Elternzeit richtig beantragen: Telefax oder E-Mail ist nicht ausreichend!

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​Wer Elternzeit beantragt, muss das schriftlich tun (§ 16 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)). Ein Telefax ist nicht geeignet, die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform zu wahren – die Konsequenz wäre die Nichtigkeit der Erklärung. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 10. Mai 2016 entschieden (9 AZR 145/15). Wer also – wie in der Praxis oftmals üblich – sein Elternzeitverlangen dem Arbeitgeber nur per E-Mail oder Telefax übermittelt, riskiert sein Arbeitsverhältnis.
 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Rechtsanwaltsfachangestellte, hatte ihren Antrag auf Elternzeit für 2 Jahre am 10. Juni 2013 per Telefax eingereicht. Die Beklagte, eine Rechtsanwaltskanzlei, kündigte gleichwohl das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15. November 2013. Die entscheidende Frage war daher, ob sich die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt der Kündigung durch den Arbeitgeber auf den Sonderkündigungsschutz nach § 18 Abs. 1 BEEG berufen konnte. Bei einem wirksamen Antrag kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt nicht mehr kündigen, von dem an Elternzeit verlangt worden ist. Anders als die Vorinstanzen (vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht (LAG), Urteil vom 8. Januar 2015 – 9 Sa 1079/14) verneinte das BAG diese Frage nun.


BAG: Telefax begründet kein wirksames Elternzeitverlangen

Das BAG begründete seine Entscheidung damit, dass die Klägerin mit ihrem Telefax vom 10. Juni 2013 kein wirksames Elternzeitverlangen abgegeben hat. Ein Telefax oder eine E-Mail wahre die von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht und führe gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung. Auch ein treuwidriges Verhalten des Arbeitgebers sei nicht gegeben. Dem Arbeitgeber könne nur unter besonderen Umständen Treuwidrigkeit zur Last gelegt werden, wenn er sich darauf beruft, das Schriftformerfordernis des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG sei nicht gewahrt (§ 242 BGB). Das sei hier nicht der Fall, obgleich sich die Klägerin bereits ein halbes Jahr in „Elternzeit“ befand, als der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigte.
 

Bewertung und Praxisfolgen

Mit seinem Urteil folgt das BAG seiner bisherigen strengen Rechtsprechung zur formwirksamen Antragstellung bei Elternzeitverlangen. Bereits 2004 und 2008 hatte das höchste Arbeitsgericht einen wirksamen Elternzeitantrag an die strenge Schriftform gebunden. Und auch in diesem Fall beruft sich das BAG zu Recht darauf, dass das strenge Schriftformerfordernis (gemäß § 126 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch) nur gewahrt ist, wenn ein handschriftlich unterzeichneter Antrag beim Arbeitgeber eingeht (oder alternativ eine notarielle Beglaubigung vorliegt). Das ist bei einem Telefax oder auch einer E-Mail ebenso wie bei sämtlichen anderen Formen mechanischer Vervielfältigung nicht der Fall. Bei einem Telefax erhält der Arbeitgeber lediglich eine Kopie des Antrags. Der Antrag mit der Original-Namenunterschrift verbleibt beim Arbeitnehmer. Das kann nicht genügen. Daher würde und kann es auch nicht ausreichen, wenn der Arbeitnehmer nur eine Kopie des im Original handschriftlich unterzeichneten Antrags beim Arbeitgeber abgeben würde.
 
Es ist auch richtig, dass hier an die strenge Schriftform hohe Anforderungen gestellt werden, wenn man bedenkt, dass die Elternzeit dem Arbeitnehmer einen besonderen Kündigungsschutz gewährt. Das Arbeitsverhältnis ist faktisch unkündbar (vgl. § 18 BEEG). Zudem ist die Elternzeit die Rechtfertigung dafür, dass der Arbeitnehmer zu Recht der Arbeit fernbleibt, das Arbeitsverhältnis also ruhend gestellt wird und ohne dass dafür eine Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich ist. Umgekehrt führt ein nichtiger Elternzeitantrag dazu, dass der Arbeitnehmer pflichtwidrig dem Arbeitsverhältnis fernbleibt. Das kann eine Kündigung zur Folge haben.
 
Der Einwand, dass aber auch im Prozessrecht oftmals eine Antragstellung per Telefax ausreichend ist, verfängt nicht – die gesetzlichen Anforderungen sind vielfach anders (vgl. § 130 Nr. 6 ZPO). Und auch der Schutzzweck der Norm ist im Prozessrecht anders als im materiellen Privatrecht.
Aus Sicht der Unternehmen ist diese Entscheidung des BAG, im Übrigen formal-juristisch nicht zu beanstanden, sehr zu begrüßen. Nur so ist in diesem wichtigen Punkt Rechtssicherheit und -klarheit gegeben. Adressieren Arbeitnehmer ihr Elternzeitverlangen nur per E-Mail oder Telefax riskieren sie damit, so ist nun klar, ihren Arbeitsplatz.
 

zuletzt aktualisiert am 17.05.2016

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