Neue erstinstanzielle Rechtsprechung zur Altgesellschaftereigenschaft bei § 1 Abs. 2a GrEStG auf mittelbarer Ebene

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veröffentlicht am 17. März 2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten


§ 1 Abs. 2a GrEStG besteuert die unmittelbare oder mittelbare Veränderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft innerhalb von 10 Jahren (früher: fünf Jahren), wenn dadurch mindestens 90% (früher: 95%) der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. Dem Begriff des „neuen Gesellschafters” kommt damit besondere Bedeutung zu.
 
Für den Fall von Anteilsübertragungen auf übergeordneter Ebene regelt Satz 4 der Vorschrift beispielsweise, dass eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft vollumfänglich als neue Gesellschafterin gilt, wenn an ihr mindestens 90% „der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen”. Es ist umstritten, ob „neuer Gesellschafter” in diesem speziellen mittelbaren Sinne sich nur auf die übergeordnete Kapitalgesellschaft oder mit auf die grundbesitzende Personengesellschaft bezieht.
 
In seinem im Februar veröffentlichten Urteil vom 10.03.2021, Az.: 7 K 101/18, hat das FG Niedersachsen entschieden, ein bereits unmittelbar als Altgesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft Beteiligter könne nicht als neuer Gesellschafter der übergeordneten Kapitalgesellschaft gelten. Das FG sah damit einen Fall als steuerunschädlich im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG an, in dem ein geringfügig an der Personengesellschaft unmittelbar Beteiligter B die Anteile an einem weiteren Gesellschafter, einer GmbH, übernahm: Nach dem FG hätte es nahegelegen, „wenn nicht gar zwingend aufgedrängt”, den Begriff des neuen Gesellschafters für die übergeordnete Ebene gesondert zu definieren, falls er dort anders gemeint wäre als für die unmittelbare Ebene. Außerdem hätte B die von der GmbH gehaltenen Personengesellschaftsanteile auch direkt übernehmen können und wäre diesbezüglich unstreitig Altgesellschafter gewesen; der Gesetzeszweck, missbräuchliche Umgehungsgestaltungen zu vermeiden, rechtfertige somit hier keine andere Auslegung.
 
Die vom FG zu Grunde gelegte Rechtsauffassung war für den Steuerpflichtigen im Urteilsfall günstig, ist in der Literatur allerdings umstritten; zum Teil wird vertreten, die Frage, ob ein alter oder ein neuer Gesellschafter vorliege, sei streng innerhalb der jeweiligen Gesellschaftsebene zu beurteilen. Das im Finanzgerichtsverfahren unterlegene Finanzamt hat nunmehr eine Klärung durch den BFH im Revisionsverfahren beantragt (Az.: BFH II R 28/21). Vorsicht ist also bislang auch in vergleichbaren Konstellationen noch angebracht. Das Urteil sollte weiter nicht dazu verleiten, den umgekehrten Fall als unkritisch zu sehen: Erwirbt ein bislang nur über eine Kapitalgesellschaft Beteiligter nunmehr unmittelbar Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft, muss dies nicht notwendigerweise ebenso entschieden werden. Der BFH hat für die unmittelbare Gesellschafterebene auch bereits geurteilt, dass eine Übertragung von Personengesellschaftsanteilen auf eine Gesellschaft des Veräußerers tatbestandsrelevant ist, auch wenn dieser weiterhin hinter dem Erwerber steht.
 
Das FG-Urteil und insbesondere die hierzu anhängige Revision können Auswirkungen auf mehrstöckige Anlagestrukturen, auch im Fondsbereich, haben. Anteilsübertragungen zwischen Beteiligten unterschiedlicher Ebenen sollten gleichwohl weiterhin zurückhaltend beurteilt werden. Übrigens stellen sich zur am 01.07.2021 eingeführten, nunmehr auch grundbesitzende Kapitalgesellschaften umfassenden, Parallelvorschrift des § 1 Abs. 2b GrEStG ähnliche Fragen. Die weitere Entwicklung wird hier zu beachten sein.

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Franz Lindner

Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth), Rechtsanwalt, Steuerberater

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