LG Berlin: KI-Nachahmung von Synchronstimme verletzt Persönlichkeitsrecht

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 9. September 2025 | Lesedauer ca. 2  Minuten
Darf eine mit künstlicher Intelligenz (KI) erzeugte Stimme verwendet werden, wenn sie einer bekannten Synchronstimme täuschend ähnlich klingt und der Betroffene dem nicht zugestimmt hat? Das Landgericht (LG) Berlin II hat diese Frage kürzlich verneint. Das Urteil setzt ein klares Zeichen im Umgang mit KI-generierten Inhalten und dem Schutz von Persönlichkeitsrechten (Urt. vom 20. August 2025 – 2 O 202/24).

Im zugrundeliegenden Fall veröffentlichte der Beklagte, ein YouTuber, dessen Kanal rund 190.000 Abonnenten hat, zwei satirische Videos, die mit einer KI-generierten Stimme unterlegt waren – einer Stimme, die stark an die von Manfred Lehmann, den Kläger, erinnerte. Manfred Lehmann ist ein deutscher Synchronsprecher, der u. a. die deutsche Synchronstimme von Bruce Willis, Gérard Depardieu und Kurt Russel spricht. Um Erlaubnis gefragt hatte der Beklagte den Kläger nicht. Das Video wurde vom Publikum damit kommentiert, es handele sich um Lehmanns Stimme bzw. die der Schauspieler.


Der Kläger sah darin eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts und forderte Unterlassung, Schadensersatz sowie die Erstattung seiner Anwaltskosten. Nachdem der Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, jedoch keine Zahlung leistete, ging der Kläger gerichtlich gegen den Beklagten vor.​​


Allgemeines Persönlichkeitsrecht schützt auch die Stimme

Das LG Berlin II entschied zugunsten des Klägers. Es stellte fest, dass auch eine KI-generierte Stimme, die einer bekannten Stimme stark ähnele, das Persönlichkeitsrecht verletzen könne– in Form des Rechts an der eigenen Stimme. Dieses erlaube es dem Rechtsinhaber, frei darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen seine Stimme den Geschäftsinteressen Dritter dienstbar gemacht werde.


Unerheblich sei hier, dass es sich nicht um „die“ Stimme des Klägers handele, sondern lediglich um eine KI-erzeugte Nachbildung. Dieser Fall sei aber nicht anders zu behandeln als der Fall der Nachahmung durch einen Stimmenimitator. Entscheidend war hier, dass ein erheblicher Teil des Publikums die Stimme dem Kläger zuordnet habe und dadurch der Eindruck entstanden sei, er selbst habe die Aufnahmen eingesprochen oder jedenfalls der Verwendung seiner Stimme zugestimmt. Die Nutzung der Stimme sei hier auch nicht als Satire ausnahmsweise zustimmungsfrei erlaubt. Satirisch sei lediglich der Inhalt der Videos, die Stimme selbst werde nicht satirisch verwendet. Vielmehr werde die Stimme des Klägers kommerziell genutzt, um die Attraktivität der Videos zu steigern und den Online-Shop des Beklagten zu bewerben, auf den am Ende der Videos jeweils verwiesen werde. Die kommerzielle Nutzung der Stimme stehe deshalb im Vordergrund. Das LG Berlin II sprach dem Kläger im Ergebnis die von ihm beanspruchte fiktive Lizenzgebühr in Höhe von 2.000 Euro pro Video sowie die Erstattung seiner außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.

 

Rechte-Clearing erforderlich

Die eigene Stimme ist Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und darf nicht ohne Zustimmung verwendet werden – auch nicht in künstlich nachgeahmter Form. Weiterhin wird die Stimme in Deutschland auch durch die Daten­schutzgrundverordnung (DSGVO) geschützt. Bei Stimmen handelt es sich um biometrische Daten und Gesundheitsdaten, welche nur im Ausnahmefall verarbeitet werden dürfen. Ein solcher Ausnahmefall liegt aber nicht vor, wenn die KI unbefugt Stimmen nutzt, um diese nachzuahmen.


Auch für KI-erzeugte Stimmen kann deshalb ein Rechte-Clearing, d. h. die Einholung von Nutzungsrechten, erforderlich sein. Insbesondere bei der kommerziellen Verwendung von KI-Stimmen, die mit bekannten Persönlichkeiten oder Stimmen assoziiert werden könnten, etwa  von Personen der Öffentlichkeit (z. B. Politiker, Schauspieler ) oder von Personen in wichtigen Unternehmenspositionen (z. B. Geschäftsführer, Vorstände) ist deshalb Vorsicht geboten.​

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