Zurechnungsbesteuerung für ausländische Familienstiftungen und Trusts

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 23. Mai 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten
 

Zurechnungsbesteuerung bei ausländischen Familienstiftungen: Der BFH erweitert den Anwendungsbereich der Ausnahme nach § 15 Abs. 6 AStG auch auf Drittstaaten wie die Schweiz oder USA. Was das für Begünstigte und Errichter mit Wohnsitz in Deutschland bedeutet und wann Einspruch sinnvoll ist, erfahren Sie hier. 

 

 

Die Zurechnungsbesteuerung für Familienstiftungen und Trusts​

Errichter und Begünstigte einer ausländischen Familienstiftung, die in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, sehen sich mit verschiedenen steuerrechtlichen Fragestellungen konfrontiert. Dazu zählt auch die Zurechnungsbesteuerung nach § 15 AStG. Auf Basis dieser Regelung werden dem Errichter bzw. den Begünstigten einer ausländischen Familienstiftung unter bestimmten Voraussetzungen die Einkünfte der Familienstiftung anteilig zugerechnet und unterliegen auf Ebene des Errichters bzw. des Begünstigten der Einkommensteuer – unabhängig davon, ob die Einkünfte aus der Familienstiftung zugeflossen sind (dry income).
 

Ausnahmeregelungen für EU-/EWR-Familienstiftungen 

Eine Ausnahme von der Zurechnungsbesteuerung besteht nach § 15 Abs. 6 AStG für ausländische Familienstiftungen, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
  • Die Familienstiftung hat ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums.
  • Es wird nachgewiesen, dass das Stiftungsvermögen den Errichter bzw. den Begünstigten rechtlich und tatsächlich entzogen ist.
  • Zwischen Deutschland und dem Staat, in dem die Familienstiftung Sitz oder Ort der Geschäftsleitung hat, werden  auf Grund der Amtshilferichtlinie gemäß § 2 Abs. 11 des EU-Amtshilfegesetzes oder einer vergleichbaren zwei- oder mehrseitigen Vereinbarung, Auskünfte erteilt, die erforderlich sind, um die Besteuerung durchzuführen.
 

Aktuelles BFH-Urteil erweitert Ausnahmeregelung für Familienstiftungen und Trusts in Drittstaaten

Die Ausnahmeregelung nach § 15 Abs. 6 AStG greift ihrem Wortlaut nach nicht für Familienstiftungen, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Drittstaat (z.B. der Schweiz oder USA) haben. Laut Bundesfinanzhof (BFH) verstößt die Beschränkung auf EU-/EWR-Staaten gegen die Kapitalverkehrsfreiheit und damit gegen EU-Recht (BFH v. 3. Dezember ​2024 – IX R  32/22). Da das EU-Recht Anwendungsvorrang vor den Regelungen des AStG hat, ist die Regelung des § 15 Abs. 6 AStG laut BFH im Wege der geltungserhaltenden Reduktion auch auf ausländische Familienstiftungen mit Sitz oder Geschäftsleitung in einem Drittstaat anzuwenden. Im Ergebnis hat der BFH den Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung (deutlich) erweitert.
 
Ferner hat der BFH klargestellt, dass die Frage, ob das Stiftungsvermögen den Errichter bzw. Begünstigten der Familienstiftung entzogen ist, allein auf Basis zivilrechtlicher Maßstäbe zu beantworten ist. Wirtschaftliche Maßstäbe sind bei der Beantwortung dieser Frage laut BFH nicht zu berücksichtigen.
 
Schließlich hat der BFH noch erklärt, dass zwischen Deutschland und dem Staat, in dem die ausländische Familienstiftung ihren Sitz bzw. Ort der Geschäftsleitung hat, eine sog. „große“ Auskunftsklausel in dem anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart sein muss, damit die Ausnahmeregelung des § 15 Abs. 6 AStG Anwendung findet. Dies ist bspw. im DBA mit der Schweiz oder USA der Fall. 
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Implikationen für die Praxis

Das BFH-Urteil erging in einem Fall von Begünstigten einer Familienstiftung mit Sitz und Geschäftsleitung in der Schweiz, die in Deutschland leben. Über den Anwendungsfall hinaus dürfte das Urteil insbesondere im Kontext von Common Law Trusts relevant sein, die unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland wie eine ausländische Familienstiftung behandelt werden. Begünstigte von ausländischen Familienstiftungen oder Trusts sollten daher prüfen lassen, ob die neue BFH-Rechtsprechung Auswirkung auf ihre Besteuerung haben könnte. Bisher hat sich die Finanzverwaltung noch nicht dazu geäußert, wie sie mit dem Urteil umgehen wird. Wir empfehlen in den betroffenen Fällen, sich auf das Urteil des BFH zu berufen und bei Nichtanerkennung der Finanzverwaltung, Einspruch einzulegen.​
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