Das OVG Berlin-Brandenburg verpflichtet die Bundesregierung zur Einhaltung von Jahresemissionsmengen im Verkehrssektor

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veröffentlicht am 21. Februar 2024


Bereits im November letzten Jahres hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Bundesregierung auf Grundlage des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) dazu verurteilt, Sofortprogramme für die Sektoren Gebäude und Verkehr zu beschließen, die die Einhaltung der im KSG genannten Jahresemissionsmengen des jeweiligen Sektors für die Jahre 2024 bis 2030 sicherstellen (OVG 11 A 11/22, 11 A 27/22 u. OVG 11 A 1/23). Hintergrund war, dass in beiden Sektoren die zulässigen Jahresemissionsmengen in den Jahren 2021 und 2022 überschritten wurden und § 8 KSG die Bundesregierung dazu verpflichtet, in einem solchen Fall schnellst
möglich ein Sofortprogramm beschließen, um die Einhaltung der Grenzwerte künftig sicherzustellen.


Bereits im November letzten Jahres hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Bundesregierung auf Grundlage des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) dazu verurteilt, Sofortprogramme für die Sektoren Gebäude und Verkehr zu beschließen, die die Einhaltung der im KSG genannten Jahresemissionsmengen des jeweiligen Sektors für die Jahre 2024 bis 2030 sicherstellen (OVG 11 A 11/22, 11 A 27/22 u. OVG 11 A 1/23). Hintergrund war, dass in beiden Sektoren die zulässigen jahresemissionsmengen in den Jahren 2021 und 2022 überschritten wurden und § 8 KSG die Bundesregierung dazu verpflichtet, in einem solchen Fall schnellstmöglich ein Sofortprogramm beschließen, um die Einhaltung der Grenzwerte künftig sicherzustellen.

 

Die ausführlichen Urteilsbegründungen liegen nun vor:

  1. Der Klageantrag, die Bundesregierung zum Beschluss eines Sofortprogramms für das Erreichen der Sektoren-Emissionsziele zu verpflichten, ist hinreichend bestimmt.

    Das Gericht geht für die Vollstreckungsfähigkeit dieses Antrags davon aus, dass es ausreichend ist, dass das Ziel der Sofortmaßnahmen, namentlich die Einhaltung der Jahresemissionsmengen, feststeht. Konkrete Maßnahmen müsse der Klageantrag daher nicht benennen.
  2. Bei dem am 04.10.2023 beschlossenen Klimaschutzprogramm der Bundesregierung handelt es sich nicht um ein Sofortprogramm i.S.d. KSG.

    Bei einem Klimaschutzprogramm handelt es sich um ein Regelungsinstrument, das eine mittel- bis langfristige Perspektive hat und mit dem zukünftigen Maßnahmen konkretisiert sowie operationalisiert werden sollen. Demgegenüber besitzt ein Sofortprogramm einen reaktiven Charakter, indem bei einer bereits eingetretenen Zielverfehlung kurzfristig wirksame Maßnahmen gewährleistet werden sollen. Mithin dienen Sofortprogramme der schnellen Nachsteuerung.
  3. Da die Sofortprogramme die Einhaltung der Jahresemissionsmengen „sicherstellen“ müssen, ist die Bundesregierung bei der Einschätzung der Tauglichkeit der Maßnahmen eines Sofortprogramms nicht völlig frei. Insoweit verweist das Gericht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz (1 BvR 2656/18), wonach den Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem Bestehen von wissenschaftlicher Ungewissheit über umweltrelevante Ursachenzusammenhänge eine besondere Sorgfaltspflicht treffe, belastbare Hinweise auf die Möglichkeit gravierender oder irreversibler Beeinträchtigungen zu berücksichtigen. Dementsprechend müsse die Bundesregierung Prüfungsergebnisse des unabhängigen Expertenrates für Klimafragen bei Entscheidungen über Maßnahmen eines Sofortprogramms angemessen berücksichtigen.


Bewertung für die Praxis

Die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zeigen, dass auch selbst gesteckte Klimaschutzziele justiziabel sein können. Neben dem Gebäudesektor wird insbesondere der Verkehrssektor in die Pflicht genommen, einen höheren Beitrag zur Reduktion der nationalen Treibhausgasemissionen zu leisten. Zu beachten ist allerdings, dass die kürzlich durch die Bundesregierung beschlossene Neufassung des Klimaschutzgesetzes hinsichtlich der Pflicht zu Sofortmaßnahmen nur noch eine aggregierte Betrachtung der Treibhausgasemissionen aller Sektoren vorsieht. Gegen die Urteile wurde die Revision zugelassen. Die Frist für die Rechtskraft läuft noch bis zum 10.03.2024.

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Nicklas van Ingen

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