Nachhaltigkeitsberichterstattung: Aktuelle Entwicklungen und anstehende Entscheidungen

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aktualisiert am 20. Oktober 2025 | Lesedauer. ca. 5 Minuten

Die regulatorische Dynamik im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung hält an. In den vergangenen Wochen und Monaten wurden mehrere für die Nachhaltigkeitsberichterstattung relevante Regelungen veröffentlicht: die delegierte Verordnung zur EU-Taxonomie, der Referentenentwurf zur Umsetzung der CSRD in Deutschland, verlängerte Übergangs­bestimmungen zu den ESRS, eine Empfehlung zur VSME-Anwendung sowie die überarbeiteten ESRS-Entwürfe. Im Folgenden fassen wir die wesentlichen Entwick­lun­gen kompakt für Sie zusammen.



CSRD-Umsetzung: Neuer Referentenentwurf in Deutschland

Am 3. September 2025 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf zur Umsetzung der CSRD beschlossen. Inhaltlich knüpft dieser eng an den Referentenentwurf vom Juli 2025 an und übernimmt die bereits vorgesehenen Anpassungen aus der Omnibus-Initiative, darunter die „Stop-the-Clock“-Richtlinie.
Neu enthalten bleibt auch die Sonderregelung für bestimmte Unternehmen der Welle 1: Kapitalmarktorientierte Unternehmen mit 500 bis 1.000 Mitarbeitenden sind für die Geschäftsjahre 2025 und 2026 von der Berichtspflicht befreit, da sie nach der auf EU-Ebene diskutierten Anhebung des Schwellenwerts künftig nicht mehr zum Anwenderkreis gehören würden. Schätzungen des BMJV zufolge betrifft diese Ausnahme in Deutschland rund 50 Unternehmen. Am 17. Oktober 2025 hat der Bundesrat seine Stellungnahme zum Regierungsentwurf beschlossen. Diese wird nun mit der Gegenäußerung der Bundesregierung dem Bundestag vorgelegt, woraufhin die zweite und dritte Lesung erfolgen. Wann das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist, ist noch nicht absehbar. Mit dem Regierungsentwurf verfolgt die Bundesregierung grundsätzlich das Ziel, die CSRD-Vorgaben zeitnah, rechtssicher und ohne zusätzliche nationale Anforderungen in deutsches Recht zu überführen. 

EU-Taxonomie: Neue delegierte Verordnung vereinfacht Anwendung

Am 4. Juli 2025 hat die EU-Kommission im Zuge der Omnibus-Initiative einen delegierten Rechtsakt zur Anpassung der EU-Taxonomieverordnung erlassen. Die Änderungen umfassen insbesondere die Einführung von Wesentlichkeitsschwellen: Tätigkeiten, die weniger als 10 % von Umsatz, CapEx oder OpEx ausmachen, müssen künftig nicht mehr auf ​Taxonomiefähigkeit oder -konformität geprüft werden, bleiben jedoch als unwesentlich auszuweisen. Für OpEx ist zusätzlich vorgesehen, dass die Erhebung vollständig entfallen kann, wenn diese im Geschäftsmodell insgesamt nicht wesentlich sind. Zudem wurden die „Do No Significant Harm“ (DNSH) Kriterien präzisiert, indem bestimmte Anforderungen gestrichen und Verweise auf bestehendes EU-Chemikalienrecht (z. B. REACH-Kandidatenliste) aufgenommen wurden. Auch die Meldebögen wurden deutlich verschlankt: Die Zahl der verpflichtenden Datenpunkte sinkt von 78 auf 28, Angaben zu DNSH und Mindestschutz entfallen, sektorspezifische Tabellen werden integriert. Die neuen Vorschriften sollen ab dem Geschäftsjahr 2025 gelten, mit der Möglichkeit eines Übergangsjahres nach bisherigem Recht. Der delegierte Rechtsakt befindet sich aktuell noch in der Prüfungsphase („scrutiny period“), die auf Antrag des EU-Parlaments bis zum 5. Januar 2026 verlängert wurde. Endgültige Klarheit wird erst herrschen, wenn die Prüfungsphase ohne Einsprüche verläuft und der delegierte Rechtsakt im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde. Auch in diesem Fall dürften die Änderungen allerdings für die Berichterstattung zu Geschäftsjahren beginnend ab dem 1.1.2025 anwendbar sein.


EU-Kommission erlässt delegierten Rechtsakt zu ESRS-Übergangserleichterungen

Am 11. Juli 2025 hat die EU-Kommission mit einem delegierten Rechtsakt Änderungen am ersten Set der ESRS (Verordnung (EU) 2023/2772) erlassen. Ziel des sogenannten „Quick Fix“ ist es, bestimmte Übergangs­erleich­terungen („Phase-In“) zu verlängern und ihren Geltungsbereich zu erweitern, um insbesondere Unternehmen der Welle 1 zu entlasten, die bereits ab dem Geschäftsjahr 2024 nach CSRD berichten müssen (vorbehaltlich nationaler Umsetzung). Konkret können Unternehmen mit mehr als 750 Mitarbeitenden in den Geschäftsjahren 2025 und 2026 auf die Berichterstattung zu einzelnen Standards – darunter ESRS E4 sowie die Sozialstandards ESRS S2 bis S4 – verzichten. Darüber hinaus werden die ursprünglich nur im ersten Berichtsjahr vorgesehenen Erleichterungen bei komplexen Angaben – insbesondere zu den erwarteten finanziellen Auswirkungen nachhaltig­​keitsbezogener Risiken – ebenfalls auf die Geschäftsjahre 2025 und 2026 ausgedehnt. Der delegierte Rechtsakt gilt rückwirkend und unmittelbar für Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2025. Weder das EU-Parlament noch der Rat haben innerhalb des Prüfungszeitraums Einspruch erhoben, die Veröffentlichung des delegierten Rechtsakts im Amtsblatt der EU ist für Mitte November geplant. Ziel ist es, die Unternehmen in der Anlaufphase zu entlasten, ohne die grundsätzlichen Anforderungen der Standards zu ändern.

EU empfiehlt VSME-Standard für KMU

Am 30. Juli 2025 hat die Europäische Kommission offiziell den von EFRAG entwickelten „Voluntary Sustainability Reporting Standard ​for non‑listed SMEs“ (VSME‑Standard) als Empfehlung verabschiedet. Sie rät nicht börsennotierten KMU und Kleinstunternehmen, die freiwillig Nachhaltigkeitsinformationen bereitstellen möchten, den VSME‑Standard anzuwenden. Wirtschaftsverbände betonen, dass der Standard KMU eine dringend benötigte Vereinheitlichung und Vereinfachung im ESG‑Reporting bringt – besonders angesichts der heterogenen Anforderungen aus Wertschöpfungsketten.

ESRS-Überarbeitung: Veröffentlichung der Exposure Drafts

Am 31. Juli 2025 hat EFRAG die Exposure Drafts zur Überarbeitung der ESRS​ veröffentlicht und die öffentliche Konsultation gestartet, die bis zum 29. September 2025 lief. Ziel der Änderungen ist es, die Anforderungen spürbar zu verschlanken und die Anwendung zu erleichtern, gleichzeitig aber die Zielsetzung der CSRD sowie die Interoperabilität mit internationalen Standards wie dem ISSB zu wahren. Vorgesehen sind eine klare Trennung zwischen verpflichtenden Angaben und Anwendungshinweisen; nicht verpflichtende Inhalte wurden gestrichen, vereinfacht oder in eine neue „Non-Mandatory Illustrative Guidance“ (NMIG) ausgelagert. Weitere Anpassungen betreffen die doppelte Wesentlichkeit, die nach aktuellem Vorschlag künftig wahlweise „top-down” oder „bottom-up” durchgeführt werden kann. Zudem soll der Aufbau der Berichte flexibler werden, etwa durch die Möglichkeit von Executive Summaries oder die Nutzung von Anhängen. Nach den Entwürfen entfallen 57 % der verpflichtenden Datenpunkte und die Gesamtlänge der Standards sinkt um 55 %. Ergänzend gibt es Anpassungen, beispielsweise bei der Abgrenzung von Treibhausgasemissionen, bei Wertschöpfungsketten und Akquisitionen sowie beim Umgang mit sensiblen Informationen. Neu eingeführt wird zudem das Prinzip der „Fair Presentation“, das die Gesamtqualität der Berichterstattung sichern soll.

Einigung im JURI-Ausschuss des EU-Parlaments auf einen Standpunkt zur Omnibus-Initiative

Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments (JURI) hat am 13. Oktober 2025 seine Position zu den geplanten Änderungen an den CSRD- und CSDDD-Berichtspflichten im Rahmen der Omnibus-Initiative beschlossen. Wie der Rat der EU, der seinen Standpunkt bereits im Juni 2025 veröffentlicht hatte, plädiert auch der JURI-Ausschuss für eine Anhebung der Schwellenwerte für die CSRD-Berichterstattung auf 1.000 Mitarbeiter und 450 Mio. Euro Nettoumsatzerlöse. Bestätigt das EU-Parlament in seiner nächsten Plenarsitzung die Stellungnahme, beginnen die Trilogverhandlungen über den endgültigen Richtlinientext. Wann die Verhandlungen abgeschlossen sind und wie der Text im Detail ausgestaltet sein wird, d.h. welche konkreten Berichtspflichten künftig für welchen Anwenderkreis gelten, ist aktuell noch nicht abzusehen.


Ausblick

In den kommenden Monaten sind weitere Weichenstellungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erwarten. Während auf europäischer Ebene die Ergebnisse der Konsultation zu den ESRS-Entwürfen ausgewertet und für die finale Übergabe an die EU-Kommission bis zum 30. November 2025 finalisiert werden, schreitet in Deutschland das Gesetzgebungsverfahren zur CSRD-Umsetzung voran. Zugleich besteht noch Unsicherheit in Bezug auf die Änderungen, die mit der Omnibus-Initiative einhergehen. Unternehmen sollten die bestehenden Übergangsbestimmungen nutzen, zugleich aber ihre Reporting-Prozesse frühzeitig auf die kommenden Änderungen ausrichten. Wir werden Sie über die weiteren Entwicklungen wie gewohnt informieren.

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Dr. Christian Maier

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, CPA (U.S.), Head of Sustainability Services

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