nicht explizit in den WTO-Verpflichtungen aufgeführt oder anderweitig gesetzlich geregelt sind, in der Praxis oft nach eigenem Ermessen entscheiden, ob sie die erforderlichen Genehmigungen für M&A-Transaktionen in solchen Branchen erteilen oder nicht.


Allgemeine Risiken und Chancen beim Eintritt in den vietnamesischen Markt durch M&A

Die komplizierte Natur der vietnamesischen Gesetze und Steuerregelungen bleibt die größte Herausforderung. Hinsichtlich der Erwartungshaltung von Verkäufern und Käufern stellt die Bewertung von Vermögenswerten ein weiteres Problem dar, da Verkäufer dazu neigen, ihre Unternehmen zu optimistisch einzuschätzen und daher zu hohe Preise zu verlangen, ohne alle potenziellen Risiken im Anschluss an eine M&A-Transaktion angemessen zu berücksichtigen. Darüber hinaus können Investoren beim Eintritt in den M&A-Markt in Vietnam mit Problemen im Zusammenhang mit Management- und Rechnungslegungsstandards konfrontiert werden.

Auf der anderen Seite bietet der schnell wachsende Markt Vietnams eine Reihe von Vorteilen, wie eine fortschreitende Integration in die Weltwirtschaft durch die Teilnahme an zahlreichen Freihandelsabkommen oder ein erschwingliches Arbeitskräfteangebot, die ausländische Investitionen durchaus attraktiv machen. Darüber hinaus hat die Regierung eine Reihe von Staatsbetrieben veräußert, eine hervorragend Gelegenheit für ausländische Investoren, die Anteile an lokal bekannten Marken wie Petrolimex, Viglacera, Vinatex usw. erwerben möchten.


Welche Bewertungsmethoden werden üblicherweise angewandt?

Die gebräuchlichsten Methoden zur Schätzung des Wertes eines Unternehmens in Vietnam sind der Discounted Cashflow, Gewinnmultiplikatoren und die Bewertung anhand des Wertes der Aktiva und Passiva in der eigenen Bilanz. Der diskontierte Cashflow ist in der Praxis die zuverlässigste Methode zur Bewertung eines Unternehmens, da es keine vergleichbaren Daten von börsennotierten oder kürzlich gehandelten Unternehmen in Vietnam gibt.


Wurden in Vietnam angesichts der aktuellen Pandemie besondere M&A-bezogene Investitions- oder Steuererleichterungen erlassen?

Die vietnamesische Regierung hat verschiedene Maßnahmen zur Steuererleichterung ergriffen, um die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zu bekämpfen, wie verlängerte Fristen für die Zahlung von Mehrwert­steuer und PIT oder einen möglichen Antrag auf eine 30-prozentige Senkung der Körperschaftsteuer. Darüber hinaus wurden keine spezifischen M&A-bezogenen Investitionsanreize oder Maßnahmen zur Förderung von M&A-Aktivitäten im Land erlassen.

 



[1] Nach dem neuen Investitionsgesetz („LOI”), das am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist, ist eine Genehmigung für Fusionen und Übernahmen erforderlich, wenn das Zielunternehmen Landnutzungsberechtigungszertifikate besitzt, die sich auf Land in Gebieten beziehen, die für die nationale Sicherheit als lebenswichtig erachtet werden (z.B. Inseln und Grenz- sowie Küstengemeinden, Bezirke und Städte).
[2] Das wird unter dem neuen LOI auf 50 Prozent reduziert.
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