Das Lieferkettengesetz und seine Auswirkungen in Hongkong (SAR)

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zuletzt aktualisiert am 15. September 2022 | Lesedauer ca. 5 Minuten


Als Sonderverwaltungszone Chinas genießt Hongkong weitgehende wirtschaftliche Autonomie mit eigenen Gesetzen und Vorschriften. Die Lieferkettenprobleme, welche sich in „Mainland“ China ergeben können, spielen für Hongkong daher keine Rolle.



  

Lieferkettenrisiken in Hongkong

Die Wirtschaft Hongkongs hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Industrieproduktion und Landwirtschaft spielen praktisch kaum mehr eine Rolle. Über 90 Prozent der Wirtschaftsleistung wird durch Dienstleistungen erbracht (vor allem im Finanz-, Handels-, Logistik- und Tourismusbereich). Das spiegelt sich auch in möglichen Lieferkettenproblemen.   
 
Risiken können daher auftreten bei Einschaltung einer Gesellschaft in Hongkong zum Zwecke des Sourcing in anderen Ländern, namentlich in Mainland China, aber auch in weiteren Staaten Südostasiens, da nach dem deutschen Lieferkettengesetz die Lieferkette nicht bei der Hongkonger Gesellschaft beginnt, sondern auch deren Lieferanten und Zulieferer einzubeziehen sind, wenn auch auf einem geringerem Level.
 
Korruption spielt in Hongkong eine untergeordnete Rolle und kommt vor allem lokal im privaten Bereich vor. Gemäß dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International liegt Hongkong im Jahr 2021 auf Rang 12 und damit noch vor Ländern wie Kanada, Österreich oder Japan. Gleichwohl sollte bei der Prüfung der Lieferketten beachtet werden, dass direkte und indirekte Zulieferer außerhalb Hongkongs die entsprechenden für sie in geltenden Gesetze und Regelungen einhalten.
 
Aufgrund seiner Stellung als eines der wichtigsten weltweiten internationalen Finanzzentren besteht grund­sätzlich ein Risiko im Hinblick auf Geldwäsche und ähnliche Straftaten. Derartige Bedrohungen bestehen sowohl intern als auch extern, insbesondere durch transnationale bzw. grenzüberschreitende Geldwäsche-Syndikate. In dem Zeitraum 2016 bis 2020 ergab eine Aufschlüsselung der Geldwäsche-Ermittlungen, dass etwa 70 Prozent der Geldwäsche-Fälle betrugsbezogen waren, während bei weiteren knapp 20 Prozent der Fälle die Vortat nicht identifiziert werden konnte. Geldwäsche in Bezug auf Vortaten wie Korruption, Menschen­han­del, Steuerstraftaten oder auch Schmuggel spielen danach in Hongkong nur eine sehr untergeordnete Rolle.
 

Anfällige Branchen in Bezug auf Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen und Umweltfragen

Wie bereits oben angesprochen erbringt Hongkong über 90 Prozent seiner Wirtschaftsleistung im Dienst­leis­tungsbereich und es gibt nur sehr wenig Produktion und Landwirtschaft. Aus diesem Grund bestehen kaum negative Auswirkungen durch Hongkongs Wirtschaft auf die Umwelt. Zu nennen wäre hier allenfalls auf­tre­ten­de Luftverschmutzung durch den erheblichen Schiffsverkehr. 
 
In Bezug auf Menschen- und Arbeitsrechte spielt das Baugewerbe eine im negativen Sinn herausragende Rolle. Die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle und die Zahl der Arbeitsunfälle je 1000 Beschäftigte ist im Baugewerbe die höchste aller Branchen.
 
Daneben bestehen teilweise erhebliche Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen im Bereich der Hausan­ge­stellten und teilweise im Dienstleistungsbereich (z.B. Restaurants, Lieferdienste). In diesen Bereichen kommt es immer wieder zu Zwangsarbeit oder dem Vorenthalten von Löhnen. Daneben spielt Hongkong eine unrühmliche Rolle in Bezug auf Menschenhandel, wobei hier insbesondere die Prostitution eine erhebliche Rolle spielt. 
 
In Bezug auf das deutsche Lieferkettengesetz dürften vorgenannte Punkte jedoch kaum von Belang sein. Der Fokus dürfte sich vielmehr auch bei diesen Punkten auf die direkten und indirekten Zulieferer außerhalb Hongkongs richten.
 

Anwendbarkeit von Rechtsvorschriften und praxisnahe Umsetzung

In Hongkong besteht eine umfassende und verhältnismäßig zügig und zuverlässig arbeitende Judikative, die auf eine Vielzahl auf die oben genannten Risiken zugeschnittenen Gesetze und Bestimmungen zurückgreifen kann.
 
Zur Bekämpfung der Geldwäsche hat Hongkong umfangreiche Gesetze, Bestimmungen und Standards bezüg­lich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erlassen (anti-money laundering and counter-financing of terrorism – AML/CFT framework). 
 
Die Bekämpfung von Korruption sowohl im öffentlichen wie auch privaten Sektor obliegt der Independent Commission against Corruption (ICAC). Gesetzliche Grundlage der Kommission sowie entsprechende Straf­vor­schriften sind in der Prevention of Bribery Ordinance kodifiziert.
 
Im Zusammenhang mit dem Schutz der Umwelt ist Hongkong einer Vielzahl von internationalen Konventionen beigetreten, beispielsweise in Bezug auf den Klimawandel, gefährliche Abfälle, der Verschmutzung der Meere, Quecksilber. Daneben bestehen eine Vielzahl von Gesetzen für einzelne Bereiche des Umweltschutzes z.B. zur Luftverschmutzung, Einleitung von Abwässern, gefährlichen Chemikalien und zur Umweltverträglichkeitsprüfung bei ausgewiesenen Projekten.
 
Das Arbeitsrecht Hongkongs ist sehr arbeitgeberfreundlich. Es folgt hierbei der anglo-amerikanischen Tradition des „employment-at-will“. Wichtigstes Gesetz im Bereich des Arbeitsrechts ist die Employment Ordinance. Das Gesetz findet Anwendung für Arbeitnehmer nach einer Beschäftigungszeit von mindestens vier Wochen und einer Wochenarbeitszeit von mindestens 18 Stunden. Soweit anwendbar, bietet das Gesetz verschiedene Leistungen und Schutzmaßnahmen, beispielsweise Ansprüche auf Ruhetage, Urlaub, Krankengeld, Mutter­schutz, Beschäftigungsschutz. Weiterhin schützt das Gesetz Gewerkschaftsaktivitäten und sieht die Zahlung von Abfindungen bei Entlassung, Erreichen des gesetzlichen Rentenalters oder bei nicht genommenem Jahresurlaub vor. Daneben besteht auch ein Gesetz zum Mindestlohn.
 
Die Beschäftigung von Kindern unter 13 Jahren ist grundsätzlich für alle Branchen verboten. Kinder zwischen 13 und 14 Jahren dürfen in nicht-industriellen Sektoren arbeiten. Eine weitere Bestimmung (Employment of Young Persons (Industry) Regulation) regelt die Arbeitszeit und die Beschäftigungsbedingungen von Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren in Industrieunternehmen.
 
In Bezug auf den Arbeitsschutz bestehen unter anderem die Occupational Safety and Health Ordinance und die Industrial Undertakings Ordinance als gesetzliche Regelungen. Unter diesen Gesetzen wurden 32 Verord­nungen erlassen, die Aspekte wie gefährliche Arbeiten und Arbeitsabläufe in Fabriken, auf Baustellen, in Restaurants und anderen Bereichen abdecken.
 
Die Gesetze und Bestimmungen werden in aller Regel praktisch durchgesetzt. In Bezug auf das Arbeitsrecht besteht in Hongkong ein schnelles, kostengünstiges und informelles Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Im Hinblick auf Arbeitsschutz wurden im Jahr 2021 ca. 130.000 Prüfungen und knapp 17.000 Unfalluntersuchungen durchgeführt. Die Arbeitsbehörde führte etwa 2.600 Fälle und verhängte Bußgelder über 15.3 Millionen Hongkong-Dollar.
 
Schwierigkeiten ergeben sich häufig für Hausangestellte und andere ausländische Arbeitnehmer, welche oftmals ihre Rechte nicht kennen und aufgrund der teilweise sehr hohen Kosten keinen anwaltlichen Rat suchen, um ihre Rechte durchzusetzen. 
 

Beispiele negativer Auswirkungen auf ausländische und einheimische Unternehmen

Für deutsche Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen zu Hongkonger Geschäftspartnern bestehen derzeit unter dem deutschen Lieferkettengesetz nach jetzigem Stand nur geringe oder keine Risiken. Allerdings sollten für den Fall, dass der Hongkonger Geschäftspartner seinerseits direkte und indirekte Lieferanten außerhalb Hongkongs beauftragt, entsprechende Prüfungspflichten dieser Lieferanten für den Hongkonger Geschäfts­partner vertraglich vereinbart werden.  
 
Lokal kommt es trotz allen Bemühungen immer wieder zu Gesetzesverstößen. Notorisch betroffen ist hierbei vor allem das Baugewerbe. So verunglückten im Juni 2022 zwei Bauarbeiter tödlich, als sie mit ihrer Arbeits­plattform außerhalb des in Bau befindlichen Gebäudes abstürzten. Beide führten Arbeiten durch, obwohl die Baustelle zu dieser Zeit stillgelegt war.
 
Für öffentliche Diskussionen sorgte auch das Schicksal von dutzenden Hausangestellten. Diese wurden teilweise positiv auf das Coronavirus getestet oder es wurde teilweise auch nur eine Infektion vermutet. Aus Angst vor einer Ansteckung wurde den Hausangestellten die Rückkehr in die Wohnung verboten oder sogar fristlos gekündigt. Aufgrund der strikten Reisebeschränkungen konnten die Betroffenen nicht in ihre Heimat­länder zurückkehren. Auch bestand keine Krankenversicherung. Sie waren daher plötzlich ohne Einkommen und ohne Wohnung. Viele mussten mehrere Tage in Zelten in Parks oder unter Brücken die Nächte verbringen, so dass sich beispielsweise auch das Generalkonsulat der Philippen eingeschaltet hatte.
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