Reaktion auf steigende Fremdkapitalzinsen – neue Festlegungskompetenz für die Bundesnetzagentur (BNetzA)

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​veröffentlicht am 22. Februar 2023

 

Als Reaktion auf die aktuelle Zinswende hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) durch eine Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) eine neue Festlegungskompetenz erhalten. Grund hierfür ist, dass die derzeitige Systematik zur Berechnung des kalkulatorischen Fremdkapitalzinssatzes das aktuell deutlich gestiegene Fremdkapitalzinsniveau nicht adäquat abbildet. Durch den neuen Handlungsspielraum soll die BNetzA in die Lage versetzt werden, flexibel auf das Zinsumfeld reagieren und den kalkulatorischen Fremdkapitalzinssatz bei Bedarf anpassen zu können.

 

Steigende Fremdkapitalkosten

 

Der drastische Anstieg der Fremdkapitalzinsen in den letzten Monaten stellt viele Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen vor eine große Herausforderung. Noch im Jahr 2021 konnten Stadtwerke langfristige Kredite zu Zinssätzen von 1,0 % aufnehmen. Aktuell verlangt beispielsweise die KfW-Bank für das Kreditprogramm 148 (Investitionskredit kommunale und soziale Infrastruktur) bei 10-jähriger Zinsbindung selbst in der besten Bonitätsklasse einen Zinssatz von nahezu 4,0 % p.a.. Dieser durch die mehrmalige Erhöhung des Leitzinssatzes durch die Europäische Zentralbank (EZB) induzierte steile Zinsanstieg lässt sich auch an der Entwicklung der Umlaufsrenditen von Unternehmensanleihen in den letzten Monaten nachvollziehen (siehe Grafik).
 

 
Der Zinsanstieg ist gerade im Bereich des regulierten Netzgeschäftes und der dort angelegten Finanzierungsprämissen äußerst problematisch. Die aktuellen Fremdkapitalzinsen liegen deutlich über den Zinssätzen, die in den Netzkosten der Basisjahre 2020 und 2021 enthalten sind und ebenso deutlich über den Eigenkapitalzinssätzen gem. § 7 Abs. 7 StromNEV/GasNEV (Eigenkapitalzinssatz II), die bei der Ermittlung der kalkulatorischen Fremdkapitalzinsen im Rahmen des Kapitalkostenaufschlags während der vierten Regulierungsperiode herangezogen werden (Gas: 2,02 %, Strom 1,71 %).

 

Sollten das Marktzinsniveau in den kommenden Jahren nicht wieder abfallen und auf dem heutigen Niveau verbleiben, können die zu zahlenden Fremdkapitalzinsen nicht mehr über das Regulierungsregime zurückverdient werden. Der für die vierte Regulierungsperiode festgelegte Eigenkapitalzinssatz II deckt dabei nicht einmal die Hälfte der aktuellen Marktzinsen (siehe Grafik).
 
Neue Festlegungskompetenz für die BNetzA

 

Als Reaktion auf die aktuelle Zinswende und dem damit verbundenen Anstieg der Fremdkapitalzinsen hat die BNetzA mit Einführung des § 118 Absatz 46d EnWG nun eine neue Festlegungskompetenz erhalten. Anknüpfungspunkt sind die kalkulatorischen Fremdkapitalzinsen des Kapitalkostenaufschlags, welche aktuell nach den Vorgaben des § 10a Absatz 7 Anreizregulierungsverordnung (ARegV) ermittelt werden.


Die kalkulatorischen Fremdkapitalzinsen des Kapitalkostenaufschlags der jeweiligen Regulierungsperiode entsprechen dem im Basisjahr gem. § 7 Abs. 7 StromNEV/GasNEV festgelegten Eigenkapitalzinssatz II. Dieser ergibt sich aus einem gewichteten Durchschnitt zweier Umlaufrenditen über den Zeitraum der letzten zehn Kalenderjahre. Aufgrund des rapiden Anstiegs der Fremdkapitalzinsen innerhalb nur weniger Monate ist die Formel allerdings aktuell nicht mehr dazu geeignet, das tatsächliche Zinsniveau für eine Aufnahme von Fremdkapital adäquat abzubilden.


Zur Sicherstellung der Investitionsfähigkeit der Strom- und Gasverteilernetzbetreiber kann die BNetzA nun die Vorgaben zur Ermittlung des Zinssatzes bei Bedarf bundeseinheitlich anpassen. Schließlich sollen bis 2030 mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Hierfür ist es unerlässlich, dass gerade die Stromverteilnetzbetreiber umfangreiche Investitionen in die Niederspannungs- und Mittelspannungsebene tätigen. Dies setzt allerdings eine Finanzierbarkeit der Investitionstätigkeit voraus.


Ob, wann und für welchen Zeitraum die BNetzA von diesem neuen Werkzeug Gebrauch machen wird, ist noch unklar. Dass eine Erhöhung der kalkulatorischen Fremdkapitalzinsen vor dem Hintergrund der aktuellen Marktzinsen allerdings zwingend notwendig erscheint, bleibt außer Frage.

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