Stadtwerke als Betreiber kommunaler Rechenzentren

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veröffentlicht am 1. Dezember 2023




Der Bedarf an Bandbreite und die damit verbundenen Speicherkapazitäten sind im Laufe der Jahre aufgrund der technologischen Entwicklung und der veränderten Arbeitswelt stark gestiegen. Rechenzentren werden in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft (ERP-Systeme, Kommunikation etc.), der öffentlichen Einrichtungen (Verwaltung, Bildung etc.) und der Infrastruktur (Bahn, Versorgungsnetze etc.) benötigt. Die notwendigen Serverkapazitäten können von Unternehmen eingekauft oder selbst geschaffen werden.



Das Volumen an gespeicherten Datenmengen hat in den letzten Jahren exponentiell zugenommen. Grund hierfür sind neben dem technologischen Wandel auch Änderungen im Konsumentenverhalten und dem Arbeitsleben. Die weltweite Nachfrage nach Serverleistungen steigt kontinuierlich an, wie Abbildung 1 zeigt. Allein in Deutschland wird bis zum Jahr 2028 ein jährliches Marktwachstum von ca. 6,37 Prozent erwartet. Daraus ergibt sich ein potenzielles Marktvolumen von ca. 19,45 Mrd. Euro.1  Während der Markt überwiegend von größeren Unternehmen wie Digital Realty Trust Inc. oder Equinix Inc. dominiert wird, etablieren sich zunehmend auch Stadtwerke als kommunale Betreiber von Rechenzentren. Entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung von Rechenzentren als weiteres Geschäftsfeld für Stadtwerke sind insbesondere die Wahl des passenden Geschäftsmodells sowie eine genaue wirtschaftliche Betrachtung des Vorhabens.




Abbildung 1: Prognose zum Volumen der gespeicherten Datenmengen in Rechenzentren weltweit Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/819487/umfrage/prognose-zum-weltweit-gespeicherten-datenvolumen-in-rechenzentren/

  

Mögliche Geschäftsmodelle für Stadtwerke

Bevor eine Investitionsentscheidung für den Bau und Betrieb eines Rechenzentrums (RZ) getroffen werden kann, muss unter anderem das Geschäftsmodell und die damit verbundene Wertschöpfungstiefe festgelegt werden. Folgende Geschäftsmodelle sind beispielhaft möglich:



Je nach Geschäftsmodell sind entsprechende Aufwendungen und Investitionen notwendig. Ein eher unkomplizierteres Geschäftsmodell ist das sog. Housing. Hier wird dem Endkunden lediglich die Infrastruktur (Racks, Zugang zum Rechenzentrum, USV etc.) zur Verfügung gestellt. Der Endkunde stellt seine eigenen Server auf und ist somit selbst für Wartung und Updates verantwortlich. Dieses Geschäftsmodell bietet sich für Stadtwerke an, die in den Markt einsteigen wollen und bisher wenig Erfahrung im Bereich Rechenzentren haben. Die Investitionen beschränken sich auf das Grundstück, das Gebäude (inkl. USV, Löschanlage, Kühlung etc.) und die Racks. Anstelle eines Neubaus können auch Containerlösungen eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um technisch voll ausgestattete Container, die je nach Bedarf erweitert werden können.

Chancen und Herausforderungen für Stadtwerke

Bereits heute sind einige Stadtwerke in Deutschland erfolgreich als Rechenzentrumsbetreiber am Markt vertreten.2 In ihrer Rolle als kommunales Versorgungsunternehmen liegt es nahe, das bestehende Geschäft um IT-Infrastrukturen wie Rechenzentren zu erweitern. Neben Kosteneinsparungen im eigenen Betrieb durch die Übernahme von Tätigkeiten stellt vor allem das hohe Nachfragepotenzial eine Marktchance für Stadtwerke dar. Darüber hinaus können Stadtwerke, die bereits als Telekommunikationsunternehmen tätig sind, erhebliche Synergieeffekte nutzen, wie z. B die direkte Anbindung von Gewerbekunden über Dark Fiber. Während große Rechenzentrumsbetreiber, wie z. B Digital Realty Trust Inc. in Frankfurt, im oberen Preissegment angesiedelt sind, können Stadtwerke mit einer Niedrigpreisstrategie ihre Leistungen günstiger anbieten und schnell Kunden in ihrem direkten Umfeld gewinnen. Aufgrund ihrer lokalen Rolle ist der Aufbau eines ersten Kundenstamms in der Regel schnell realisierbar. Potenzielle Kunden können u. a. öffentliche Institutionen, konzernverbundene Unternehmen, eigene Gesellschafter (Stadt) und die lokale/regionale Privatwirtschaft sein.

Neben zahlreichen Chancen stehen die Betreiber von Rechenzentren auch vor zahlreichen Herausforderungen. Die betriebswirtschaftlich relevantesten sind vor allem die Verfügbarkeit und der Preis des für den Betrieb benötigten Stroms. Durch die Weitergabe der Stromkosten an die Endkunden können sich die Betreiber teilweise gegen Preisrisiken absichern. Der Plan der Bundesregierung, Rechenzentren ab 2027 vollständig mit Ökostrom zu versorgen, ist jedoch mit erheblichen Investitionen und zusätzlichen Kosten für die Betreiber verbunden. Nach § 11 Abs. 5 des am 21. September vom Bundestag verabschiedeten neuen EnEfG müssen Betreiber von Rechenzentren ab dem 1.1.2024 50 Prozent und ab dem 1.1.2027 100 Prozent ihres bilanziellen Stromverbrauchs durch Strom aus Erneuerbaren Energien decken. Eine weitere energiespezifische Herausforderung ist die für die Zukunft verpflichtende Vermeidung (§ 16 Abs. 1 Satz 1 EnEfG) und die Nutzung (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EnEfG) der Abwärme von Rechenzentren. Hieraus können sich für Stadtwerke auch Synergieeffekte im Zusammenhang mit dem Ausbau kommunaler Wärmenetze ergeben, die die Dekarbonisierung der Stadtwerke vorantreiben. Auch im Bereich der Energieeffizienz werden spezifische Vorgaben gemacht. Neben der Vorgabe bestimmter Effizienzwerte (§ 11 Abs. 1 und 2 EnEfG) werden umfangreiche Informationspflichten gegenüber dem Bund und Dritten (Kunden) normiert (§§ 13 ff. EnEfG). Gemäß § 12 Abs. 1 EnEfG sind Betreiber von Rechenzentren darüber hinaus verpflichtet, bis zum 1.7.2025 ein Energie- oder Umweltmanagementsystem einzuführen. Dies alles erfordert eine strategische Positionierung der Rechenzentren. Durch die Effizienzsteigerung der Rechenzentren können allerdings auch die Betriebskosten aufgrund eines optimierten Stromverbrauchs reduziert werden. Derzeit bestehen keine Fördermöglichkeiten für den Bau neuer Rechenzentren, dennoch können im Rahmen von Modernisierungen Fördermöglichkeiten, wie das Modul 4 des KFW 295, genutzt werden.3 

Rechenzentren sind aufgrund ihrer Funktionen und Daten potenzielle Ziele von Cyber-Angriffen. Ein erfolgreicher Cyber-Angriff auf ein Rechenzentrum kann daher weitreichende Folgen haben, wie den Verlust von Daten, den Ausfall von IT-Systemen oder sogar den finanziellen Ruin des betroffenen Unternehmens. Entsprechende Sicherheitsvorkehrungen sind zu treffen und vom Betreiber regelmäßig zu überprüfen. Entsprechende Anforderungen werden beispielsweise vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gem. § 8a Abs. 5 BSIG in ihrer „Validierung und Darstellung eines Geltungsbereichs für Kritische Infrastrukturen der Anlagenkategorie ‚2.1.1 Rechenzentrum’ nach Anhang 4, Teil 3 BSI-KritisV” vom 22.4.2020 festgelegt.

Um die Sicherheit von Rechenzentren zu gewährleisten, müssen daher entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Diese sollten sowohl physische als auch virtuelle Maßnahmen umfassen.

Fazit

Der Bedarf an Speicher- und Serverkapazitäten nimmt in Deutschland stetig zu. Obwohl einige Marktteilnehmer bereits als „Big Player” in Deutschland gefestigt sind, können sich auch Stadtwerke als kommunale Betreiber von Rechenzentren etablieren. Trotz verschiedener Herausforderungen und regulatorischer Vorgaben ist eine erfolgreiche Teilnahme am Markt möglich. Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Vorhabens sowie das passende Geschäftsmodell sind hierfür unabdingbar.



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1 Rechenzentren - Deutschland | Statista Marktprognose (https://de.statista.com/outlook/tmo/rechenzentren/deutschland).
2 krz unter Top 20 Rechenzentren in Deutschland / Kommunales Rechenzentrum Minden-Ravensberg/Lippe (https://www.krz.de/Unternehmen/krz-unter-Top-20-Rechenzentren-in-Deutschland-.php?object=tx,2669.73.1&ModID=7&FID=661.2989.1&NavID=2669.3).
3 Bundesförderung für Energieeffizienz in der Wirtschaft (295) | KfW (https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Unternehmen/Energie-Umwelt/F%C3%B6rderprodukte/Energieeffizienz-und-Prozessw%C3%A4rme-aus-Erneuerbaren-Energien-(295)/?redirect=497472).


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