M&A: Bieterverfahren eröffnet Chancen für Investoren und Verkäufer

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zuletzt aktualisiert am 2. Februar 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Deutsche Unter­nehmen sind inter­national begehrt. Die In­haber können daher aktuell hohe Kauf­preise erzielen. Im M&A-Prozess hat sich dabei das Bieter­verfahren bewährt, um einen möglichst großen Interes­sen­ten­­kreis anzusprechen. Was müssen In­vestoren beachten?
 
 
Wer ein Unternehmen verkaufen will, steht zuerst vor der Frage, wie ein Verkaufsprozess effizient organisiert und rechtlich möglichst vorteilhaft gestaltet werden kann. Im Interesse des Verkäufers ist es, einen größt­möglichen Interessentenkreis anzusprechen kann, um einen adäquaten Preis zu erzielen, ohne dass der Verkauf seines Unternehmens frühzeitig publik wird.
 
Dazu hat sich das Bieterverfahren bewährt. Die meisten Bieterverfahren bei solchen M&A-Transaktionen werden als sog. „kontrollierte Bieterverfahren” („Limited Auction”) durch­ge­führt. Die Prozesse sind dadurch gekennzeichnet, dass der Verkäufer selbst einen begrenzten Kreis von Bietern bestimmt. Er wird im Laufe des Verfahrens schrittweise eingeschränkt, bis schließlich der Kaufvertrag mit einem ausgewählten Bieter geschlossen werden kann.
 
War das Bieterverfahren noch vor einiger Zeit nur bei größeren – vornehmlich internationalen – Unternehmens­verkäufen üblich, hat es sich in den letzten 10 bis 15 Jahren verstärkt auch bei mittelgroßen Transaktionen etabliert.
 

Ablauf eines Bieterverfahrens

Ein Bieterverfahren durchläuft mehrere Phasen: Zur Organisation des Prozesses und der anschließenden Kontaktaufnahme zu potenziellen Kaufinteressenten wird in einem Vorbereitungsstadium regelmäßig zuerst ein M&A-Berater mandatiert, der das Bieterverfahren für den Verkäufer in der Vorphase leitet. Rechtsanwälte bereiten parallel notwendige rechtliche Unterlagen, wie sog. Data Room Rules für den späteren Datenraum vor.
 
Der Verkäufer soll in der Phase gegenüber den potenziellen Kaufinteressenten noch anonym bleiben, weshalb der M&A-Berater als Intermediär fungiert. Er erstellt gemeinsam mit dem Verkäufer eine Liste von potenziellen Erwerbsinteressenten, denen eine Kurzpräsentation der Zielgesellschaft als sog. Teaser übersandt wird. Dabei handelt es sich um eine allgemeine, in anonymisierter Form gefasste, erste Kurzinformation über die Zielgesellschaft.
 
Bei entsprechendem Teilnahmeinteresse am weiteren Verfahren wird mit den Interessenten eine Ver­traulich­keits­vereinbarung (Non-Disclosure-Agreement, „NDA”) unterzeichnet. Anschließend erhalten die Bieter einen sog. Process Letter, in dem der weitere Verfahrensablauf und weitere organisatorische Aspekte festgelegt werden, sowie eine ausführliche Beschreibung des Zielunternehmens (Information Memorandum, „IM”). In bestimmten Fällen kann es sich anbieten, dass der Verkäufer vorab eine sog. Vendor Due Diligence („VDD”) durchführen lässt, um die Zielgesellschaft in finanzieller, steuerlicher und rechtlicher Hinsicht analysieren und prüfen zu lassen. Das hat den Vorteil, dass der Verkäufer in der Vorphase etwaige Probleme vorab beheben und den Bietern in der Folge eine einheitliche Informationsbasis auf der Grundlage von Due Diligence-Berichten zur Verfügung stellen kann. Dadurch kann auch eine etwaige Haftung des Verkäufers reduziert oder sogar teilweise ausgeschlossen werden.
 
Jeder Bieter ist schließlich aufgefordert, in dieser ersten Phase ein unverbindliches, indikatives Angebot auf der Grundlage eines im Process Letter vorgegebenen Rahmens gegenüber dem Verkäufer abzugeben, sog. Non-Binding-Offer. Der vorgegebene Rahmen dient der Vergleichbarkeit der dann von den Bietern eingereichten Angebote.
 
In einer sich anschließenden zweiten Phase wird i.d.R. der Kreis der Bieter anhand der indikativen Angebote eingeschränkt. Die verbleibenden Kaufinteressenten erhalten Zugang zu einem Datenraum, häufig nur noch online über spezielle Zugangsberechtigungen (Virtual Data Room), der ausführliche Informationen über die Zielgesellschaft enthält. Dadurch soll den Bietern die Durchführung einer eigenen Due Diligence ermöglicht und eine konkrete Grundlage für die Kaufentscheidung verschafft werden. Die Bieter erhalten die Möglichkeit, sich mit Fragen über die Zielgesellschaft in einem abgestimmten Verfahren direkt an den Verkäufer und seine Berater zu wenden. Es werden sog. Management Meetings vereinbart und durchgeführt.
 
Schließlich erhalten die Bieter einen vom Verkäufer erstellten Kaufvertragsentwurf (Sale & Purchase Agreement („SPA”), der in den Datenraum eingestellt wird. Die verbleibenden Bieter werden aufgefordert, im Rahmen einer bestimmten Frist ein verbindliches Angebot für den Kauf des Unternehmens (Binding Offer) zusammen mit Änderungsvorschlägen hinsichtlich des Kaufvertragsentwurfs („SPA Mark-Up”) zu übersenden. Das Binding Offer soll u.a., je nach Ermittlungsmethode, regelmäßig die konkrete Vorstellung des Bieters über den Unternehmenswert (Enterprise Value), den Kaufpreis (Equity Value) nach Abzug aller Netto­finanz­verbind­lichkeiten (Net Debt) und seine Zusammensetzung enthalten.
 
In der dritten, finalen Phase werden nur noch wenige oder ein Bieter zugelassen. Sie erhalten einen Präferenzstatus (Preferred Bidder) und bekommen Zugang zu weiteren vertraulichen Informationen, die in den vergangenen Phasen nicht mitgeteilt wurden und nehmen an den finalen Vertragsverhandlungen teil. Verhandlungsexklusivität zugunsten eines Bieters wird grundsätzlich nur für eine limitierte Zeit gegeben. Schließlich wird mit dem finalen Bieter der endgültig verhandelte Kaufvertrag abgeschlossen.
 

Vor- und Nachteile des Bieterverfahrens

Die im kontrollierten Bieterverfahren verschaffte Wettbewerbssituation hat den Vorteil einer Preis- und Konditionenoptimierung. Aus Sicht des Verkäufers sprechen ferner für die Durchführung einer limited Auction die geringere Abhängigkeit von bestimmten Kauf­interes­senten, sowie die dadurch gestärkte Verhandlungs­position, insbesondere in Bezug auf den Kaufpreis sowie die beschränkte Abgabe von Garantien und Freistellungen, die vom Käufer stets verlangt werden.
 
Nachteilig sind sicherlich die längere Verfahrensdauer und die Belastung von Mana­gement­ressourcen. Allerdings reduziert die Einschaltung von M&A Beratern und Rechtsanwälten in der Vorphase erheblich den Aufwand aufseiten des Unternehmens, da bei einem solch strukturierten Prozess viele Bereiche auf professionelle Berater ausgelagert werden können. Ferner besteht ein gewisses Risiko der zweckwidrigen Verwendung von Betriebsgeheimnissen und der Abwerbung von Schlüsselmitarbeitern des Zielunternehmens durch den Erhalt von Informationen im Datenraum, was jedoch auch in klassischen face-to-face-Verhandlungen nicht völlig ausgeschlossen werden kann. Zur Absicherung im Bieterverfahren vor der Herausgabe von sensiblen Informationen dient aber gerade der gestufte Zugang zu solchen Informationen gegenüber den Bietern.
 
Aus Sicht des Bieters besteht der Nachteil des fehlenden Überblicks über die eigene Verhandlungsposition mangels Information über die Zahl und Identität der übrigen Wettbewerber. Ferner kann das Verfahren für die Bieter in finanzieller Hinsicht ungünstig verlaufen, da sie, je nach Verfahrensstadium des Ausscheidens, ihre Berater- und sonstigen Transaktionskosten tragen müssen, also frustrierte Aufwendungen generieren. Dadurch wird ihre Verhandlungsposition geschwächt.
 
Gleichzeitig ermöglicht das Bieterverfahren gerade internationalen Investoren eine gleichberechtigte Chance gegenüber nationalen Wettbewerbern. Das attraktivste Angebot in Hinblick auf Marktchancen und auf den Preis erhält den Zuschlag, persönliche Kontakte spielen im Verkaufsprozess eine geringere Rolle als bei face-to-face-Verhandlungen.
 
Trotz gewisser Nachteile, v.a. für den Käufer, trägt das kontrollierte Bieterverfahren den spezifischen Anforderungen und Besonderheiten des Unternehmensverkaufs gut Rechnung, da gerade die Vorteile zugunsten des Verkäufers stark überwiegen.
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