Das Gesetz über erneuerbare Energiequellen in Polen – ein Kurzüberblick

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​Nach über drei Jahren legislatorischer Arbeit hat der Präsident der Republik Polen am 11. März 2015 das Gesetz über erneuerbare Energiequellen (weiter auch EEG-PL genannt) unterzeichnet. Das Gesetz wird 30 Tagen nach Bekanntmachung in Kraft treten, wobei einige Vorschriften, darunter der komplette Abschnitt über das neue Unterstützungsmodell, erst später wirksam werden. Dieser Artikel soll einen ersten Überblick verschaffen und einige Grundinformationen im Ist/Wird-Modus und nicht wie üblich im Soll-Modus liefern.

 

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das Gesetz über erneuerbare Energiequellen keineswegs für einen Boom der Erneuerbaren Energien in Polen sorgen. Das Ziel der eingeführten Unterstützungsmechanismen ist es, die Verpflichtungen gegenüber der EU im Hinblick auf den prozentualen Anteil der Erneuerbaren Energien am gesamten Energieverbrauch einzuhalten. Zusätzlich soll die Förderung möglichst wenig kosten.

 

Feed-in-Tarife nur für die kleinsten Stromerzeuger

Der Entwurf des EEG-PL in der Fassung vom 9. Oktober 2012 (Version 2.0.2.) sah vor, dass kleinere EE-Anlagen (Biogasanlagen mit einer Nennleistung bis 200 kW, Wind- und PV-Anlagen bis 100 kW) eine technologieabhängige Einspeisevergütung erhalten. Die Einspeisevergütung sollte z.B. bei kleineren PV-Dachanlagen üppige 1300 PLN/MWh betragen. Im September 2013 kam es jedoch zu einem kompletten Konzeptionsumschwung, und zwar dergestalt, dass laut neuem Entwurf die kleineren Betreiber zum Selbstverbrauch der produzierten Energie gezwungen werden sollten, indem sie den überschüssigen Strom für nur 80 Prozent des Stromdurchschnittspreises, also ungefähr 150 PLN/MWh, verkaufen sollten. Dieser radikale Wechselkurs wurde bis zum Ende weitgehend fortgeführt – mit einer Ausnahme: Dem großen Koalitionspartner zum Trotz haben die kleinere Koalitionspartei PSL und die gesamte Opposition eine Regelung durchgekämpft, die nun den kleinsten EE-Produzenten eine Einspeisevergütung gewährt. Zwar wurde der Kreis der potenziellen Anlagen, die in den Genuss der Einspeisevergütung kommen, deutlich verringert – die Einspeisetarife gelten jetzt nur für Anlagen bis 10 kWp, doch bedeutet dies einen großen Schritt in Richtung der dezentralen Stromerzeugung in Polen. Den größeren Anlagen bleibt entweder Teilnahme an einer Ausschreibung (nachfolgend Auktion oder Ausschreibung genannt), um die Förderungshöhe zu ermitteln oder aber Eigenverbrauch mit Verkauf des Stromüberschusses für 100 Prozent des durchschnittlichen Strompreises. Gemäß dem EEG-PL wird die Einspeisevergütung für zwei Anlagengrößen gelten: Anlagen bis 3 kWp und Anlagen zwischen 3 und 10 kWp. Bei Anlagen bis 3 kWp ist die Unterstützung nur für Wasserkraftwerke, Windkraft (onshore) und Photovoltaik vorgesehen und wird 0,75 PLN (ungefähr 0,18 EUR) je kWh betragen. Diese Einspeisevergütung soll so lange gelten, bis die gesamte Anzahl von Anlagen, die das FiT-System erfasst, die Grenze von 300 MW erreicht, oder aber wenn der Wirtschaftsminister die Vergütung per Verordnung ändert. Die Änderung der Einspeisetarife per Verordnung soll dann eingreifen, wenn sich die staatliche Energiepolitik ändert oder die Gestehungskosten im Hinblick auf die eingesetzte Technologie fallen – so will man die Überförderung vermeiden.
 
Eine analoge Vorschrift zu den oben genannten Kleinstanlagen bis 3 kWp gilt für die Anlagen zwischen 3 bis 10 kWp. Anwendungsbereich ist in diesem Segment aber breiter. In den Genuss der FiT kommen zusätzlich Biogasanlagen; der Ausbaudeckel beträgt 500 MW. Die Tarife gestalten sich wie folgt:
 
  • landwirtschaftliches Biogas: 0,70 PLN/kWh
  • Biogas aus Mülldeponien: 0,55 PLN/kWh
  • Biogas aus Kläranlagen: 0,45 PLN/kWh
  • Wasserkraftanlagen: 0,65 PLN/kWh
  • Windkraftanlagen (onshore): 0,65 PLN/kWh
  • PV-Anlagen: 0,65 PLN/kWh
 
Es ist insoweit aber zu betonen, dass infolge der hektischen Gesetzgebung zur Einführung der FiT die Auslegung der Vorschriften über die Höhe der Vergütung in dem 15-jährigen Zeithorizont nicht eindeutig ist. Mit Blick auf den Sinn und Zweck der Vorschriften ist anzunehmen, dass die Höhe des Einspeisetarifs, welche der einzelne EE-Anlagenbetreiber erhält, für ihn 15 Jahre lang unverändert bleibt. Das entspricht auch dem allgemeinen Verständnis dieser Vergütungsform. Die Lektüre der Vorschriften lässt allerdings auch eine andere Auslegung zu, denn nach Art. 41 Abs. 12 des EEG-PL sollen die Einspeisetarife so lange gelten, bis der Deckel von 300 MW erreicht wird oder der Wirtschaftsminister die Tarife ändert. Es fehlt ein klärender Satz, der besagen würde, dass die Änderung der Tarife keinen Einfluss auf jene Betreiber haben wird, die ihren überschüssigen Strom bereits verkaufen. Dieses und einige weitere Probleme bezüglich der Einspeisevergütung hat das Wirtschaftsministerium erkannt und plant schon eine erste Novellierung des Gesetzes, obwohl dieses noch gar nicht in Kraft getreten ist.
 

Das Auktionssystem

Das Auktionssystem ist im Vergleich zu den im letzten Jahr präsentierten Entwürfen des EEG-PL in dem verabschiedeten Gesetz praktisch unverändert geblieben. Nach Art. 210 EEG-PL wird der Termin der ersten Auktion spätestens 90 Tage nach dem Inkrafttreten der Vorschriften über das neue Unterstützungsmodell (1. Januar 2016) bekannt gegeben, also Ende März 2016. Da die Auktionen nicht später als 30 Tage nach der Bekanntgabe beginnen können, werden die ersten Auktionen/Ausschreibungen in Polen bis Ende April 2016 durchgeführt sein.
 
Viele Einzelheiten zur Durchführung und zu technischen Anforderungen für die Teilnahme fehlen noch; sie werden in eine sogenannten Auktionsordnung veröffentlicht. Fest steht, dass zu der Teilnahme nur diese Bewerber zugelassen werden, die eine Kaution hinterlegen 30 PLN je kW der installierten (oder zu installierenden) Nennleistung der Anlage. Falls der Bietende die Auktion nicht gewinnt, erhält er die eingezahlte Kaution innerhalb von 14 Tagen ab Auktionsende zurück. Zusätzlich müssen die Bewerber eine entsprechende Bescheinigung über die Erfüllung der Vorklassifizierungskriterien vorweisen, denn an den Auktionen dürfen ausschließlich baureife Projekte teilnehmen. Aus diesem Grund muss der potenzielle Bieter zum einen die Anschlussbedingungen von dem Netzbetreiber erhalten oder bereits den Anschlussvertrag mit ihm unterzeichnet haben, zum anderen hat er eine rechtskräftige Baugenehmigung vorzuweisen.
 
Das Angebot muss vor allem Folgendes beinhalten: die Menge der Energie (in MWh), welche der Bieter während der gesamten Förderdauer zu erzeugen bereit ist sowie den Preis pro MWh. Das abgegebene Angebot ist für andere Auktionsteilnehmer nicht sichtbar und zudem unwiderruflich. Die Gewinner haben 48 Monate Zeit (PV-Anlagen 24 Monate und Offshore-Windanlagen 72 Monate), um mit der Stromherstellung in ihren Anlagen zu beginnen.
 
Für bestehende Anlagen werden separate Auktionen durchgeführt, sodass die Betreiber, die aktuell in Form fixer Strompreise plus grüner Zertifikate vergütet werden, auch an den Auktionen teilnehmen können. Bei neuen Projekten wird die Förderdauer 15 Jahre betragen, ab dem Beginn des Stromverkaufs, jedoch nicht länger als bis 2035. Für die bestehenden Anlagen wird die Förderdauer ebenfalls 15 Jahre betragen, wobei hier für den Förderbeginn die Inbetriebnahme der Anlage maßgebend ist.
 
Für die Bieter sind die sogenannten Referenzpreise von entscheidender Bedeutung. Die Referenzpreise sind maximale Preise, zu denen auf den Auktionen die Energie eingekauft werden kann. Die Bieter, deren Angebote diese Preise übersteigen, verlieren automatisch die Auktion. Die Referenzpreise legt der Wirtschaftsminister in einer Verordnung spätestens 60 Tage ab Beginn der Auktion fest und gibt sie bekannt. Bis Ende Februar 2016, vor den ersten Auktionen, müssen die Referenzpreise bekannt gegeben sein. Sie werden für jede Technologieart – differenziert nach der Größe der Anlagen – gesondert festgelegt. Folglich werden für Strom aus Windanlagen bis 1 MW andere Referenzpreise gelten als für Strom aus Windanlagen über 1 MW und wiederum andere als für Strom aus PV-Anlagen bis 1 MW bzw. über 1 MW. Die Technologien werden in den Auktionen miteinander konkurrieren. Es wird aber separate Ausschreibungen für Anlagen bis 1 MW und Anlagen über 1 MW geben.
 
Für die Auktionsteilnehmer wird auch die Information über die Gesamtmenge grünen Stroms, die der Staat während der Auktionen einkaufen kann, von essenzieller Bedeutung sein. Denn je größer das Kontingent der käuflichen Energie sein wird, desto höher werden die Chancen für die Teilnehmer sein, die Ausschreibungen zu gewinnen, selbst wenn das Angebot nahe am Referenzpreis liegen wird. Für volative EE-Anlagen (das Gesetz beschreibt sie als Anlagen mit einer Effizienz < 4.000 MWh pro MW der installierten Nennleistung im Jahr) wird die Strommenge, die Gegenstand der Auktion sein soll, für Anlagen über 1 MW Nennleistung bis zum 31. Mai 2015 und für Anlagen bis 1 MW Nennleistung bis zum 15. Juni 2015 bekannt gegeben.
 
Das Wirtschaftsministerium hat bereits Entwürfe von zwei Verordnungen veröffentlich, in welchen die Menge der Energie bestimmt wurde, welche Gegenstand der Ausschreibungen sein soll und auch der Wert der Energie, die vom Staat in der Ausschreibungen eingekauft werden soll. Es ist somit geplant, dass in 2016 Gegenstand der Ausschreibung für Anlagen über 1 MW Nennleistung, Energiegesamtmenge von 50.449.950 MWh sein soll, darunter sollen 30.907.350 MWh von volativen EE-Anlagen eingekauft werden. Der Wert der Energie, die den Gegenstand der Auktion bildet wurde auf 18.201.331.716 PLN beziffert. Der Quotient des Energiewertes durch die Energiemenge ergibt einen Preis, für welchen der Staat bereit wird, die grüne Energie in den großen EE-Anlagen einzukaufen, ungefähr 360,00 PLN pro MWh.

Die Energiemenge, die Gegenstand der Ausschreibung für kleine Anlagen (bis 1 MW) sein soll, beziffert das Wirtschaftsministerium für 12 612 488 MWh, bei dem Gesamtwert von 5.927 933.456 PLN. Es ist somit davon auszugehen, dass der Staat für die Unterstützung der kleineren EE-Anlagen 470 PLN/MWh bereit ist auszugeben.

Die oben ermittelten Energiepreise werden noch durch die Referenzpreise je nach Technologie entsprechend modifiziert, die entsprechende Verordnung fehlt aber noch.
 

Übergangsvorschriften, Sicherheit für die Bestandsanlagen

Das neue Unterstützungsmodell tritt definitiv am 1. Januar 2016 in Kraft. Alle Anlagen, die bis dahin in Betrieb genommen werden, bleiben in dem „alten” Quotensystem, und zwar 15 Jahre lang seit/ab dem Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme. Die bestehenden Anlagen zählen zu den Gewinnern des neuen Rechts, denn sie bekommen jetzt eine Garantie, dass die Unterstützungsdauer tatsächlich 15 Jahre betragen wird. Kein Rechtsakt regelte bislang, wie lange den EE-Anlagen-Betreibern die Unterstützung in Form von Herkunftszertifikaten und fixem Stromeinkaufspreis überhaupt zusteht. Nur eine Verordnung, die u.a. die Grundsätze der Einholung und Aufhebung von Herkunftszertifikaten, die Entrichtung der Ausgleichsausgabe sowie den Erwerb von Strom aus erneuerbaren Energiequellen regelte, gab einen zeitlichen Horizont, der sich aber nur auf ein paar Jahre erstreckte. Das EEG-PL verschafft mit der eindeutigen Vorschrift des Art. 44 Abs. 5 erst jetzt Klarheit.
 
Auch wenn das Gesetz vielen Erwartungen nicht gerecht werden konnte, so ist es für Investoren doch ein Meilenstein und führt solide Rahmenbedingungen für Erneuerbare Energien in Polen ein.

 

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