Wahrheitspflichten in der Nachhaltigkeits­berichterstattung

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veröffentlicht am 13. September 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Die Plichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sollen durch den Entwurf der Corporate Social Responsibility Directive (CSRD) der Europäischen Kommission in den kommenden Jahren deutlich erhöht werden. Nicht nur der Adressatenkreis, sondern auch der inhaltliche Umfang der nichtfinanziellen Berichterstattung soll erweitert werden. Nun werden sich viele der künftig betroffenen Unternehmen die Frage stellen, inwieweit Sie sich in die Karten schauen lassen müssen und ob auch Negatives preis­ge­ge­ben werden muss. Schließlich sind diese Informationen dann öffentlich zu­gäng­lich. 



Verortet ist die nichtfinanzielle Berichterstattung im Lagebericht des Unternehmens. Auch ein Prüfungser­fordernis der Nachhaltigkeitsinformationen soll eingeführt werden. Unter anderem erfasst die nichtfinanzielle Berichterstattung Umweltbelange, Arbeitnehmerbelange, Sozialbelange, Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung. Es geht einerseits darum, wie sich Nachhaltigkeitsaspekte auf das Geschäftsergebnis des Unternehmens, seine Lage und den Geschäftsverlauf auswirken. Andererseits geht es darum, welche Auswirkungen das für Mensch und Umwelt hat (sogenannte doppelte Wesentlichkeit).


Ausnahmeregel für die nichtfinanzielle Erklärung

Der derzeitige Änderungsvorschlag zur Richtlinie lässt einen Ausnahmetatbestand, der bereits in der ur­sprüng­li­chen Fassung der Richtlinie aus 2014 enthalten war und ins deutsche Handelsgesetzbuch Eingang gefunden hat, unberührt. 

Bereits die bisherige Rechtslage erlaubt, dass Angaben zu künftigen Entwicklungen oder Belangen, über die Verhandlung geführt werden, ausnahmsweise dann nicht in die nichtfinanzielle Erklärung aufgenommen werden brauchen, wenn

  • die Angaben nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung der Mitglieder des Vertretungsorgans der Ge­sell­schaft geeignet sind, der Gesellschaft erheblichen Nachteil zuzufügen und
  • das Weglassen der Angaben das Gesamtbild nicht verzerrt, so dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes, ausgewogenes Verständnis von Geschäftsverlauf und -ergebnissen, der Lage der Ge­sell­schaft und der Auswirkungen ihrer Tätigkeit nicht verhindert wird.


Doch das darf keinesfalls als Einladung verstanden werden, Angaben wegzulassen, die im weiteren Sinne zu Nachteilen für das Unternehmen führen könnten. Denn tatsächlich beschränkt sich die Ausnahmeregelung zum einen nur auf künftige Entwicklungen, die also noch in der Zukunft liegen, und Belange, über die Ver­hand­lun­gen geführt werden.

Zusätzlich müssen die anderen beiden Voraussetzungen kumulativ erfüllt werden. Das Unternehmen bewegt sich damit auf einem schmalen Grat: einerseits muss die Angabe so wesentliche Bedeutung haben, dass sie zu erheblichen Nachteilen führen kann. Andererseits darf die Bedeutung wiederum nicht so wesentlich sein, dass ihr Weglassen das Gesamtbild verzerrt.

Das zeigt: der Ausnahmetatbestand sollte sehr restriktiv gehandhabt werden. Es gibt auch im Bereich der nichtfinanziellen Berichterstattung somit kein generelles Aussageverweigerungsrecht, sich nicht selbst belasten zu müssen, und kein „Cherry picking“, sondern eine weitgehend uneingeschränkte Wahrheits- und Offenbarungspflicht.


Nachholungspflicht

Fallen die Gründe für das Weglassen der nachteiligen Angaben weg, müssen die Angaben laut Gesetz nach­ge­holt werden. Der Ausnahmetatbestand wird als Schutzklausel verstanden. Fällt der Grund für die Schutz­be­dürf­tig­keit weg, greift der volle Pflichtenmaßstab.

Anhand der im Folgenden dargestellten Sanktionen sollte bei jedem neuen Lagebericht erneut überprüft werden, ob die Beurteilung der Geschäftsführung über die Nachteilhaftigkeit aufrechterhalten werden kann und welche Auswirkungen der Umstand auf das Gesamtbild hat.


Folgen bei unvollständiger Berichterstattung

Auf Ebene der Rechtsfolgen sind die Angaben in der nichtfinanziellen Erklärung den Angaben im übrigen Lagebericht gleichgestellt. Die unrichtige Wiedergabe oder Verschleiherung der Verhältnisse der Gesellschaft kann zur Strafbarkeit der Mitglieder des Vertretungsorgans oder auch des Aufsichtsorgans führen.

Unrichtige Wiedergabe bedeutet, dass eine Erklärung objektiv falsch ist, sich also auf Tatsachenebene wider­le­gen lässt. Wenn die Tatsachen zwar objektiv richtig sind, aber die Darstellung falsche Schlüsse beim Empfänger erzeugt, dann handelt es sich um eine Verschleierung.

In leichteren Fällen kann zumindest eine Ordnungswidrigkeit darin liegen, wenn die Berichterstattung den gesetzlichen Vorschriften über die nötigen Inhalte zuwiderläuft. Das Ordnungsgeld kann sich entweder gegen die Mitglieder des Vertretungsorgans oder des Aufsichtsorgans richten oder gegen die Gesellschaft selbst. Solange die Gesellschaft ihre Berichtspflicht nicht vollständig erfüllt hat, kann ein Ordnungs­widrig­keits­ver­fah­ren eingeleitet werden.

Wird also zu Unrecht von dem oben genannten Ausnahmetatbestand Gebrauch gemacht, können unter Umständen harte Sanktionen drohen, sowohl für die Gesellschaft als auch für die handelnden Organmitglieder.


Fazit

Die Erweiterung des Kreises der verpflichteten Unternehmen und die Strenge der auf sie zukommenden Berichtspflichten sollten die künftig betroffenen Unternehmen daher als Veranlassung für einen erweiterten Compliance- und Risiko-Check nehmen.

Es wäre anzuraten, sich bereits präventiv damit zu befassen, ob das eigene Unternehmen unter die erweiterten Berichterstattungspflichten fallen wird und inwieweit möglicherweise negative Umstände existieren, die bis zum Eintreten der Pflichten zur Offenlegung vielleicht noch gestaltet oder korrigiert werden können.

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