Vendor Due Diligence: Vorteile einer Prüfung des eigenen Unternehmens

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zuletzt aktualisiert am 7. Juli 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten




Die Interessenlage beim Verkauf eines Unternehmens

Möchte ein Verkäufer sein Unternehmen verkaufen, hat er damit zu rechnen, dass der potenzielle Käufer eine Due Diligence vornimmt, um das Unternehmen „auf Herz und Nieren” zu prüfen. In dem Zusammenhang und im Kontext eines Kaufvertrags wird der Käufer eine umfassende Aufklärung durch den Verkäufer erwarten. Der Verkäufer wiederum haftet für die aufgeklärten sowie auch für verschwiegene Tatsachen, die er dem Käufer hätte mitteilen müssen. Deswegen kann es für den Verkäufer vorteilhaft sein, wenn er im Vorfeld eine eigene Due Diligence durchführt und somit die Schwachstellen und Probleme seines Unternehmens kennt. Er kann sie dann entweder beseitigen und dadurch den Kaufgegenstand für einen Käufer attraktiver machen oder  sie dem Käufer nur mitteilen, um eine drohende Haftung zu umgehen. Der Artikel soll darstellen, worum es sich bei einer Vendor Due Diligence (VDD) handelt und ob sie tatsächlich ein zu empfehlendes Mittel ist, um eine Enthaftung zu erreichen.


Ablauf einer VDD

Der Verkäufer führt eine eigene Due Diligence mit seinen Beratern durch, bevor ein potenzieller Käufer in die Verhandlungen einsteigt bzw. das Unternehmen auf dem Markt angeboten wird. Je nach Umfang der VDD wird in einem sog. „Vendor Due Diligence–Bericht” die rechtliche, steuerliche und finanzielle Situation sowie Einschätzung von rechtlichen und finanziellen Risiken vorgenommen und dem Verkäufer vorgelegt. Der Ver­käufer kann sich jedoch auch auf ein Legal, Tax bzw. Financial Fact Book beschränken, in dem nur deskrip­tiv die Tatsachen über das zu verkaufende Unternehmen dargestellt werden.

Der Bericht selbst mit den Ergebnissen der VDD wird dem Käufer aufgrund der vielen sensiblen Informationen und rechtlichen bzw. ökonomischen Würdigungen von Risiken i.d.R. nicht vorgelegt. Das Fact Book kann dem Käufer dagegen zur Verfügung gestellt werden. Meist wird keine Haftungszusage (Reliance) erteilt, sodass insbesondere die Berater des Verkäufers für den Inhalt des Berichts bzw. des Fact Books nicht gegenüber dem Käufer oder den finanzierenden Banken haften wollen. Zur Absicherung, d.h. um nicht für den Inhalt des Fact Books zu haften, wird das Fact Book nur mit einem sog. „Non-Reliance Letter” an den Käufer übergeben. Soll die Haftung durch die Berater zugesagt werden, wird ein sog. „Reliance Letter” zusammen mit dem Fact Book übergeben. In ihm werden meist der Haftungsumfang durch eine Festlegung des Auftragsumfangs, die Beschränkung der Aussagen bis zu einem gewissen Stichtag und durch die Vereinbarung von Haftungshöchst­grenzen begrenzt. Die Berater haften in dem Fall ggf. bis zur vereinbarten Haftungshöchstgrenze.


Befunde aufgrund der VDD

Durch eine VDD können Risiken und Mängel festgestellt werden, wobei die sog. „Findings” von den Beratern meist auch gleich anhand des Risikogrades bzw. der Schwere des Problems gewichtet werden können. Solche Findings können u.a. sein:

  • Unwirksame oder fehlerhafte gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, z.B. Kapitalmaßnahmen oder Anteilsübertragungen;
  • Unwirksam befristete Mietverträge, z.B. aufgrund von Schriftformverstößen;
  • Fehlende Lizenzen oder Genehmigungen zur Führung des Geschäftsbetriebs;
  • Darstellung von zu bereinigenden Sachverhalten aus der Vergangenheit, die sich auf die kaufpreisrelevanten Themen wie EBITDA, Net Debt und Working Capital auswirken, wie Intercompany Beziehungen, die ggfs. nach der Transaktion nicht mehr bestehen (Produktionsstandorte, Vertriebsgesellschaften im In- und Ausland sowie wesentliche Betriebsimmobilien oder Produktionsanlagen);
  • Auswirkungen von Rechtsstreitigkeiten auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage;
  • Wegfall von Hauptkunden und/oder -lieferanten bei Gesellschafterwechsel.


Auf dieser Basis kann der Verkäufer entscheiden, welche potenziellen „Deal Breaker” es gibt, was zu heilen ist und welche Risiken aufgrund ihres geringen Risikos eher unbeachtlich sind.


Vorteile einer VDD

Die VDD verschafft dem Verkäufer einen umfassenden Überblick über sein Unternehmen und über die vorhandenen „Schwachpunkte”, die bei der Käufer-Due Diligence aufgegriffen werden könnten.

Ferner bringt die VDD dem Verkäufer folgende Vorteile:

  • Keine strukturelle Unterlegenheit gegenüber dem Käufer wegen eines Wissensvorsprungs des Käufers;
  • Der VDD-Bericht bzw. ein sog. Fact Book, das das Unternehmen deskriptiv beschreibt, kann dem Käufer besondere oder hochkomplexe Sachverhalte offenlegen und dadurch dem Käufer verständlich machen;
  • Die Transaktionsdauer wird verkürzt, da der Käufer für seine eigene Due Diligence weniger Zeit braucht;
  • Es kann sogar ggf. eine Käufer-Due Diligence gänzlich entfallen, wenn der Verkäufer dem Käufer den VDD-Bericht zur Verfügung stellt und die Berater des Verkäufers für den Inhalt einen Reliance Letter ausstellen, womit seine Berater für den Inhalt haften. Dann kann der Käufer nämlich anhand des Berichts eine unternehmerische Entscheidung (Business Judgement Rule) treffen und bedarf keiner eigenen Due Diligence mehr.

  

Fazit

Es kann festgehalten werden, dass folgende Hauptargumente für eine VDD sprechen: die Möglichkeit der späteren Verhandlungen auf Augenhöhe sowie eine Verkürzung des Verkaufsprozesses. Dem Verkäufer ist aus den Gründen eine VDD vor Verkauf des Unternehmens anzuraten.

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Dr. Alexandra Giering

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