Baumaßnahmen Dritter nutzen – Mitverlegung von Telekommunikationslinien

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​veröffentlicht am 1. März 2024




Die Mitverlegung von Telekommunikationslinien gewinnt im kommunalen Umfeld zunehmend an Bedeutung. Unlängst ist sie zu einem zentralen Aspekt der Infrastrukturplanung geworden. Doch wann spricht der Gesetzgeber von Mitverlegung? Und wie kann eine Kostenteilung in dem Zusammenhang erfolgen? Dieser Beitrag liefert Ihnen einen ersten Überblick über die rechtlichen und ökonomischen Aspekte bei der Mitverlegung von Telekommunikationsinfrastruktur.



Rechtliche Grundlagen

„Mitverlegungen” beziehen sich im allgemeinen Sprachgebrauch und -verständnis auf die gemeinsame Verlegung mehrerer Infrastrukturleitungen im Rahmen einer Baumaßnahme. Insbesondere im Zuge kommunaler Infrastrukturmaßnahmen kann es sich regelmäßig anbieten, bei der Sanierung/Errichtung von bestehenden/neuen Versorgungsleitungen für Strom, Wasser oder Wärme bestückte oder auch unbestückte Leerrohre für Telekommunikationslinien im Erdboden mitzuverlegen. Darüber hinaus kommt schon im Rahmen eines Ausbauvorhabens von Telekommunikationsinfrastruktur eine Mitverlegung passiver Netzinfrastrukturen zum Zwecke einer späteren Mitnutzung infrage. Vorteile der Mitverlegung sind neben der effizienteren Nutzung von Ressourcen auch die Reduktion redundanter Bauarbeiten. Der Gesetzgeber hat mit den §§ 136 ff. Telekommunikationsgesetz (TKG) ein System zur Mitnutzung geschaffen, das die sogenannte Kostensenkungsrichtlinie (Richtlinie 2014/61/EU) umsetzt. Ziel der hierzu in Kraft getretenen nationalen Regelungen ist insgesamt eine Reduktion der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen. Fokus dieses Beitrags ist nicht die Mitnutzung, sondern sind wie bereits dargestellt die Ausgestaltungsmöglichkeiten einer Mitverlegung:

Dabei kennt der Gesetzgeber die Vereinbarung einer Koordinierung von Bauarbeiten nach § 143 TKG. Durch die Möglichkeit einer Koordinierung von Bauarbeiten im Rahmen von Maßnahmen zum Ausbau von Netzen mit sehr hoher Kapazität können nicht nur Kosteneinsparungen erzielt werden, sondern ebenso Beeinträchtigungen für Anlieger und Verkehrsteilnehmer möglichst gering gehalten bzw. jedenfalls reduziert werden. Wie auch § 143 TKG verfolgt § 146 TKG das Ziel von Kosteneinsparungen und Vermeidung zusätzlicher Bauarbeiten, allerdings erweitert auf den koordinierten Ausbau passiver Netzinfrastrukturen.1 Die Mitverlegung umfasst jede Art des Hinzufügens, ohne den Bestand baulich zu verändern2 und soll eine Mitnutzung von Netzinfrastrukturen ermöglichen. Spricht das TKG mithin von einer „Mitverlegung”, kennt es diese im Rahmen einer Koordinierung von Bauarbeiten (§ 143 TKG), aber auch im Rahmen einer vorbereitenden Mitverlegung durch ein Telekommunikationsunternehmen selbst. Durch das bereits frühzeitige Mitverlegen von passiven Netzinfrastrukturen soll die künftige Mitnutzung der passiven Netzinfrastrukturen als Ziel verfolgt werden. Eine Mitverlegung ist dabei nach § 146 auch möglich, wenn es dafür keinen eigenen Ausbaubedarf gibt und daher eine „provisorische” Verlegung von Netzinfrastrukturen erfolgt. Ziel in beiden Regelungen ist die Beschleunigung des Gigabitausbaus. Daneben spielen umweltpolitische Ziele einer Vermeidung unnötiger Bauarbeiten eine nicht zu vernachlässigende Rolle. 

Ansprüche von Telekommunikationsunternehmen nach TKG

Ist seitens eines Telekommunikationsunternehmens die Mitverlegung im Zuge einer Baumaßnahme eines anderen Telekommunikationsunternehmens gewünscht, so können die Parteien gemäß § 143 Abs. 1 TKG eine Vereinbarung über die Koordinierung von Bauarbeiten schließen. Dies erscheint vor dem Hintergrund der Vertragsfreiheit schon nahezu selbstverständlich. Einen Anspruch auf die Koordinierung von Bauarbeiten statuierte der Gesetzgeber in § 143 Abs. 3 TKG. Danach haben Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Versorgungsnetze, die ganz oder überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanzierte Bauarbeiten direkt oder indirekt ausführen, zumutbaren Anträgen auf eine Koordinierung von Bauarbeiten zu transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen stattzugeben. Mithin dürfte insbesondere gegenüber kommunalen Unternehmen ein durchsetzbarer Anspruch dem Grunde nach bestehen - im Einzelfall ist im Falle eines entsprechenden Antrags jedoch stets eine dezidierte Prüfung des Sachverhalts, insbesondere im Hinblick auf Ablehnungsgründe, geboten. Zum Zwecke der Vorbereitung eines Antrags auf Baukoordinierung findet sich ein Informationsanspruch in § 142 TKG. 

Kostenteilung bei Mitverlegungen in kommunalen Bauvorhaben

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die involvierten Kooperationsparteien frei über eine einvernehmliche Kostenlösung verhandeln können. Kommt es zu keiner Einigung, kann die Bundesnetzagentur (BNetzA) als Streitbeilegungsstelle konsultiert werden. Dabei greift die BNetzA zur Streitbeilegung auf ihre festgelegten Grundsätze nach § 143 Abs. 6 TKG zurück, die sich wiederum aus der Kostensenkungsrichtlinie 2014/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates ableiten.

Kostenabgrenzung

Gemäß § 143 Abs. 6 TKG unterscheidet die BNetzA zwischen den einer Partei direkt zuordenbaren und nicht direkt zuordenbaren Kosten. Die Unterteilung wird vorgenommen, da im Sinne der Kostensenkungsrichtlinie nur nicht direkt zuordenbare Kosten auf die beteiligten Parteien umgelegt werden können. Die direkt zuordenbaren Kosten finden im Zuge der Kostenumlegung keine Berücksichtigung, da diese nach dem Verursacherprinzip eindeutig und von der jeweiligen Partei in voller Höhe zu tragen sind. Direkt zuordenbare Kosten sind demnach unter anderem:

  • Planungs-, Material- und Verlegekosten für die eingebrachten Leitungen einer Partei
  • Zusätzliche Kosten durch größere Mindestverlegetiefen einer mit zu verlegenden Leitung einer Partei, wodurch für den gemeinsamen Graben ein zusätzlicher Verbau erforderlich wird, der bei einer Eigenrealisierung durch die anderen Parteien nicht benötigt worden wäre
  • Zusätzliche Kosten durch Änderungen in der Leitungsführung oder Grabenvertiefungen
  • Verlegekosten für Leitungen außerhalb des gemeinsam genutzten Grabens, zum Beispiel zur Anbindung an das Backbone einer Partei
  • Zusätzliche Kosten, die im Zuge der Mitverlegung bei einer der beteiligten Parteien entstehen wie zum Beispiel zusätzliche Personalkosten aufgrund des erhöhten Koordinationsaufwands

Nicht direkt zuordenbare Kosten sind all jene Kosten, die allen Parteien bei einer Einzelrealisierung entstehen würden, aber bei einer gemeinsamen Verlegung nur einmal aufzubringen sind. Hierzu zählen beispielhaft:

  • Planungs- und Tiefbaukosten für den gemeinsam genutzten Graben
  • Wiederherstellungskosten für Straßenunterbau und -decke, sofern diese ausschließlich für die Verlegung von Leitungen ausgehoben wurden

Methoden der Kostenumlage

In ihrem Grundsatzpapier („Grundsätze nach § 132 Abs. 6 TKG zur Umlegung der mit der Koordinierung von Bauarbeiten verbundenen Kosten”, gültig ab dem 1.12.2021) schlägt die BNetzA zwei Methoden zur Umlage von nicht direkt zuordenbaren Kosten vor. Zum einen über die Ermittlung der Zusatzkosten, zum anderen über die Kostenteilung. Für jede der genannten Methoden existieren dabei zwei Berechnungsweisen – kostenbasiert oder über die Grabendimensionen. Die Notwendigkeit von zwei Umlagemethoden begründet die Behörde damit, dass sich die Ermittlung der Zusatzkosten mehr für Anwendungsfälle eignet, in denen durch die Mitverlegung kein weiteres digitales Hochgeschwindigkeitsnetz betroffen ist. Die Kostenteilung ist hingegen anzuwenden, wenn durch die Mitverlegung Wettbewerbsverzerrungen durch ein weiteres digitales Hochgeschwindigkeitsnetz zu befürchten sind.

Grundsätzlich wird durch die Ermittlung der Zusatzkosten sichergestellt, dass das für die Mitverlegung anfragende Unternehmen (Petent) sämtliche von ihm verursachten zusätzlichen Kosten trägt. Die Kosten für das ursprüngliche Bauvorhaben bleiben für die aufnehmende Partei demnach unverändert und nur der Petent profitiert von den Synergieeffekten. Für erstere ergibt sich hieraus kein Anreiz für die Gewährung von Mitverlegungen.

Bei der Kostenteilungsmethode wird der Sachverhalt der bloßen Kompensation der Zusatzkosten umgangen, indem auch die aufnehmende Partei an den Synergieeffekten partizipiert. Hierzu werden bei der kostenbasierten Berechnungsmethodik die Stand-alone-Kosten einer beteiligten Partei ins Verhältnis zu den Stand-alone-Kosten aller Parteien gesetzt und mit den aufzuteilenden Gesamtkosten der Infrastrukturmaßnahme multipliziert. Erfolgt die Kostenteilung anhand der Grabendimensionen, sind anstatt der Stand-alone-Kosten die jeweiligen Grabenquerschnittsflächen heranzuziehen. Unabhängig von der gewählten Berechnungsmethodik wird bei beiden Parteien eine verursachungsgerechte Kostenteilung sichergestellt. Problematisch ist allerdings die subjektive Schätzung der Stand-alone-Kosten durch die einzelnen Parteien. Hierbei entsteht ein hohes Diskussionspotenzial. Bei Betrachtung der Grabenquerschnitte wird einer derartigen Diskussion vorgebeugt. Allerdings ist hierbei eine separate Betrachtung von Straßenoberbau und Grabenteil erforderlich, sobald versiegelte Oberflächen vorhanden sind.

Eine Übersicht über die beiden Umlagemethoden und ihre einzelnen Berechnungsweisen liefert die Abbildung auf der linken Seite. Ungeachtet ihrer spezifischen Vor- und Nachteile ist die Anwendung jeder Berechnungssystematik stets mit einem nicht unbedeutenden Aufwand verbunden. Denn in der Praxis sind die Meterpreise oder Grabenquerschnitte entlang eines Mitverlegungsabschnitts selten homogen. 

Es erscheint grundsätzlich zielführend, vor und während eines Ausbauvorhabens zu prüfen, inwieweit eine Koordinierung von Bauarbeiten in Betracht kommen kann. Insoweit sind nicht nur bei kommunalen Unternehmen eingehende Anträge zu prüfen, sondern auch die geplanten Bauarbeiten im Hinblick auf denkbare Ansprüche zu untersuchen. Ferner ist insbesondere für Kommunen die Koordinierung von Bauarbeiten in Anbetracht einer Senkung der mit Tiefbauarbeiten verbundenen Einschränkungen von Bedeutung und in der täglichen Praxis nicht zu vernachlässigen. Ein direkter Austausch der involvierten Unternehmen ist nach unserer Erfahrung gerade im Hinblick auf die Kostenteilung sinnvoll. Auch abseits der starren Berechnungssystematiken der BNetzA lassen sich hierbei Kostenregelungen treffen, bei denen alle partizipierenden Parteien von den Synergieeffekten profitieren können. Gemeinsam mit unserer Mandantschaft wägen wir an dieser Stelle stets umfassend die rechtlichen sowie wirtschaftlichen Chancen und Risiken ab.




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