Ausländische Investitionen in Indiens Photovoltaik-Sektor

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Seit dem spektakulären Wahlsieg der Bharatiya Janata Party von Ministerpräsident Narendra Modi im Mai 2014 stehen die erneuerbaren Energien in Indien wieder im Scheinwerferlicht. Insbesondere richtet sich das Interesse wieder auf den Solarbereich, da die bislang erfolgreichsten öffentlichen Förderprogramme in diesem Bereich aus Narendra Modis Heimatbundesstaat Gujarat im Westen Indiens kamen. Ob dieses erfolgreiche „Gujarat-Modell” auch auf den gesamten indischen Subkontinent übertragen werden kann, bleibt abzuwarten. Doch bereits jetzt bietet die indische Solarbranche dem gut vorbereiteten Investor interessante Möglichkeiten.
von Michael Wekezer
 
Indiens steigende Bevölkerung, die wachsende Wirtschaft und der damit zusammenhängende Energiebedarf waren traditionell von fossilen Energieträgern wie der Steinkohle abhängig. Wie überall auf der Welt, kommt es auch in Indien zunehmend zu einer Verteuerung und Verknappung der traditionellen Energieträger.
 
Als eines der ersten Länder weltweit schuf Indien bereits in den 80er-Jahren ein Ministerium für neue und erneuerbare Energien. Dadurch ist bereits damals die Wichtigkeit der erneuerbaren Energien für das Land erkannt worden. Die Vorteile sind offensichtlich: Mit einer Diversifizierung der Energieversorgung lässt sich eine erhöhte Versorgungssicherheit auf klimafreundliche Art und Weise erreichen. Zudem bieten die erneuerbaren Energien einen Weg, um die chronische Unterversorgung mit Strom zu lindern und zumindest einige der 400 Millionen Menschen zu erreichen, die bis jetzt noch nicht an die indischen Stromnetze angebunden sind.
 

Die erneuerbaren Energien in Indien

Der Anteil der erneuerbaren Energiequellen an der Energieerzeugung wächst in hohem Tempo. Nach den Zahlen, die von der Unionsregierung in Delhi im Rahmen der „Make in India”-Kampagne im März 2014 vorgestellt wurden, entfallen momentan von der in Indien installierten Gesamtleistung von 245 GW etwa 31 GW auf die erneuerbaren Energien.
 


Abbildung 1: Wachstum der installierten Kapazität von erneuerbare Energien in Indien (in GW)1
 
Mit 300 Sonnentagen pro Jahr und einer hohen Sonneneinstrahlung in vielen Landesteilen bietet Indien eine ideale Kombination für die Solarstromerzeugung. Dass es sich hierbei um ein bis jetzt weitgehend ungenutztes Potenzial handelt, zeigen die einschlägigen Zahlen: Indien verfügt im gesamten Solarbereich über eine installierte Kapazität von lediglich 2,18 GW. Aufgrund der sinkenden Panel-Preise und der verfügbaren staatlichen Subventionen zeichnet sich jedoch zusehends eine optimistische Grundstimmung ab. Solarstrom ist sowohl für den „On-Grid" als auch den „Off-Grid”-Bereich interessant: in Indien gibt es bereits Beispiele von „Mega-Solar-Parks”, aber auch Kleinprojekte, die in abgelegenen ländlichen Regionen für eine von den Energienetzen unabhängige Stromversorgung sorgen.
 

Abbildung 2: Erneuerbare Energie-Aufteilung der Kapazitäten (in MW)1
 
 

Richtlinien und Anreize

Die „Jawaharlal Nehru National Solar Mission” ist das wichtigste Förderprogramm der Unionsregierung auf dem Gebiet der Solarenergie. In der Phase I (2010–13) der JNN Solar Mission wurden 1.685 MW installiert. Die indische Regierung hat die Zielvorgabe ausgegeben, bis 2022 20.000 MW Strom über Solarenergie zu produzieren. Dieses Ziel soll vor allem durch die Errichtung großer Solarparks erreicht werden. Mehrere indische Unionsstaaten haben bereits Vereinbarungen mit der Solar Energy Corporation of India unterschrieben, um solche Solarparks errichten zu können. Im Zuge der JNN Solar Mission sollen zudem 60 indische Städte mittels Photovoltaik-Dachanlagen zu „Solar Cities” werden.
 
Die Regierung bietet im Rahmen dieses Förderprogrammes eine Reihe von Anreizen an. Hier nur einige Beispiele:
 
  • Befreiung für zehn Jahre von der Einkommensteuer für Projekte, die bis März 2017 in Betrieb genommen werden
  • Befreiung von bzw. reduzierte Sätze im Hinblick auf Einfuhrzölle, die auf die Importe relevanter Investitionsgüter zu zahlen wären
  • Beschleunigte Abschreibungen für relevante Investitionsgüter
  • Subventionierte Darlehen
  • Zuschüsse zu Photovoltaik-Dachanlagen

 

Zusätzlich zu den Richtlinien und Anreizen der Unionsregierung gibt es weitere Förderprogramme der indischen Unionsstaaten. Die Förderinstrumente dieser Programme beinhalten beispielsweise die Befreiung von der Elektrizitätssteuer, die Rückerstattung des Einfuhrzolls, der für den Import von Komponenten für ein Solarprojekt gezahlt wurde, oder auch vergünstigte Umsatzsteuersätze.

Das erfolgreichste Programm auf Staatsebene stammt aus dem westindischen Unionsstaat Gujarat und ist im Jahr 2009 eingeführt worden. Ein Hauptunterscheidungsmerkmal zur JNN Solar Mission besteht in der Tatsache, dass das Gujarat Programm einen festen „Feed In Tariff” anbietet.
 

Herausforderungen 

Natürlich bieten indische Projekte aus dem Bereich der Photovoltaik auch zahlreiche Herausforderungen. Die größte ist und bleibt die Finanzierung. Potenzielle Geldgeber wie Banken stoßen bei der Risikobewertung möglicher Projekte häufig an ihre Grenzen. Zum einen ist die Bewertung der Zahlungssicherheit im Hinblick auf die Zahlungen der Netzunternehmen (also der Abnehmer des Solarstroms) an die Betreiber von Solaranlagen problematisch, zum anderen verstießen in der Vergangenheit zahlreiche Projekte gegen die zeitlichen Vorgaben der JNN Solar Mission, was Strafzahlungen nach sich zog und so die Rentabilitätsbewertung der Projekte auf den Kopf stellte.
 
Hinzu kommen technische Probleme bei der Errichtung und auch dem Betrieb der Anlagen. Mangelnde Erfahrung bei der Errichtung der ersten Anlagen führte in einigen Fällen zu vielen technischen Ausfällen. Ebenfalls ist Indien ein generell preissensitiver Markt. Dies führt dazu, dass vielfach die günstigsten Komponenten eingesetzt werden müssen, was wiederrum zu erhöhten Ausfällen führen kann.
 
Auch ist Indien dafür bekannt, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen in vielen Bereichen plötzlich und unerwartet ändern. Die erneuerbaren Energien bilden hierbei keine Ausnahme.
 
Eine andere Herausforderung ist die indische Bürokratie. Hierbei ist die Tatsache problematisch, dass verschiedene behördliche Ebenen an Solarprojekten beteiligt sind: Während die allgemeinen Richtlinien oder die Förderprogramme von den Ministerien auf Unions- oder Staatsebene
implementiert werden, bedarf es im Hinblick auf die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zahlreicher Genehmigungen von örtlichen Behörden, die mit Solarprojekten jedoch häufig nicht vertraut sind. Deshalb empfinden sie die damit zusammenhängenden Verfahren eher als unnötige Belastung denn als Bereicherung der örtlichen Infrastruktur. Sachverhalte, die nicht eindeutig sind, werden gern an übergeordnete Behörden zur Entscheidung verwiesen, was häufig zu Verzögerungen führen kann.
 
Die Beschaffung geeigneter Grundstücke für die Errichtung
eines Solarprojekts kann sich ebenfalls zu einem Hindernis entwickeln. Normalerweise bieten die staatlichen Stellen hierbei keine Unterstützung. Derjenige, der eine Anlage errichtet, muss mit den Eigentümern verhandeln. Dies kann sinnvollerweise erst nach der Genehmigung eines Projektes erfolgen, was wiederum bedeutet, dass zu diesem Zeitpunkt der erhöhte Wert des Grundstücks bereits bekannt ist, was bei den Verhandlungen auch ausgenutzt wird. Zudem sind die Eigentumsverhältnisse bei Grundstücken häufig unklar, da das Grundbuch in geografischer Hinsicht lückenhaft ist und auch Eigentumsübergänge, z.B. im Wege einer Erbschaft, nicht registriert werden.
 

Schlussfolgerungen und Vorschläge

Aufgrund der bestehenden Anreize und der jüngsten Entscheidungen der Regierung, den Ausbau der Solarenergie­infrastruktur zu fördern, sieht die Zukunft der Solarenergie sehr vielversprechend aus. Die zahlreichen Investitionen in indische Solarprojekte zeigen, dass die Herausforderungen überwunden werden können. Bei den Investoren handelt es sich sowohl um private Geldgeber als auch um Institutionen und Entwicklungsbanken.
 
Wie jedes andere Land hat auch Indien seine eigenen Grenzen und Herausforderungen. Allerdings können diese mithilfe
einer umfassenden Risikoanalyse vor Investitionsbeginn und eines passenden Beraters angegangen werden. Ein solcher Berater kann nicht nur ein Projekt richtig strukturieren und dokumentieren, sondern auch vielfach zu einer effizienten Abwicklung beitragen, indem er funktionierende Kommunikationslinien zwischen den beteiligten Parteien und den staatlichen Stellen aufbaut. Eine überzeugende Risikoanalyse kann entscheidend für die Sicherung einer Finanzierung sein.
 
Es gibt zahlreiche Strategien, die zum Erfolg eines Solarprojektes führen können. So empfiehlt es sich zum Beispiel, über die Durchführung eines Projektes in einer Gegend nachzudenken, in der bereits vergleichbare Anlagen errichtet worden sind: So wird sichergestellt, dass die öffentliche Verwaltung mit entsprechenden Genehmigungsverfahren vertraut ist. Auch kann die Beteiligung eines indischen Partners hilfreich sein. Die Vereinbarung einer solchen Zusammenarbeit muss aber genau geprüft und dokumentiert werden, um unangenehme Überraschungen in der Zukunft zu vermeiden.
 
Rödl & Partner in Indien, mit Büros in Delhi, Mumbai und Pune verfügt über praktische Erfahrungen aus erster Hand, um die rechtlichen und praktischen Herausforderungen im Rahmen einer Projektumsetzung zu bewältigen.
 

1 Quelle: MNRE
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