Agieren ist besser als reagieren

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Kündigt der Betriebsprüfer seinen Besuch an, ist es für Korrekturen zu spät. Seit eine Selbstanzeige, die erst nach Bekanntgabe der Betriebsprüfung erfolgt, nicht mehr strafbefreiend wirkt, sollten Unternehmer rechtzeitig sicherstellen, dass sie dem Finanzamt überzeugende Aufzeichnungen präsentieren können. Aktuelle Hingucker bei der Betriebsprüfung sind die Kassenbestände, die geschäftlichen und privaten Ausgaben und die Beraterverträge.
 
Die gute Nachricht: „Die Unternehmer haben es in der Hand, ob sie die Ankündigung der Betriebsprüfung in Panik versetzt oder nicht”, sagt Rechtsanwältin Ulrike Grube, Partnerin von Rödl & Partner in Nürnberg. Mit einem frühzeitigen Check ihrer Finanzdaten können sie leicht prüfen, ob die Buchhaltung in Ordnung ist, oder ob sie im schlimmsten Fall Anlass gibt zu Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung.
 

Hingucker Eins: die Kassenbestände.  

Ganz oben auf der Prüfungsagenda der Betriebsprüfer stehen die Kassenbestände. Aufpassen heißt es hier für alle Unternehmen und Unternehmensbereiche, wo Bargeld über die Theke geht: im Verkauf, im Einzelhandel, etwa beim Bäcker oder beim Metzger, in Fitnessstudios oder in der Gastronomie. Die Fachverkäuferin muss nur vergessen, die Buttersemmel einzubongen, schon ist die Dokumentation fehlerhaft. Häufen sich Fehlbuchungen dieser Art, ist Gefahr im Verzug. Sobald ein Betriebsprüfer anhand der Kassenaufzeichnungen nicht mehr nachvollziehen kann, ob Umsatz und Ergebnis plausibel sind, kann er die Ordnungsmäßigkeit der gesamten Buchführung infrage stellen. Hat der Unternehmer - der Bäcker, der Gastwirt oder der Fitnessstudiobetreiber – nicht alle Vorgänge ordnungsgemäß gebucht, entsteht der Verdacht, dass höhere Umsätze gemacht wurden, als dokumentiert worden sind.
Die Folge: Das Finanzamt schätzt den mutmaßlichen Mehrumsatz im Wege der Hinzuschätzung. Dabei addiert es entweder Beträge, die sich prozentual am Umsatz orientieren oder es schätzt einen Pauschalbetrag. „Bei einem Prüfungszeitraum von mehreren Jahren summieren sich die nachzuzahlenden Steuern rasch auf mehrere 1000 Euro im Jahr. Dies kann ein Unternehmen schnell in Zahlungsschwierigkeiten bringen”, sagt Steuerexpertin Grube. Um dem vorzubeugen, sollten Unternehmen größte Sorgfalt darauf verwenden, Belege und Quittungen zu sammeln, sowie Ein- und Auszahlungen umfassend zu dokumentieren.
 

Hingucker Zwei: die privaten und geschäftlichen Ausgaben

Ein weiterer Hingucker für die Betriebsprüfer sind die privaten und geschäftlichen Ausgaben: Was wurde privat ausgegeben, stellt also eine Privatentnahme dar? Welche Ausgabe ist geschäftlich veranlasst und stellt eine steuermindernde Betriebsausgabe dar? Hier sauber zu trennen, ist unerlässlich, wenn der Unternehmer kein Steuerstrafverfahren riskieren möchte. Stößt der Betriebsprüfer auf Anhaltspunkte, dass eine als Geschäftsausgabe deklarierte Ausgabe in Wahrheit privat veranlasst war, kann er jederzeit ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung einleiten (§ 152 Abs. 2 StPO). Auf dem Prüfstand stehen alle möglichen Arten von Ausgaben: von den Reisespesen über die Bewirtungsaufwendungen bis hin zu den Kosten für Instandhaltung oder Modernisierung. Vorsorge zu treffen, heißt, säuberlich zu trennen zwischen privat veranlassten Ausgaben und Geschäftsausgaben.

 

Hingucker Drei: die Beraterverträge

Auch bei den Beraterverträgen sehen Betriebsprüfer gerne genau hin. Ob innerhalb Deutschlands oder über internationale Grenzen hinweg, ob Kauf einer einzelnen Maschine oder Anbahnung eines ganzen Joint Ventures – am Zustandekommen vieler Geschäfte sind externe Vermittler beteiligt. Die Makler, Agenten oder Vermittler machen Lobbyarbeit, stellen Kontakte her oder begleiten Geschäftsessen. Die Gefahr bei der Betriebsprüfung liegt auf der Hand: Außenstehende können Sinn und Zweck der Tätigkeit – und damit die Plausibilität der Honorarrechnung – oft nur schwer nachvollziehen. Stellen die Vermittler dann auch noch glatte Beträge in Rechnung, schrillen beim Betriebsprüfen die Alarmglocken. Ist eine bestimmte Summe, etwa 15.000 Euro für die Vermittlung eines Kontakts, die Bezahlung für ehrliche Vermittlertätigkeit? Oder ist das Honorar nichts weiter als ein gut kaschiertes Bestechungsgeld?
Hier ist das Unternehmen gefordert, das Finanzamt zu überzeugen. „Unternehmen, die den Verdacht von Bestechung von vornherein verhindern möchten, müssen nachweisen, dass der Berater sein Geld auch wirklich verdient hat”, erläutert Ulrike Grube. Dazu dienen Tätigkeitsberichte, Dolmetscherrechnungen, Kompetenznachweise, Geschäftsunterlagen oder Präsentationen des Beraters und Zeitaufschreibungen.
 

Proaktiv handeln mit guter Vorbereitung der Betriebsprüfung

In allen drei Prüfungsbereichen sollten Finanzbuchhalter vorsorgen und Unregelmäßigkeiten beseitigen, bevor der Betriebsprüfer kommt. Hat sich der Prüfer bereits angekündigt, ist es für eine Nacherklärung zu spät. „Früher flatterte die Anordnung der Betriebsprüfung auf den Tisch, dann hatte die Buchhaltung Zeit, Ungenauigkeiten glatt zu ziehen”, sagt Steuerexpertin Grube. Seit 2012 ist ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung die Selbstanzeige ausgeschlossen. Daher ist proaktives Handeln gefordert.
 
Das gilt besonders, wenn das Unternehmen schon einmal geprüft wurde. Dann sollten die Auffälligkeiten der letzten Betriebsprüfung auch für die Zukunft beherzigt werden. „Nach der letzten Betriebsprüfung ist vor der nächsten Betriebsprüfung”, warnt Grube. Das bedeutet: Hat der Betriebsprüfer bei der letzten Betriebsprüfung Versäumnisse für einen bestimmten Zeitraum moniert, sollte das betroffene Unternehmen das Fehlverhalten auch für den Folgezeitraum abstellen.
Beim zweiten Mal gebe es es keinen Verhandlungsspielraum, so Grube. Dann leitet das Finanzamt sofort das Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung ein.
 
Wichtig: Noch immer sind nicht alle Unternehmen darauf eingestellt, dass Betriebsprüfer elektronisch prüfen. Zwar ist seit 2002 die digitale Prüfung erlaubt. Anstatt wie früher zahlreiche Leitzordner durchzuprüfen, importieren die Finanzämter längst die Buchhaltungsdaten in ihr Prüfungssystem und prüfen sie dort. Dank IDEA und anderer Prüfsoftware können die Finanzbeamten erheblich fundierter prüfen als früher. Umgekehrt können sich die Unternehmen besser als früher vorbereiten. Eine Möglichkeit der Vorbereitung ist ein Tax-Check bei ihrem Steuerberater.

 

Psychologisch auf der Gewinnerseite bleiben

Ein solcher Check im Vorfeld deckt Unregelmäßigkeiten auf, die auch einem Betriebsprüfer ins Auge springen. Wie umfangreich diese Vorprüfung ausfällt, bleibt jedem Unternehmen selber überlassen. In der Basisvariante prüft der Steuerberater nur, ob sich die Buchhaltungsdaten problemlos elektronisch einlesen lassen; in der umfassenderen Variante simuliert er eine komplette Betriebsprüfung.

Wie sich das Unternehmen vorbereitet, ist immer eine Frage des Einzelfalles. Wichtig ist, dass es sich vorbereitet. Damit beugt es nicht nur Mehrsteuern und im schlimmsten Fall einem Steuerstrafverfahren vor, sondern bleibt es auch psychologisch auf der Gewinnerseite. „Anstatt sich durch eine unvorbereitete Betriebsprüfung in die Defensive treiben zu lassen, behält das Unternehmen das Ruder in der Hand und gewinnt obendrein Planungssicherheit.”
 
 
zuletzt aktualisiert am 19.04.2013

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Ulrike Grube

Wirtschaftsjuristin (Univ. Bayreuth), Rechtsanwältin

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