Nutzung von Verlustvorträgen und Tax Assets bei internationalen Transaktionen – Chancen und Risiken am Beispiel Österreich

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​​veröffentlicht am 27. März 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Bei internationalen Transaktionen mit Verlustgesellschaften können entsprechende Besteuerungsregime genutzt werden (hier: Österreich), um Verlustvorträge zu konsolidieren und zu sichern. Je nach Ausgestaltung des Kaufpreismechanismus kann das Tax Asset darüber hinaus zu einer Kaufpreiserhöhung führen. 


Bei Transaktionen stellt sich oft die Frage, wie das Zusammenspiel von Verlustvorträgen und Verlustnutzungsmöglichkeiten im steuerlichen Kontext wirkt und wie Tax Assets in dem Zusammenhang zu bewerten sind und ggf. den Kaufpreis beeinflussen können. Noch spannender wird es im grenzüberschreitenden Fall und wenn es zur grenzüberschreitenden Nutzung von Verlusten kommt. 

Der hier aufgezeigte Fall soll Österreich (Mutterkapitalgesellschaft) und Deutschland (Tochterkapitalgesellschaft) betreffen. Durch die Transaktion soll es zu einem Gesellschafterwechsel von 100% kommen. Die deutsche Tochtergesellschaft verfügt über nicht unbeträchtliche Verlustvorträge, ebenso die österreichische Gesellschafterin. In Österreich wurde durch die Muttergesellschaft ein Antrag auf Gruppenbesteuerung gestellt, sodass deutsche Verlustvorträge in die Verlustfeststellung der österreichischen Mutter eingeflossen sind. 

Im Rahmen der österreichischen Gruppenbesteuerung können Verluste von ausländischen Gruppenmitgliedern mit österreichischen Gewinnen verrechnet bzw. vorgetragen werden. Die ausländischen Verluste sind hierbei nach österreichischen Grundsätzen zu ermitteln, d.h. umzurechnen. Sobald die Verlustvorträge im Ausland genutzt werden können, sind die in Österreich verwendeten ausländischen Verlustvorträge in entsprechender Höhe nachzuversteuern.

Im Rahmen der Due Diligence sind in diesem Kontext insbesondere zwei Fragen zu beleuchten:

  1. Können die Verlustvorträge in Deutschland und Österreich zukünftig vom Erwerber genutzt werden? (Steuerthema)
  2. Wie ist das Tax Asset auf die Verlustvorträge zu bewerten und kann es zu einem wertbildenden Faktor im Rahmen des Kaufpreises werden? (Financial Thema)

Zu 1) Verlustnutzungsmöglichkeit


a) Deutschland

Verlustvorträge sind nach deutschem Recht unbegrenzt vortragsfähig. Bei der Verlustnutzung sind die Grundsätze der Mindestbesteuerung zu beachten.  
Aus deutscher Sicht gehen nach § 8c Körperschaftsteuergesetz (KStG) die Verlustvorträge aber unter, wenn ein unmittelbarer oder mittelbarer Gesellschafterwechsel von mehr als 50% stattfindet, wie vorliegend geplant. Mögliche Ausnahmetatbestände sind die Stille-Reserven-Klausel oder Sanierungsklausel, die mangels Vorliegen von stillen Reserven und den Sanierungsvoraussetzungen bei der deutschen Tochter nicht greifen sollen. Es bleibt noch die Anwendung des fortführungsgebundenen Verlustvortrages nach § 8d KStG. Die Nutzungsmöglichkeit der Verlustvorträge ist bei dieser Sonderregelung aber an viele Voraussetzungen geknüpft, sodass für den Erwerber ein hohes Risiko besteht die Vorlustvor-träge zu verlieren. 

Zwischenergebnis aus deutscher Sicht:
Es besteht ein hohes Risiko, die Verlustvorträge in Deutschland zu verlieren. 

b) Österreich

Auch in Österreich sind Verlustvorträge unbegrenzt vortragsfähig, aber zu maximal 75% mit laufenden Gewinnen zu verrechnen (Verlustverrechnungsgrenze).
Bei einem Gesellschafterwechsel sind die Grundsätze des Mantelkaufs zu beachten. In Abgrenzung zu den deutschen Vorschriften kommt es in Österreich auf den Erhalt der Identität der Körperschaft an. Eine Identität geht z.B. dann verloren, wenn eine wesentliche Änderung 
  • der unmittelbaren Gesellschafterstruktur (auf entgeltlicher Grundlage), 
  • der organisatorischen und 
  • wirtschaftlichen Struktur eintritt. 
Grundsätzlich müssen die Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein, wobei auch auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen ist.

Eine wesentliche Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage ist jedenfalls gegeben, wenn sich mehr als 75% der Vorstruktur ändert.

Eine Änderung der organisatorischen Struktur liegt vor, wenn die Organe der Körperschaft in den Leitungs- und Verwaltungsfunktionen geändert werden. Eine wesentliche Änderung ist gegeben, wenn alle oder die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der Geschäftsführung in einem Zug oder bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs sukzessive ersetzt werden. Dabei ist lediglich auf jene Personen abzustellen, die auch tatsächlich die Geschäfte führen.

Eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur liegt vor, wenn die aus Vermögen und Tätigkeit gebildete wirtschaftliche Einheit (bezogen auf sämtliche bisherige Tätigkeitsbereiche) der Körperschaft verloren geht.

Nach Würdigung aller Gesamtumstände soll im vorliegenden Beispielsfall die Identität der Körperschaft nicht verloren gehen. 

Zwischenergebnis aus österreichischer Sicht:
Die Verlustvorträge in Österreich können bei entsprechender Ausgestaltung des Sachverhaltes gerettet werden. Dies gilt im Grunde auch für die deutschen Verlustvorträge, die wegen der beantragten Gruppenbesteuerung in Österreich einbezogen werden, unabhängig davon, dass die Verlustvorträge in Deutschland untergehen. Damit entfällt mangels Nutzungsmöglichkeit auch das Risiko der Nachversteuerung der deutschen Verlustvorträge in Österreich. 

c) Gestaltungshinweis:

Die Konsolidierung von internationalen Verlusten auf eine österreichische Kapitalgesellschaft über die Gruppenbesteuerung kann im Transaktionsfall auch genutzt werden, um im Ausland untergehende Verlustvorträge zu sichern.  

Zu 2) Tax Asset auf Verlustvorträge, Bewertung und Berücksichtigung beim Kaufpreis

 

a) Tax Asset

Soweit Verlustvorträge genutzt werden können, ergibt sich zukünftig eine Steuerersparnis, die über ein Tax Asset in dem lokalen Abschluss der verlustnutzenden Gesellschaft berücksichtigt werden kann. 

b) Bewertung Tax Asset

Bei der Bewertung des Tax Assets sind die zeitversetzte Nutzung und gegebenenfalls weitere lokale Gegebenheiten über eine entsprechende Abzinsung zu berücksichtigen. Weitere Abschläge sind zu tätigen, wenn die Verlustnutzung gänzlich in Frage steht, z.B. weil in absehbarer Zeit keine Gewinne erwirtschaftet werden oder durch geplante Umstrukturierungen möglicherweise die Identität der Körperschaft in Zukunft verloren gehen könnte (Österreichfall). 

c) Berücksichtigung beim Kaufpreis

Je nach Kaufpreisregelung kann darüber hinaus das Tax Asset auch kaufpreisrelevant sein. Der Kaufpreis wird üblicherweise ausgehend vom Enterprise Value mittels „Equity Bridge” auf den Equity Value übergeleitet. Der Definition der Equity Bridge, insbesondere die Abgrenzung von Net Debt (Nettofinanzschulden) und Working Capital sowie die Bestimmung des Target Working Capital, kommt dabei eine große Bedeutung zu. 
Das Tax Asset aufgrund der Verlustvorträge kann in diesem System ein Cash-like-Item darstellen, das zu einer Kaufpreiserhöhung führen kann. 

Die finale Berücksichtigung ist vom Verhandlungsgeschick der einzelnen Vertragsparteien abhängig und deren Einschätzung, ob eine Verlustnutzung als realistisch eingeschätzt wird oder nicht.

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