Zulässige Klauseln gegen unerwünschte Aktienübertragungen in der SE

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​​​​​veröffentlicht am 8. November 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Die Vorteile der Umwandlung einer deutschen Gesellschaft in eine europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE) sind zahlreich und veranlassen viele erfolgreiche deutsche Unternehmen zur Umwandlung ihrer Gesellschaft in die Rechtsform der SE. Tragende Gründe sind u.a. die Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Leitungsstruktur (monistisch/dualistisch), der Imagegewinn durch eine internationale Firmierung, die verbesserten Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung und nicht zuletzt die mögliche Flexibilisierung der unternehmerischen Arbeitnehmermitbestimmung.


Regelmäßig stellt sich im Rahmen geplanter Umwandlungsvorhaben die Frage, ob die bis dato geltenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages auch nach der Umwandlung in der künftigen SE fortgeführt werden können. 

Gerade in der GmbH genießt man aufgrund der Satzungsfreiheit einen weiten Spielraum in der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags. Demgegenüber ist der Spielraum bei der SE, die als europäische Aktiengesellschaft dem Grundsatz der Satzungsstrenge unterliegt, eingeschränkt. Im Grundsatz gilt für die SE, dass die Anteile frei übertragbar sein sollen. 

Insbesondere bei inhabergeführten Familienunternehmen wollen die jeweiligen Inhaber jedoch zu Recht kontrollieren können, wer Aktien der (Familien-)SE hält und damit die Geschicke des Unternehmens in Zukunft mitbestimmt. Häufig steht daher der Wunsch im Raum, die Regelungen der GmbH-Satzung möglichst unverändert in die SE zu überführen. 

Dieser Beitrag nimmt daher drei Regelungsmöglichkeiten zur Beschränkung der Übertragbarkeit von Aktien in der SE kurz in den Blick: 

Die Vinkulierung

Zulässig ist auch bei der SE die Bindung von Verfügungen über Aktien an Zustimmungserfordernisse durch die übrigen Aktionäre (sog. „Vinkulierung”), d.h. Verfügungen über Anteile können nur mit Zustimmung der anderen Aktionäre erfolgen. Mithilfe der Vinkulierung kann der Kreis der Aktionäre wirksam gelenkt werden, solange die Aktien rechtsgeschäftlich (insbesondere durch Kaufvertrag) übertagen werden und benötigte Mehrheiten in der Hauptversammlung gehalten werden. 

Schwieriger wird die Bestimmung über den Kreis der Aktionäre, wenn ein Aktionär verstirbt und seine Anteile daher nicht rechtsgeschäftlich, sondern von Gesetzes wegen auf seine Erben übergehen. Mangels rechtsgeschäftlicher Verfügung greifen Klauseln zur Vinkulierung hier nicht. 

Zwangseinziehung und Zwangsabtretung 

Fraglich ist daher, ob aus Sicht der übrigen Aktionäre unerwünscht durch Erbschaft übergegangene Anteile ggf. durch eine sog. Zwangseinziehung oder Zwangsabtretungsklausel wieder zurück in das Eigentum der Gesellschaft bzw. der Altaktionäre gebracht werden können. 

Zwangseinziehungsklauseln 

Bei Zwangseinziehungsklauseln wird der Gesellschaft – vertreten durch Ihren Geschäftsführer – das Recht eingeräumt innerhalb eines begrenzten Zeitraums nach dem Eigentumsübergang die Aktien zu einem nach festgesetzten Bewertungskriterien zu ermittelnden Preis vom neuen Anteilsinhaber (gegen seinen Willen) zu erwerben. 

Die Einziehung von Aktien gegen den Willen des Aktionärs ist in ihrer Ausgestaltung zwar rechtlich anspruchsvoller als die Einziehung von GmbH-Anteilen, aber grundsätzlich möglich. Anerkannter Einziehungsgrund ist insbesondere der Tod eines Aktionärs. 

Zwangsabtretungsklauseln 

In SE-Satzungen ebenfalls anzutreffen, wenngleich in der juristischen Literatur höchst umstritten, sind sog. Zwangsabtretungsklauseln.

Hier wird der Erbe zur Abtretung seiner Aktien an einen Dritten verpflichtet und bekommt im Gegenzug von diesem(!) eine angemessene, festgesetzte Entschädigung. Der Charme gegenüber der Zwangseinziehung liegt zum einen darin, dass die Gesellschaft nicht aus eigenen Mitteln die Aktien auslösen muss (Liquiditätsabfluss), zum anderen ist bei der Zwangsabtretung keine Kapitalherabsetzung notwendig. 

Der BGH hat bisher zur Zulässigkeit von Zwangsabtretungsklauseln in SE-Satzungen nicht entschieden. 

Unter anderem das deutsche Notarinstitut hält die Abtretungspflicht der Erben für eine Nebenverpflichtung, die mangels ausdrücklicher Aufzählung in § 54 f. AktG unzulässig sei. Für die Zulässigkeit einer Abtretungsverpflichtung müsse hiernach zuerst das AktG geändert und der Katalog zulässiger Nebenpflichten erweitert werden. 

Unser Fazit

Mit Vinkulierung und Zwangseinziehung stehen Familienunternehmern in der Rechtsform der SE probate Mittel bereit, um unerwünschten Anteils-Verfügungen an ihrer SE entgegenzutreten. 
Mit dem Gebot anwaltlicher Vorsicht ist von der Übernahme von Zwangsabtretungsklauseln aus der Alt-Satzung abzuraten. Gerade im Fall einer Umwandlung könnte eine solche Regelung das Registergericht auf den Plan rufen und eine Eintragung verhindern oder jedenfalls erheblich verzögern. 
Heilsam wäre hier ein höchstrichterliches Urteil des BGH oder gar das positivrechtliche Einschreiten des Gesetzgebers.

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