Forderungsausfall eines Gesellschafterdarlehens

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Die Gewährung eines Darlehens durch den Gesellschafter an „seine” Gesellschaft gehört zur gängigen Praxis. Aufgrund des besonderen gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses sind Be­son­derheiten zu beachten. Gerät der Schuldner in eine finanzielle Krise, fällt aufgrund der Liqui­dation oder der Veräußerung der Gesellschaft die Tilgung seines Gesellschafterdarlehens regel­mäßig aus.
 



Die steuerliche Behandlung eines Darlehens­verlustes bei Gesellschaftern, die ihre Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Privatvermögen i.S.d. § 17 EStG (Beteiligung von mind. 1 Prozent innerhalb der letzten fünf Jahre) halten, war dabei in den letzten drei Jahren vielen Änderungen unterworfen. Aufgrund des ständigen „Ping-Pongs” zwischen Rechtsprechung (zuletzt das Urteil des FG Düsseldorf vom 28.1.2020) und Finanzverwaltung sowie Änderungen in der steuer­lichen Gesetzgebung gilt ein Nebeneinander von Vorschriften. Dieser Beitrag soll einen Überblick verschaffen.

  

NEUE RECHTSPRECHUNG: ANWENDBAR AB DEM 27.9.2017

Mit dem Grundsatzurteil des BFH vom 11.7.2017 wurde erstmalig von der bisherigen steuerlichen Berücksichtigung einer ausgefallenen Forderung abgewichen. Die neue Rechtsprechung ist ab dem 27.9.2017 anzuwenden. In allen anderen noch offenen Fällen kann nach Auffassung der Finanzverwaltung aus Vertrauensschutzgründen noch die bis dahin geltende bisherige Recht­sprechung und Auffassung der Finanzverwaltung zu eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen bzw. Forderungen angewendet werden. 

 I.    Steuerliche Behandlung vor dem 27.9.2017:
Bei der Darlehensgewährung durch Gesellschafter ist nach der bis zur Rechtsprechungsänderung geltenden Rechtsprechung und Auffassung der Finanzverwaltung der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung als nachträgliche Anschaffungs­kosten zu berücksichtigen. Der sich aus dem Aus­fall ergebende Darlehensverlust kann grund­sätz­lich im Rahmen des sog. Teileinkünfte­ver­fah­rens zu 60 Prozent genutzt werden. Dabei kann der Verlust erst im Zeitpunkt der Veräußerung bzw. Li­quidation der Gesellschaft steuerlich berück­sich­tigt werden. Voraussetzung für die Be­rück­sichtigung als nachträgliche Anschaffungs­kosten ist, dass die Darlehensgewährung durch das Ge­sell­schaftsverhältnis veranlasst ist. Dies ist regel­mäßig der Fall, wenn zum Zeitpunkt der Gewäh­rung oder Weitergewährung die Rück­zah­lung des Darlehens angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in dem Maße gefährdet war, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Kre­ditgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre. 

II.    Steuerliche Behandlung nach dem 27.9.2017:
Mit der Rechtsprechungsänderung kann der Auf­wand aus einer Darlehensgewährung auch einen Verlust aus Einkünften aus Kapitalvermögen darstellen.

Der BFH begründete seine Ent­schei­dung mit der Aufhebung des Eigenkapital­er­satz­rechts durch das „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Miss­bräuchen” (MoMiG) im Jahr 2008. Danach ist für die Qualifizierung des Forderungsausfalls als nachträgliche Anschaffungskosten ein am Han­dels­recht orientierter Ansatz zu verfolgen. Es können grundsätzlich nur solche Aufwendungen des Gesellschafters nachträgliche Anschaffungs­kos­ten der Beteiligung darstellen, die nach han­dels- und bilanzsteuerrechtlichen Grund­sätzen spiegelbildlich zu einer offenen oder ver­deckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Darunter fällt insb. der Verzicht auf eine wert­haltige Forderung. Keine nachträglichen Anschaf­fungskosten der Beteiligung stellt hingegen ein Ausfall einer nicht werthaltigen Forderung dar, da diese nicht zu einer Kapitaleinlage in die Gesellschaft führt. Etwas anderes gilt, wenn das vom Gesellschafter gewährte Darlehen aufgrund der vertraglichen Abreden mit der Zuführung einer Einlage in das Gesellschaftsvermögen vergleich­bar ist. Dies ist bspw. der Fall bei einem Gesell­schaf­terdarlehen mit Vereinbarung eines Rang­rücktritts i.S.d. § 5 Abs. 2a EStG.

Die Geltendmachung eines Verlustes aus Einkünften aus Kapitalvermögen durch den Ausfall einer nicht werthaltigen Darlehens­for­derung setzt voraus, dass endgültig feststeht, dass keine Zahlungen mehr auf die Forderung erfolgen. Die Tatsache, wann und unter welchen Umständen der Gesellschafter das Darlehen gewährt hat, sei künftig nicht maßgeblich.

Der Verlust darf grundsätzlich weder mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ver­rechnet, noch nach § 10d EStG abgezogen werden. Er mindert lediglich die Einkünfte, die der Gesell­schaf­ter in den folgenden Veranlagungs­zeit­räumen aus Kapitalvermögen erzielt. Ausge­nom­men von der Verlustabzugsbeschränkung und dem Verlust­verrechnungsverbot sind Gesellschafter, die zu mehr als zehn Prozent an der Kapital­ge­sell­schaft beteiligt sind. Der Verlust aus dem Forde­rungs­ausfall kann in diesem Fall voll und un­be­schränkt verrechnet werden.

Aus Vertrauensschutzgründen sind die anerkannten Grundsätze zur Berücksichtigung des Forderungsausfalls als nachträgliche Anschaf­fungs­kosten übergangsweise weiter anzuwenden, wenn das Gesellschafterdarlehen vor dem 27.9.2017 gewährt oder bei Eintritt der Krise vor dem 27.9.2017 stehengelassen wurde.

 

GESETZESÄNDERUNG 2019: ANWENDBAR AB DEM 31.7.2019

Mit dem Jahressteuergesetz 2019 wurde wieder der alte Zustand vor Rechtsprechungsänderung her­gestellt. Die Einführung eines neuen Absatzes 2a in § 17 EStG schaffte die rechtliche Grundlage dafür. Danach gehören zu den nachträglichen An­schaffungskosten Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Ge­sellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war. Gleiches gilt bei Ausfällen von Bürgschafts­regress­for­de­rungen und vergleichbaren Forderungen, soweit die Hingabe oder das Stehenlassen der betref­fen­den Sicherheit gesellschaftsrechtlich veranlasst war. Nunmehr ist auch gesetzlich geregelt, wann eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung vor­liegt. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn ein fremder Dritter das Darlehen oder die Si­che­rungs­mit­tel bei sonst gleichen Umständen zurück­gefordert oder nicht gewährt hätte.

Die Neuregelung des § 17 Abs. 2a EStG ist erstmals auf Veräußerungen nach dem 31.7.2019 anwendbar. Auf Antrag des Steuer­pflich­tigen ist eine Anwendung dieser Regelung auch für Veräußerungen vor dem 31.7.2019 möglich.

  

FAZIT

Die einkommensteuerliche Behandlung des Forde­rungs­ausfalls von Darlehen eines Gesellschafters an seine Kapitalgesellschaft kann man aufgrund des ständigen „Ping-Pongs” zwischen Rechtspre­chung, Finanzverwaltung und Legislative als un­über­sichtlich bezeichnen. Wir empfehlen im Fall eines Forderungsausfalls eines Gesellschafter­dar­lehens kritisch zu prüfen, ob Handlungsoptionen bestehen, um die steuerlich optimale Behandlung des Forderungsausfalls zu gewährleisten.

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Dr. Susanne Kölbl

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