Fallstricke der Bauhandwerkersicherheit und wie Sie nicht stolpern

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​veröffentlicht am 1. August 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Die Bauhandwerkersicherheit verliert weiterhin nicht an Brisanz und birgt nicht ohne Grund ein hohes Risiko für Auftraggeber. Damit Auftraggeber besser einschätzen können, was mit einem entsprechenden Sicherungsverlangen des Auftragnehmers auf sie zukommt, zeigen wir Ihnen in diesem Artikel die Tücken eines solchen Sicherungsverlangens auf, die Sie nicht unterschätzen sollten.

 

 

 

 

Problemaufriss

Sehen wir uns zunächst die prekäre Ausgangslage an: Der Sicherungsanspruch des Auftragnehmers ist unabdingbar und darf durch den Auftraggeber weder eingeschränkt noch erschwert werden. Er entsteht grundsätzlich mit Vertragsabschluss und besteht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers vollständig beglichen ist. Und zwar unabhängig davon, ob die Leistungen bereits erbracht sind oder nicht. Auch nach Abnahme oder im Fall einer Kündigung kann noch Sicherheit verlangt werden. Entscheidend ist allein, ob die Möglichkeit eines zu sichernden Vergütungsanspruchs besteht. Anspruchsberechtigt sind nicht nur Bauunternehmen, sondern auch Architekten und Ingenieure.

 

Motive des Auftragnehmers

Die Motivlage des Auftragnehmers ist in der Regel kein Grund, das Sicherungsverlangen des Auftragnehmers als rechtsmissbräuchlich zu bewerten. Denn nach Auffassung der Rechtsprechung ist es nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Auftragnehmer mit seinem Sicherungsverlangen auch andere Zwecke verfolgt, als die Erlangung einer Sicherheit, zum Beispiel wenn sein Verlangen dadurch motiviert ist den Vertrag kündigen zu können oder er es als „Druckmittel” für Verhandlungen mit dem Auftraggeber verwendet.

 

Schnelles Handeln erforderlich

Zwar muss der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine angemessene Frist zur Vorlage einer Sicherheit setzen, es wird aber bereits eine Frist von sieben bis zehn Tagen als angemessen angesehen. Da diese Frist für die meisten Auftraggeber recht kurz bemessen ist, zwingt sie diese zum kurzfristigen Handeln. Zu beachten ist auch, dass die Vorlage einer Kopie der Bürgschaftsurkunde nicht genügt, um die Frist zu wahren. Dem Auftragnehmer muss vielmehr das Original der Bürgschaft innerhalb dieser Frist vorgelegt werden.

 

Vorhandene Streitpunkte sind unbeachtlich

Bei der Höhe der Sicherheitsleistung sind strittige Gegenforderungen des Auftraggebers nicht zu berücksichtigen. Auch Mängel führen nicht zu einer Reduzierung der Sicherheitsleistung, solange der Auftraggeber einen Mangelbeseitigungsanspruch im Wege der Nacherfüllung hat.


In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Vorschrift über die Bauhandwerkersicherung die Gefahr einer möglichen Übersicherung immanent ist. Denn der Gesetzgeber entschied sich zugunsten der Effektivität der Bauhandwerkersicherung dafür, dass Einwendungen des Auftraggebers nicht zur Aushöhlung dieses Grundsatzes führen dürfen, beispielsweise durch eine umfassende Aufrechnungsmöglichkeit des Auftraggebers mit etwaig bestehenden Gegenforderungen zum Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit.

 

Vielmehr ist die Aufrechnung nur mit unstreitigen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen zulässig. Ließe man eine uneingeschränkte Aufrechnungsmöglichkeit zu, müsste zunächst langwierig über die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs und etwaiger Gegenansprüche, Nachträge etc. gestritten werden. Das würde dem Zweck der Bauhandwerkersicherung zuwiderlaufen.

 

Folgen bei ausbleibender Sicherheit

Bei Nichtvorlage einer Sicherheit steht dem Auftragnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zu ( § 650f Abs.5 S.1 BGB). Kosten, die dem Auftragnehmer dadurch entstehen, dass er seine Leistung zurückhält, kann er gegenüber dem Auftraggeber als Schadensersatz geltend machen.

 

Des Weiteren hat der Auftragnehmer nach fruchtlosem Fristablauf die Möglichkeit den Vertrag zu kündigen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Auftragnehmer in diesem Fall nicht nur die bereits erbrachten Leistungen vergütet bekommt, sondern die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen, also wie bei einer freien Kündigung des Auftraggebers nach § 648 S.1 BGB.

 

Auswirkungen einer Kündigung

Eine Kündigung hat zunächst nur Auswirkungen auf die Höhe der Sicherheit. Denn eine Kündigung führt dazu, dass dem Auftragnehmer nur noch entweder die „große” oder die „kleine” Kündigungsvergütung zusteht. Das heißt, die kündigungsbedingte Reduktion der Vergütung verringert auch das Sicherungsbedürfnis des Auftragnehmers.

 

Da sich die Vertragsparteien eines gekündigten Bauvertrags jedoch typischerweise im Streit befinden, ist in den meisten Fällen damit zu rechnen, dass nach Vorlage und Prüfung der Schlussrechnung Uneinigkeit über die genaue Höhe der Kündigungsvergütung besteht.

 

Zu berücksichtigen ist außerdem, dass soweit Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch streitig sind, diese im Rahmen des § 650f BGB keine Berücksichtigung finden, es sei denn, der Streit wurde bereits anderweitig rechtskräftig geklärt. Eine Schlusszahlung wird im Streitfall daher allenfalls zu einer Reduzierung der Sicherheit führen und nicht zu einer kompletten Rückgabe.

 

Das heißt, nur soweit die gesicherte Forderung erfüllt wird, ist der Auftragnehmer in entsprechender Höhe zur Rückgabe der Bauhandwerkersicherung bzw. zur Abgabe einer Enthaftungserklärung verpflichtet.

 

Rückgabe

Wann die gewährte Sicherheit zurückzugeben ist, ist gesetzlich nicht geregelt. Jedenfalls mit vollständiger Zahlung der Vergütung wird jedoch regelmäßig der Zeitpunkt der Rückgabe erreicht sein. Voraussetzung für eine mögliche Rückgabe ist zunächst das Vorliegen einer Schlussrechnung. Denn ohne eine Schlussrechnung ist nicht bekannt, ob und in welcher Höhe noch eine offene Forderung abgesichert wird.

 

Darüber hinaus ist zu beachten, dass erst wenn etwaige Uneinigkeiten über die genaue Höhe der Vergütung beseitigt sind (z.B. durch Akzeptanz des Prüfergebnisses oder gerichtliche Klärung), die Sicherheit in vollem Umfang zurückzugeben wäre. Das mag für viele Auftraggeber ein unbefriedigendes Ergebnis sein, ist aber der Intention des Gesetzgebers geschuldet, dem Auftragnehmer ohne langwierige Streitigkeiten ein  effektives Sicherungsinstrument zur Hand zu geben.

 

Fazit

Auftraggeber müssen sich darüber klar werden, dass sie mit ihren Einwendungen gegen das Sicherungsverlangen des Auftragnehmers – außer im Fall des Anerkenntnisses oder einer rechtskräftigen Feststellung des Gegenanspruchs - in der Regel keine Chancen suchen brauchen. Vielmehr sollten sie sich darauf einstellen mit einem entsprechenden Sicherungsverlangen konfrontiert zu werden und in der Lage sein, kurzfristig eine Bauhandwerkersicherung übergeben zu können und zwar insbesondere, wenn sich ein Streit mit dem Auftragnehmer abzeichnet.

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