Dramatischer Preisanstieg bei fossilen Energieträgern stellt Wärmeversorger vor Herausforderungen

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veröffentlicht am 27. Oktober 2021​


Die stark angestiegenen Preise für fossile Energieträger bergen beträchtliche Risiken für Wärmeversorgungsunternehmen, da diese die Kostensteigerungen in der Regel nur zeitversetzt an ihre Wärmekunden weitergeben können. Die Verzögerung führt unter Umständen zu einer angespannten Liquiditätssituation für Versorger. Durch eine Abstimmung der Beschaffungsstrategie auf die getroffenen Regelungen zur Anpassung der Kundenpreise kann die tatsächliche Brennstoffkostenentwicklung adäquat in den jeweils gültigen Kundenpreisen abgebildet werden. Dies bedeutet in der Regel eine deutliche Reduktion des Verlustrisikos.

 

Die stark steigenden Preise auf den Märkten für Erdgas und Kohle sind in den letzten Wochen das alles überschattende Thema der Energiewirtschaft. Wie in Abbildung 1 zu erkennen, haben sich diese in den letzten Monaten vervielfacht. Im Vergleich zum Jahresmittel in 2015 (2015 = 100) haben sich die Preise verdreifacht. Von einem historischen Tief im Juli 2020 mit durchschnittlichen Preisen von etwa 5,20 €/MWh sind nun Preise um die 63,25 €/MWh zu beobachten1.


Grafik Erzeugnisindex gerwerblicher Steinkohle/Erdgas Börsennotierungen

 

Wirtschaftliche Risiken für Fernwärmeversorger aufgrund steigender Brennstoffpreise

Aus Sicht von Fernwärmeversorgern können diese dramatischen Preissteigerungen dann kritisch werden, wenn die benötigten Brennstoffe zur Wärmeerzeugung kurzfristig, z. B. an der Rohstoffbörse, beschafft werden und dies nicht in Einklang mit den in der Preisgleitklausel verwendeten Indizes ist. Die stark steigenden Bezugspreise erhöhen in diesem Fall die Wärmegestehungskosten des Versorgers.

Für die Abbildung von Erdgaspreissteigerungen in der Preisgleitklausel gibt es verschiedene Vorgehensweisen hinsichtlich der Indizes. Bei der Verwendung von zukunftsorientierten Börsendaten können mitunter die tatsächlichen Kosten der Folgeperiode nahezu abgebildet werden. Dies erfordert in der Praxis oft, dass die Daten z. B. von der EEX erworben werden, um die Transparenzpflichten zu erfüllen. Häufiger werden am Fernwärmemarkt vergangenheitsbasierte Indizes oder Preise verwendet. Dies führt unweigerlich zu einem Versatz in der Kostenweitergabe um eine bestimmte Periode. Im Normalfall ist dies unproblematisch, da die Erlöse die Kostensteigerungen mit einem gewissen zeitlichen Versatz auffangen. Problematisch wird es immer dann, wenn die Beschaffungsstrategie nicht auf die im mit den Kunden vereinbarten Vertragsverhältnis verwendeten Indizes und Zeiträume abgestimmt ist. Ein weiteres Problem stellen Erdgasindizes dar, welche die Beschaffungsvorgänge von Versorgern nicht abbilden können. In unserer Beratungspraxis beobachten wir beispielsweise, dass einige Versorger noch Verbraucherpreisindizes für Brennstoffkosten verwenden, welche meist nicht der Kostenstruktur von Versorgern entsprechen.

 
Aufgrund der extremen Marktsituation kann jedoch bei vergangenheitsbasierten Indizes, bei größerem Timelag und vor allem bei einem unpassenden Beschaffungs-Index-Verhältnis ein Liquiditätsproblem auftreten. Für einen beispielhaften Fall wird dies in Abbildung 2 verdeutlicht: Der in der Grafik grau dargestellte Bereich (April 2020 bis März 2021) stellt für das Beispiel den Referenzzeitraum dar. Die Daten dieses Zeitraums werden mit denjenigen eines festgelegten Basiszeitraums, der in der Regel mit einer „0” gekennzeichnet ist, ins Verhältnis gesetzt, um die Preisänderung gegenüber dem Basispreis des Preissystems zu ermitteln. Der mithilfe der Indexveränderungen neu bestimmte Preis kommt in einem ebenfalls vertraglich festgelegten Zeitraum zur Anwendung, der in untenstehender Grafik grün markiert ist (Oktober 2021 bis März 2022). Zwischen dem Ende des Referenzzeitraums und dem Zeitpunkt der Preisanpassung liegt jedoch in der Regel ein zeitlicher Versatz (sog. Timelag). Im dargestellten Beispiel ist dieser orange markiert und umfasst die sechs Monate von April bis September 2021. Durch den Timelag kann es dazu kommen, dass die Brennstoffkosten bei einer nicht auf die Abrechnungssystematik abgestimmten Beschaffung nicht durch die vereinbarten Wärmepreise abgedeckt werden können. Die gestiegenen Kosten gehen erst in die nächste Berechnung der Wärmepreise — in unserem Beispiel zum 1.10.2023 — ein, wodurch sich die Liquiditätssituation wieder entspannt.

 

Grafik Erzeugerpreisindex Referenzzeitraum, Timelag, Abrechnungszeitraum


Abbildung 2: Beispielhafte Darstellung des Bezugs- und Abrechnungszeitraumes für Wärme im Vergleich mit der Entwicklung der Brennstoffkosten (Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2021 | Stand: 25.10.2021 | GP09-352228100 Erdgas und GP09-0510 Steinkohle) 

 

Abstimmung der Kundenpreisanpassung und Beschaffungsstrategie zur Risikoreduktion

Versorger, die Brennstoffe kurzfristig beschaffen und dies nicht auf die verwendeten Indizes abstimmen, sind somit auf der einen Seite volatilen Brennstoffpreisen ausgesetzt und auf der anderen Seite an Kundenpreissysteme gebunden, die die Preisentwicklung der Vergangenheit als Referenzpunkt nehmen und über längere Zeit gültig sind. Die damit verbundenen Risiken werden in der aktuellen Situation deutlich. Um diesen Risiken entgegenzuwirken, sollten Fernwärmeversorger einige Punkte bei der Gestaltung der Preisgleitformel sowie hinsichtlich der Beschaffungsstrategie berücksichtigen.

 
Zunächst empfiehlt es sich, einen Index zu wählen, der möglichst treffend die gewählte Beschaffungsstrategie abbildet. Weiterhin ist es ratsam, den Referenzzeitraum so festzulegen, dass dieser möglichst genau mit dem Beschaffungszeitraum der Brennstoffmengen übereinstimmt. So wird gewährleistet, dass die Entwicklung der Brennstoffkosten in den Wärmepreisen der Kunden adäquat abgebildet ist. Weiter könnte auch darüber nachgedacht werden, in welchen Teilmengen die benötigten Brennstoffe bezogen werden sollten. In der Regel wird ein einfacher Durchschnitt der Indexwerte des Referenzzeitraums bei der Anpassung der Wärmepreise angewendet. Dementsprechend könnte etwa über eine Gleichverteilung der Bezugsmengen während des Beschaffungszeitraums nachgedacht werden. Soll jeglicher Zeitversatz ausgeschlossen werden, können unter Einhaltung der Transparenz- und Nachvollziehbarkeitskriterien gegebenenfalls auch zukunftsorientierte Börsenpreise zum Einsatz kommen. Hier ist zwingend zu beachten, dass die verwendeten Daten den Kunden zugänglich gemacht werden müssen, was in der Praxis mit Kosten für die Veröffentlichung der verwendeten Daten einhergehen kann.

 
Gerne unterstützen wir Sie bei der Wahl von geeigneten Indizes und der Gestaltung der Preisgleitformeln!
 

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