Verantwortung bei Rechtsverletzungen im Internet: Auch Domainregistrare haften bei Kenntnis

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veröffentlicht am 4. Januar 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Mariana Bauer und Daniela Jochim

  

Das Internet ist allgegenwärtig – sei es mit dem Handy, dem Computer oder Fernseher. Mit ständigem Zugriff auf WiFi und Netzwerke sind wir wahrscheinlich mehr als die Hälfte unserer Tageszeit online. Immerzu surfen, Musik hören, lernen, kommunizieren oder Gaming. Aber nicht immer wird an die Sicherheit der gerade benutzten Webseite gedacht und noch seltener daran, ob der Inhalt auf der Webseite legal ist, das heißt keine Rechte Dritter an Texten, Liedern, Marken oder anderen Objekten geistigen Eigentums verletzt.

 

  

  
  

    

Unterscheidung zwischen Domain und Website

Jede Website hat eine Domain – die Adresse im Internet. Es gibt viele verschiedene Domains: Top-Level-Domains (z.B. com, gov, org, de, london, photo), Second-Level-Domains – die Domain vor der Top-Level-Domain (z.B. or.at, avocat.fr), Third-Level-Domains – die Domain vor der Second-Level-Domain (z.B. forum.site.uk, photo.abc.com) – was als sogenannte Domain Name System (DNS) Hierarchie bezeichnet wird. Heute existieren Domains nicht nur in lateinischer Schrift, sondern auch in Kyrillisch, Chinesisch und Arabisch. Für jede Domain gibt es Regeln (für die Registrierung, Übertragung etc.), die sich je nach Landesrecht und zuständiger Behörde unterscheiden.

    

Die Domain ist als Internet-Adresse jedoch von der darunter geschalteten Website zu unterscheiden. Auf den Inhalt der jeweiligen Websites haben technische Dienstleister, die Domainregistrierungen anbieten (z.B. 1&1, United Domains etc.) – sogenannte Domain-Registrare – keinerlei Einfluss. Sie vermarkten lediglich die Vergabe der Domains, unter denen der Domain-Inhaber dann Content veröffentlicht.

   

Verantwortung für den Inhalt von Websites

Wer ist aber für den Inhalt auf der Website verantwortlich? Der Registrant einer Domain (das heißt der Besitzer einer Website/Domain, der meistens die Inhalte der Website verwaltet), der Registrar einer Domain (er bietet nur technische Dienstleistungen bezüglich Domainregistrierungen an), oder der Host-Provider (vermietet Server und gewährleistet einen störungsfreien Zugriff auf die Website)?

   

Der Bundesgerichtshof hat zu dieser Frage am 15. Oktober 2020 zu einem beispielhaften Streitfall geurteilt (Urteil Nr. I ZR 13/19) und bestätigte die Rechtsauffassung der  vorhergehenden Instanzen (LG Saarbrücken vom 30. August 2017 - 7 O 17/15 und  OLG Saarbrücken vom 19. Dezember 2018 – 1 U 128/17), dass all diesen Beteiligten eine gewisse Verantwortung zukommt. Insbesondere können sich auch Domain-Registrare nicht jeglicher Verantwortung entziehen.

  

Die Klägerin, Universal Music GmbH, ist Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an dem Musikalbum „Blurred Lines" des Künstlers Robin Thicke. Das Musikalbum wurde im August 2013 über www.h33t.com, eine der größten BitTorrent-Webseiten der Welt, illegal zum Herunterladen bereitgestellt. Der Domaininhaber war auf den Seychellen registriert und der Host-Provider in den Niederlanden. Die Klägerin wies den Registrar auf die Urheberrechtsverletzung hin und forderte ihn auf, sie zu beenden. Da der Beklagte den Aufforderungen nicht nachkam, ging die Klägerin vor Gericht.

  

Laut des Gerichts kann auch der Domain-Registrar unter bestimmten Umständen für das Fehlverhalten des Domaininhabers  haftbar gemacht werden. Der Registrar wirkt an der Konnektierung der Domain mit und übernimmt die administrative Abwicklung der Domainregistrierung. Deshalb wirkt er mittelbar an der Rechtsverletzung mit, obwohl er nicht selbst den illegalen Inhalt zur Verfügung stellt, so die Ansicht des Gerichts.

  

Der Registrar ist allerdings nicht verpflichtet, jede Webseite zu überwachen. Das ist faktisch auch unmöglich, da von Domain-Registraren sehr viele Domains mit verschiedenen Inhalten betreut werden. Die Domaininhaber haben zudem keine generelle Verpflichtung, dem Registrar gegenüber nachzuweisen, dass ihnen die Rechte auf den Content der Website tatsächlich zustehen.. Wenn aber der Registrar über klare Rechtsverletzungen informiert wurde, muss er schnell reagieren und die Beendigung der Verletzung ermöglichen, die streitgegenständliche Website prüfen und sie dann sperren.

  

Mit diesem Urteil bestätigt der BGH, dass die durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Haftung von Host-Providern grundsätzlich auch für Domain-Registrare gelten, da sie mit der Domain den Tatort für die Rechtsverletzungen bereitstellen.

    

Strategie bei Rechtsverfolgung entscheidend

Meistens sind Internet-Streitfälle kompliziert. Neben der Frage, gegen wen der Beteiligten man vorgehen kann, ist im Vorfeld zu klären, um welche Rechtsverletzung(en) es im konkreten Fall geht. Das zu empfehlende strategische Vorgehen bei Markenverletzungen kann sich beispielsweise von der Strategie bei Urheberrechtsverletzungen unterscheiden.

  

Darüber hinaus ist es erforderlich zu prüfen, welche Rechtsordnung gilt und vor welchen Gerichten welchen Landes man seine Rechte geltend machen kann. Da der Zugriff auf die Website von verschiedenen Ländern erfolgen kann, ist es wichtig zu identifizieren, ob die Website (lediglich) für Nutzer aus einem bestimmten Land gedacht ist, z.B. in welcher Sprache der Inhalt präsentiert wird und ob die Nutzer aus dem jeweiligen Land verstehen, wie sie den Inhalt nutzen können.

  

Schließlich spielt das „internationale Element" auch in tatsächlicher Hinsicht eine Rolle. In vielen Fällen befindet sich der Website-Inhaber mit illegalen Inhalten im Ausland. Deshalb kann es strategisch sinnvoll sein, gegen andere Verantwortliche vorzugehen (z.B. Registrar oder Host-Provider im jeweiligen Heimatland), um Rechtsverletzungen im Internet zu unterbinden. Das aktuelle Urteil des BGH zur Haftung der Domain-Registrare trägt diesem Aspekt insoweit Rechnung, als dass Registrare regelmäßig leichter „greifbar" sind als Personen, die die Anonymität des Internets gerne für ihre rechtswidrigen Machenschaften nutzen.

  

Obwohl die Rechtsverletzungen im Internet große Schäden verursachen, kann oft keine zeitnahe Entfernung der rechtswidrigen Inhalte erreicht werden, sei es aufgrund von verschiedenen Standorten der Parteien oder zeitlich langen Gerichtsprozessen. Internetplattformen reagieren sehr dynamisch, weshalb illegale Inhalte schnell auf anderen Webseiten zur Verfügung gestellt werden können.

  

Dennoch stehen Rechtsinhaber den Rechtsverletzungen im Internet nicht machtlos gegenüber. Die aktuelle höchstrichterliche Bestätigung, dass auch Registrare von Domains als mittelbare Verletzer haften und deshalb nach Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten handeln müssen, stärkt die Position von Rechtsinhabern. Sie haben nun einen weiteren Verantwortlichen, gegen den sie ihre Ansprüche geltend machen können.

   

Jedes Verfahren bei Internetstreitfällen ist spezifisch und hängt von verschiedenen Komponenten ab. Deshalb ist es für den Rechtsinhaber sehr wichtig, seine Strategie im Voraus gut zu planen, den richtigen Beklagten zu identifizieren und seine Ansprüche entsprechend den Anforderungen der jeweiligen Rechtslage korrekt zu formulieren.

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