One apple a day schützt nicht vor Abmahnung – OLG Köln zu „Apfelleder“

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 15. August 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten 

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Mit Urteil vom 4. Juli 2025 hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln (Az. 6 U 51/25) einem Verband der ledererzeugenden Industrie Recht gegeben und die Werbung mit dem Begriff „Apfelleder“ für Hundezubehör untersagt, sofern die betreffenden Produkte weder ganz noch teilweise aus tierischem Leder bestehen. Die Entscheidung erging im Wege der einstweiligen Verfügung und hebt ein zuvor ablehnendes Urteil des Landgerichts (LG) Köln auf.​
 ​ grüne und rote Äpfel
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​Vegane Lederalternative kein Leder

Die Antragsgegnerin, ein Unternehmen unter Leitung eines bekannten Hundetrainers, vertrieb über ihren Onlineshop Hundehalsbänder und Hundeleinen, die als „Apfelleder“-Produkte beworben wurden. Tatsächlich handelt es sich bei dem Material um einen synthetische Verbundstoff, dem Apfeltrester und Schalenreste aus der Fruchtsaft- und Kompottindustrie beigemischt wird – Leder im klassischen Sinne ist nicht enthalten. Die Produktbeschreibung enthielt zwar Hinweise auf die vegane Beschaffenheit, diese waren jedoch nur durch aktives Aufklappen der Detailinformationen sichtbar. Die Produkte konnten daher auch in den Warenkorb gelegt werden, ohne zuvor die Abschnitte „Produktbeschreibung“ oder „Produktdetails“ öffnen zu müssen.
  
Der Antragsteller, ein qualifizierter Wirtschaftsverband der ledererzeugenden Industrie nach § 8b UWG, sah hierin eine Irreführung der Verbraucher übder die wesentlichen Eigenschaften einer Ware und eine unlautere geschäftliche Handlung gemäß §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG.
 

Sprachgebrauch entscheidend

Nach Aufassung des OLG Köln ist davon auszugehen, dass jedenfalls ein nicht unerheblicher Teil der maßgeblich angesprochenen Verkehrskreise annehme, dass es sich bei der Beschreibung der Hundehalsbänder mit der Verwendung der Bezeichnung „Apfelleder“ um ein Produkt handeln würde, dass ganz oder jedenfalls teilweise aus Leder besteht oder bei dem jedenfalls der Ausgangsstoff Leder ist.
 
Im deutschen Sprachgebrauch gelte der Grundsatz, dass der letzte Bestandteil eines zusammengesetzten Wortes in der Regel den bezeichneten Gegenstand wiedergebe, während der vorangestellte Zusatz besondere Eigenschaften dieses Gegenstands heraushebe. Folglich bilde hier das Wort „Leder“ das Grundwort, unter dem der Verkehr aber ein natürliches, durch Gerben von tierischen Häuten und Fellen hergestelltes Produkt verstehe. 
 
Anders als der Zusatz „Kunst“ bei „Kunstleder“, der unmissverständlich offenlegt, dass es sich insgesamt um kein Naturprodukt handelt, weist der bloße Zusatz „Apfel“ nicht unzweifelhaft auf eine andere Eigenschaft des Produkts hin. Er könne vielmehr als bloß beschreibend wahrgenommen werden.
 
Der Verkehr sei vielmehr zahlreiche Wortkombinationen mit dem Wort „Leder“ (z. B. Wildleder, Nubukleder, Velourleder, Nappaleder, Lackleder, Spaltleder) gewöhnt und werde daher bei einem Produkt mit dem zweiten Wortbestandteil „Leder“ annehmen, dass es sich zumindest zum weit überwiegenden Teil um ein aus Häuten und Fellen hergestelltes Naturprodukt handelt. Diesbezüglich sei insbesondere auch zu beachten, dass es pflanzlich gegerbte Leder gebe, die u.a. als „Olivenleder“ und „Rhabarberleder“ bezeichnet werden. Auch habe im Jahr 2009 der Schuhanbieter S. nach dem unbestrittenen Vortrag des Antragstellers ein Gerbungsverfahren mit Apfelschalen und –trester entwickelt und aus diesem Leder Herrenschuhe produziert.
 
Damit handelt es sich bei der Bezeichnung „Apfelleder“ um einen zumindest mehrdeutigen Begriff mit der Folge, dass die Antragsgegnerseite alle möglichen Bedeutungen gegen sich gelten lassen muss, auch die, die geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der Verbraucher Fehlvorstellungen hervorzurufen.

Aufklärender Hinweis „vegan“ zu versteckt

Dabei sei es schließlich auch unerheblich, dass die Antragsgegnerin ihre Produkte in der Produktbeschreibung auf einer nachgelagerten Seite als „vegan“ bezeichnet. Denn die Antragstellerseite wirbt auf der Produktübersichtsseite und auch auf der Produktdetailseite blickfangmäßig mit der Angabe „Apfelleder“. Der erläuternde Hinweis auf die vegane Zusammensetzung des Produktes nimmt jedoch nicht mehr am Blickfang teil, sondern wird von dem Verbraucher nur dann wahrgenommen werden, wenn er den Abschnitt „Produktbeschreibung“ anklickt. 

Dieser Hinweis könne von dem durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher leicht übersehen werden, da er sich bei einem solchen nicht hochpreisigen Produkt nicht vertieft mit allen ihm durch Aufklappen weiterer Abschnitte verfügbaren Informationen auseinandersetzen wird,. Dies zumal sich die Hinweise auf die Beschaffenheit des Materials als vegan auch nicht – was insoweit nähergelegen hätte – unter dem Abschnitt „Produktdetails“, sondern bei der „Produktbeschreibung“ finden. 

Fazit und Bedeutung für die Praxis

Das Urteil verdeutlicht erneut die strengen Anforderungen der Rechtsprechung an Werbeaussagen über Eigenschaften von Produkten und dazugehörige Informationspflichten.
 
Unternehmen müssen sicherstellen, dass wesentliche Informationen nicht nur in versteckten Bereichen der Produktbeschreibung erscheinen, sondern klar und deutlich kommuniziert werden.
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