Beitragspflicht für Aufwendungen für Betriebsveranstaltungen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 29. April 2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten  

 

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 23. April 2024, Az. B 12 BA 3/22 R) über die Beitragspflicht in der Sozialversicherung für Aufwendungen für Betriebsverabstaltungen entschieden.​ 


 
  • Einführung
  • Verschärfung durch geänderte Rechtsprechung​
  • Vorinstanzurteil des LSG Niedersachsen-Bremen
  • Urteil des Bundessozialgerichts
  • Gestaltungshinweise

Einführung

Nach § 1 Abs. 1 S. 2 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) ist abweichend von der bis April 2015 geltenden Gesetzeslage eine Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung nicht mehr von der bloßen Möglichkeit einer pauschalen Versteuerung abhängig, sondern nur bei deren tatsächlicher Durchführung möglich.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV sind die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4a, 9 bis 11, 13, 15 und 16 SvEV genannten Einnahmen nur dann nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie vom Arbeitgeber oder von einem Dritten mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden.

Das betrifft u.a. die Beitragsfreiheit von Arbeitslohn, der nach § 40 Abs. 2 EStG pauschal versteuert werden kann (z.B. Betriebsveranstaltungen, arbeitstägliche Mahlzeiten, Übereignung von Ladevorrichtungen für E-Fahrzeuge, etc.).

Die Spitzenverbände der Sozialversicherung haben in ihrem Besprechungsergebnis vom 20. April 2016 die Regelung insoweit entschärft, als es bei der Beitragsfreiheit bleibt, wenn Arbeitgeber, bzw. der Dritte die Steuerfreiheit bzw. Pauschalversteuerung geltend macht, solange er den Lohnsteuerabzug ändern kann (d.h. bis zur Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung bzw. spätestens bis zum 28. Februar des Folgejahres).

Aus steuerlicher Sicht ist bei pauschal versteuertem Arbeitslohn eine Änderung des Lohnsteuerabzugs auch nach dem 28. Februar des Folgejahres möglich, da dieser in der Lohnsteuerbescheinigung nicht bescheinigt werden muss.

  

Verschärfung durch geänderte Rechtsprechung

Die Rechtsprechung (z.B. BSG vom 29. Juli 2015 (Az.: B 12 KR 23/13 R)) hat den Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und somit einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit weiter konkretisiert. Das BSG gab eine Abkehr von der ursprünglich vertretenen „Schön­wetter­recht­sprechung“ bekannt. Der sog. „Schönwetter-Selbstständigkeit“, die sich ausschließlich daraus ableitet, dass dem Betroffenen in harmonischen Zeiten freie Hand gelassen wird, während im Fall eines Zerwürfnisses dessen Weisungsunterworfenheit zum Tragen käme, sei nicht mehr zu folgen.

  

Verlangt wird eine im Gesellschaftsrecht wurzelnde „Rechtsmacht“. Selbstständigkeit wird dann angenommen, wenn der im Unternehmen Tätige an der Gesellschaft eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen hat. Diese Einflussmöglichkeit kann sich aufgrund einem aus seinem Geschäfts­​anteil ergebenden Stimmgewicht oder in Form einer Sperrminorität ergeben.

  

Im Einzelfall kann auch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags eine Sozialversicherungsfreiheit begründen.

  

Vorinstanzurteil des LSG Niedersachsen-Bremen

Die Vorinstanz, das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hatte am 24. März 2022 (Az. L 12 BA 3/20) noch entschieden, dass es bei der Beitragsfreiheit bleiben könne. Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung richte sich nach dem Steuerrecht. Dieser Zusammenhang entspreche § 17 Abs. 1 S. 2 SGB IV, wonach eine möglichst weitgehende Übereinstimmung der sozialversicherungsrechtlichen Regelungen mit denen des Steuerrechts sicherzustellen sei. In der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 1 S. 2 SvEV werde ausdrücklich betont, dass es auf die tatsächliche Erhebung der Lohnsteuer ankomme, die bloße Möglichkeit der steuerfreien oder pauschalbesteuerten Erhebung also nicht ausreiche, um Beitragsfreiheit zu begründen (BT-Drucksache 18/3699, Seite 48). Daher sei es entscheidend, dass der den Freibetrag von 110 Euro übersteigende Arbeitslohn aus Anlass der Betriebsveranstaltung tatsächlich pauschal besteuert worden sei. Die Gesetzesbegründung erlaube den Umkehrschluss, dass auch eine nachträglich vorgenommene Pauschalbesteuerung sozialversicherungsrechtlich relevant sei, solange der Arbeitgeber die vorgenommene steuerpflichtige Erhebung noch ändern könne.

Urteil des Bundessozialgerichts  

Das BSG ist dieser Auffassung nicht gefolgt und hat in einer Pressemitteilung vom 23. April 2024 die Entscheidung zum Verfahren mit dem Aktenzeichen B 12 BA 3/22 R veröffentlicht, wonach Aufwendungen für Betriebsveranstaltungen als geldwerter Vorteil in der Sozialversicherung beitragspflichtig sind, wenn sie nicht mit der jeweiligen Entgeltabrechnung, sondern erst erheblich später pauschal versteuert werden. Im Urteilsfall hatte ein Unternehmen die Aufwendungen für eine Jubiläumsfeier aus September 2015 erst im März 201​6 nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG pauschal versteuert. Nach Auffassung des BSG ist es für die Beitragsfreiheit entschei­dend, das die pauschale Versteuerung „mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum“ erfolgt. Dies wäre die Entgeltabrechnung für September 2015 gewesen. Dass im Steuerrecht bei der Pauschal­besteuerung anders verfahren werden kann, ändere an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nichts.


Gestaltungshinweise

Kein schönes Urteil für Arbeitgeber und ein Grund mehr, mit funktionierenden Sachzuwendungsprozessen sicherzustellen, dass insbesondere Betriebsveranstaltungen zeitnah steuerlich gewürdigt und ggf. pauschal versteuert werden.​

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