China regelt Beschwerden ausländisch investierter Unternehmen neu

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veröffentlicht am 16. November 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Christina Gigler

  

Am 25. August 2020 hat das Handelsministerium der Volksrepublik China („MOFCOM") die „Rules on Handling Complaints of Foreign-Invested Enterprises" („Regeln") herausgegeben, die seit dem 1. Oktober 2020 in Kraft sind und die fast 15 Jahre andauernden „Interim Rules of the Ministry of Commerce on Complaints of Foreign-Invested Enterprises" („Übergangsregeln“) aufheben sollen.

  

   
Die nun geltenden Regeln basieren auf Art. 26 des „Foreign Investment Law of the People's Republic of China" („FIL"), der besagt, dass der Staat ein Beschwerdesystem für ausländisch investierte Unternehmen einrichtet, von ausländisch investierten Unternehmen oder ihren Investoren gemeldete Probleme unverzüglich behandelt und die einschlägigen Politiken und Maßnahmen koordiniert und verbessert werden.

Das FIL stellt auch klar, dass ein ausländisch investiertes Unternehmen oder seine Investoren, wenn es der Ansicht ist, dass die Verwaltungsakte eines Verwaltungsorgans oder dessen Mitarbeiter seine legitimen Rechte und Interessen verletzen, nicht nur eine Lösung über das Beschwerdesystem, sondern auch eine administrative Überprüfung beantragen oder eine Verwaltungsklage einreichen kann. Mit den neuen Regeln soll das Beschwerdesystem für ausländische Investitionen im Vergleich zum früheren System, das ausschließlich auf den Übergangsregeln beruhte, verbessert werden.
  

Vergleich mit der bisherigen Rechtslage

Im Allgemeinen sind die neuen Regeln umfassender und verständlicher, insbesondere in Bezug auf das Verfahren sowie die Zuständigkeiten und Kompetenzen der Beschwerdestellen. Außerdem wird der Anwendungsbereich des Beschwerdesystems klarer definiert, indem die Regeln festlegen, dass ausländisch investierte Unternehmen und ausländische Investoren bei den Beschwerdestellen Lösungen für ihre legitimen Rechte und Interessen beantragen können. Insbesondere dann, wenn diese Rechte und Interessen durch Verwaltungsakte von Verwaltungsbehörden (einschließlich Organisationen, die durch Gesetze und Verordnungen zur Verwaltung öffentlicher Angelegenheiten ermächtigt sind) und ihren Mitarbeitern verletzt werden. Außerdem werden ausländisch investierte Unternehmen oder Investoren durch die Regeln in die Lage versetzt, den Beschwerdestellen Probleme im Investitionsumfeld zu melden und Vorschläge zur Verbesserung der einschlägigen Politik und Maßnahmen zu unterbreiten.

Eine größere Klarheit des Geltungsbereichs wird ferner durch die Formulierung gewährleistet, dass die in den Regeln genannten Beschwerden keine Anträge von ausländisch investierten Unternehmen oder ausländischen Investoren auf Koordinierung zur Beilegung zivil- und handelsrechtlicher Streitigkeiten mit anderen natürlichen Personen, juristischen Personen oder anderen Organisationen umfassen. Es wird nun genau festgelegt, dass Handelskammern und andere Verbände Probleme im Investitionsumfeld, die von ihren Mitgliedern vorgebracht werden, einreichen können.  Darüber hinaus ist in den neuen Regeln festgelegt, dass zusätzlich zum Nationalen Zentrum für Beschwerden von ausländisch investierten Unternehmen und den Beschwerdestellen auf lokaler Ebene ein interministerielles System gemeinsamer Sitzungen als nationaler Koordinator und oberstes Aufsichtsorgan eingerichtet wird.

Zudem wird klar festgelegt, dass ein Beschwerdeführer andere mit der Beschwerde betrauen kann. In diesem Fall sind der Beschwerdestelle zusätzlich zu den üblichen Unterlagen auch der Identitätsnachweis des Beschwerdeführers, die vom Beschwerdeführer ausgestellte Vollmacht und der Identitätsnachweis der beauftragten Partei vorzulegen. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass bestimmte Fristen im Vergleich zu den Übergangsregeln verlängert wurden. Bspw. wird die Frist für den Abschluss des Beschwerdebearbeitungsprozesses von 30 Arbeitstagen auf 60 Arbeitstage nach Annahme der Beschwerde verlängert. Bei Beschwerden, an denen mehrere Abteilungen beteiligt sind oder die komplizierte Angelegenheiten betreffen, kann die Frist gegebenenfalls sogar noch weiter verlängert werden. Das kann mit der Frist für die Anwendung der administrativen Überprüfung kollidieren, da sie auch innerhalb von 60 Tagen ab dem Datum gilt, an dem der Antragsteller Kenntnis von dem Verwaltungsakt erlangt, der seine rechtmäßigen Rechte oder Interessen verletzt hat.

Ein positives Signal der neuen Regeln ist, dass sie nicht nur den Schutz von Geschäftsgeheimnissen des Beschwerdeführers vorsehen, sondern auch von persönlichen Daten, die während der Bearbeitung der Beschwerde erlangt wurden. In Übereinstimmung mit Art. 10 Abs. 2 der neuen Regeln wurde eine Liste der zuständigen Beschwerdestellen in verschiedenen Provinzen/Städten mit der Bezeichnung „Nationales Verzeichnis der Beschwerdestellen für ausländisch investierte Unternehmen" veröffentlicht, die detaillierte Kontaktinformationen wie Adresse, E-Mail, Ansprechpartner und Telefonnummer der zuständigen Beschwerdestelle enthält. Darüber hinaus wird in den Zusatzbestimmungen am Ende der Regeln klargestellt, dass die Behandlung von Beschwerden von Unternehmen, die von Investoren aus den Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao, der Region Taiwan und von chinesischen Staatsbürgern mit Wohnsitz im Ausland investiert wurden, sich ebenfalls auf die neuen Regeln berufen können.
   

Ausblick

Kurz gesagt, die neuen Regeln verbessern und spezifizieren das Verfahren und stärken den Schutz der Rechte und Interessen der Beschwerdeführer. Zusammen mit den neuen Richtlinien des Nationalen Zentrums für Beschwerden von ausländisch investierten Unternehmen, die am 30. September 2020 vom MOFCOM veröffentlicht wurden, haben die neuen Regeln das Potenzial, dass ausländisch investierte Unternehmen schneller und einfacher Rat bei den Behörden einholen können, da keine umfangreichen Dokumente (wie in Gerichtsverfahren) erforderlich sind.

Es wird sich zeigen, inwieweit das verbesserte Beschwerdesystem in der Praxis tatsächlich genutzt wird und ob es langfristige Vorteile für ausländisch investierte Unternehmen bringt. Wie üblich hängt die Bedeutung einer Reform am Ende von ihrer praktischen Umsetzung ab. In jedem Fall zeigen die neuen Regeln, dass die Regierung bei der Überarbeitung oder Verbesserung ihrer Politik in Bezug auf ausländische Investitionen einen stärkeren Bottom-up-Ansatz verfolgt. Der Erfolg des Systems wird jedoch auch davon abhängen, ob die Regierung bereit ist, entsprechend zu handeln.

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