Die Stiftung als Erbin – Pflichtteil, Vermächtnis und Gemeinnützigkeit im Spannungsfeld

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 26. Juli 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten
 

Viele Stifterinnen und Stifter möchten ihr Lebenswerk bewahren und zugleich Gutes tun. Die eigene Stiftung erscheint dafür ideal: testamentarisch als Alleinerbin eingesetzt, kann sie das Vermögen steuerbegünstigt und langfristig gemeinnützig verwenden. Doch dieser Weg ist mit rechtlichen Herausforderungen verbunden – insbesondere im Hinblick auf Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse und Verwaltungskosten.

 

 

Pflichtteilsansprüche: Konflikte vermeiden durch klare Gestaltung

Wird eine gemeinnützige Stiftung zur Erbin eingesetzt, ohne dass Pflichtteilsberechtigte – in der Regel Kinder, Ehegatten oder Eltern – bedacht oder ihre Ansprüche zu Lebzeiten geregelt wurden, drohen ernste rechtliche Konflikte. Pflichtteilsansprüche beruhen auf verfassungsrechtlich geschütztem Erbrecht (Art. 14 GG) und Familienschutz (Art. 6 GG) und sind in den §§ 2303 ff. BGB konkret geregelt. Ein Ausschluss durch Testament ist nicht möglich; nur ein notarieller Pflichtteilsverzicht zu Lebzeiten kann Ansprüche wirksam ausschlie­ßen. Andernfalls muss die Stiftung als Erbin die Pflichtteilsansprüche in Geld erfüllen – unabhängig von ihrer Liquidität. In der Praxis kommt es dann häufig zu langwierigen Streitigkeiten über Nachlassbewertungen, Schenkungen zu Lebzeiten und Pflichtteilsergänzungen. Solche Konflikte können die Handlungsfähigkeit der Stiftung auf Jahre hinaus blockieren.


Ein besonderes Risiko besteht, wenn der Nachlass aus illiquiden Vermögenswerten besteht – etwa Immobilien, Unternehmensanteilen oder Kunstwerken. Um Pflichtteilsansprüche zu bedienen, können Notveräußerungen erforderlich werden. Das führt nicht nur zum Verlust von Substanz, sondern kann die Stiftung bereits in ihrer Startphase erheblich schwächen.

 

Vermächtnisse: Belastung und gleichzeitig Gestaltungschance

Viele Stifterinnen und Stifter ordnen zusätzlich gezielte Vermächtnisse an: Zuwendungen an vertraute Menschen, die nicht zu den gesetzlichen Erben gehören. Diese können Geldbeträge, Immobilien oder Nutzungsrechte betreffen – etwa ein lebenslanges Wohnrecht. Für die Stiftung als Erbin stellen Vermächtnisse eine verbindliche Verpflichtung dar. Sie müssen erfüllt werden, auch dann, wenn der Nachlass nur geringe Liquidität aufweist. Besonders problematisch sind Sachvermächtnisse, da sie schwer zu bewerten sind, oft mit Folgekosten verbunden sind oder sogar den Stiftungszweck konterkarieren (z.B. denkmalgeschützte Immobilien). Richtig eingesetzt, sind Vermächtnisse jedoch auch ein potentes Gestaltungsinstrument und können familiäre Bindungen berücksichtigen, Pflichtteilsforderungen mindern oder steuerlich vorteilhafte Lösungen ermöglichen.


So lassen sich etwa durch Nießbrauch- oder Rentenvermächtnisse laufende Zahlungen vereinbaren, statt einmalige Auszahlungen zu erzwingen. Auch aufschiebende oder auflösende Bedingungen sind möglich, die die Stiftung entlasten können. Voraussetzung ist eine juristisch klare, wirtschaftlich realistische und transparent kommunizierte Gestaltung. Eine schlechte Planung führt hingegen schnell zu Überforderung, Misstrauen unter Beteiligten und zur Einschränkung des Stiftungszwecks. Gerade deshalb sollten Vermächtnisse frühzeitig in die Testamentsplanung einbezogen und unter anwaltlicher Begleitung ausgestaltet werden.

 

Übergangsphase: Was der Stiftung tatsächlich bleibt

Hinzu kommt die Unsicherheit der Übergangszeit zwischen Erbfall und Abschluss der Nachlassabwicklung. Erst wenn alle Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche sowie Nachlassverbindlichkeiten erfüllt sind, steht fest, welcher Vermögensbestand tatsächlich dem Stiftungsvermögen zugeführt werden kann. In dieser Phase ist der Handlungsspielraum vor allem junger Stiftungen häufig stark eingeschränkt.

 

Verwaltungskosten: Gemeinnützigkeit wahren trotz Belastung

Die Nachlassabwicklung verursacht meist erhebliche Verwaltungskosten: juristische Beratung, steuerliche Bewertung, ggf. gerichtliche Verfahren. Gemeinnützige Stiftungen unterliegen dabei dem Gebot sparsamer Mittelverwendung (§ 55 AO). Zwar existiert keine feste Obergrenze, doch die Finanzverwaltung setzt als Richtschnur einen Anteil von 20-25 Prozent​ der jährlichen Einnahmen an. Wird dieser Rahmen deutlich überschritten, droht langfristig die Gefährdung der Gemeinnützigkeit – insbesondere wenn der Stiftungszweck nicht mehr erfüllt wird. Entscheidend ist dabei die Angemessenheit im Einzelfall. Aufwendungen müssen ex ante sachgerecht geplant, dokumentiert und begründet sein. Eine Fehleinschätzung ist nicht automatisch schädlich, solange die Entscheidung nachvollziehbar und auf die langfristige Zweckverwirklichung ausgerichtet war.

 

Fazit: Wer rechtzeitig vorsorgt, stärkt die Stiftung für ihre Aufgaben

Wer eine gemeinnützige Stiftung wirksam als Erbin einsetzen will, braucht eine vorausschauende Planung: Pflichtteilsverzichte notariell regeln, Vermächtnisse klar gestalten und die Vermögensstruktur sinnvoll ordnen. Eine klug angeordnete Testamentsvollstreckung kann die Nachlassabwicklung erheblich erleichtern. Nur so kann die Stiftung ihr Potenzial entfalten und das Lebenswerk dauerhaft sichern.​

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