Die automatisch eintretende Straffreiheit der Selbstanzeige als Auslaufmodell – sie muss künftig teuer erkauft werden

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Bereits Mitte Mai 2014 kokettierten die Finanzminister der Länder während der Finanzministerkonferenz medienwirksam mit punktuellen Änderungen bei den Voraussetzungen für eine Selbstanzeige. Diese Eckpunkte griff die Politik auf und macht nun ernst: Seit Ende August 2014 liegt ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vor, der erneut deutliche Verschärfungen der Regelungen zur Selbstanzeige und deren Einschränkung vorsieht und über den  das Kabinett nun entschieden hat.

 
Das Bundeskabinett hat am 24.09.2014 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung beschlossen, das unter anderem auch erhebliche Verschärfungen bei den Regelungen zur Selbstanzeige vorsieht.
 
Die gute Nachricht zuerst: Die Möglichkeit zur Selbstanzeige bleibt auch weiterhin erhalten!
 
Doch die Voraussetzungen der Selbstanzeige und die damit verbundenen finanziellen Belastungen für die Steuerpflichtigen werden weiter deutlich verschärft:
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Dadurch soll erreicht werden, dass die bisher geltenden Fristen zur Festsetzungsverjährung durch einen späteren Beginn deutlich hinausgeschoben werden und somit der Steueranspruch des Staates für einen längeren Zeitraum durchsetzbar ist.
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Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung können über einen Zeitraum von 10 Jahren strafrechtlich geahndet werden; in allen anderen Fällen gelten 5 Jahre. Die steuerliche Festsetzungsfrist beträgt in allen Fällen jedoch immer 10 Jahre.
 
Die Einführung dieser nun fiktiven festen Frist von 10 Kalenderjahren, ausgehend von der Abgabe Selbstanzeige, sei nach Auffassung des Gesetzgebers Gründen der Rechtsklarheit geschuldet.
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Durch diese Formulierung „an der Tat Beteiligten” erstreckt sich die Sperrwirkung künftig auch auf sogenannte Anstifter und Gehilfen.
 
Weiterhin wurden die „Begünstigten” in § 370 Abs. 2 AO aufgenommen. Damit wurde die Regelungslücke dahingehend geschlossen, dass z.B. ein Mitarbeiter, der zugunsten des Unternehmens eine Steuerhinterziehung begangen hatte, stets – selbst bei Vorliegen der Sperrgründe für das Unternehmen und die entsprechenden Verantwortlichen – noch eine wirksame Selbstanzeige abgeben konnte. Dies ist durch die Neuregelung nicht mehr möglich. Dabei ist erwähnenswert, dass sich die Sperrwirkung auch auf einen ausgeschiedenen Mitarbeiter erstrecken soll.
 
Allerdings ist die bislang geltende umfassende Sperrwirkung einer Prüfungsanordnung sowie dem Erscheinen des Amtsträgers auf den jeweiligen sachlichen und zeitlichen Umfang beschränkt. Insofern soll die Selbstanzeige für Zeiträume die von diesem sachlichen und zeitlichen Umfang nicht betroffen sind, noch möglich sein. Hiermit entsteht eine Ausnahme von dem Vollständigkeitsgebot.
 
Im Übrigen wird der Sperrgrund auf die Umsatzsteuer- bzw. Lohnsteuernachschau erweitert. Dazu ist allerdings erforderlich, dass sich der Amtsträger als solcher der Finanzbehörde ausgewiesen hat, da sonst ggf. der betroffene Steuerpflichtige nicht wissen könnte, ob eine derartige Nachschau stattfindet oder nicht.
 
Führt diese Nachschau zu keinem Ergebnis, entfällt der Sperrgrund, sobald die Nachschau beendet ist. Andernfalls greift der Sperrgrund des „Erscheinens zur steuerlichen Prüfung“ bzw. „Tatentdeckung”.
 
Bei Überschreiten der benannten 25.000 Euro ist keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr möglich; vielmehr kann dann unter den entsprechenden Voraussetzungen nur mehr von der Verfolgung der Tat abgesehen werden.
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Bislang kann eine korrigierte Umsatzsteuervoranmeldung, die grundsätzlich eine wirksame Selbstanzeige darstellt, nicht zugleich im Rahmen der Jahreserklärung strafbefreiend wirken. Dies ist deshalb der Fall, weil wegen der Korrektur der Umsatzsteuervoranmeldung die Steuerhinterziehung als bekannt gilt und somit Tatentdeckung gegeben ist.
 
Weiterhin ist derzeit noch zu beachten, dass die Abgabe einer verspäteten Voranmeldung nur dann als wirksame Selbstanzeige gewertet werden kann, wenn zugleich auch die vorangegangenen Voranmeldungen korrigiert werden. Dies gebietet das Gebot der Vollständigkeit und macht gerade nachträgliche Korrekturen der Umsatzsteuervoranmeldungen so schwierig.
 
Mit der Gesetzesänderung soll eine Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot geschaffen werden, d.h. korrigierte und verspätete Umsatz- bzw. Lohnsteuervoranmeldungen gelten künftig als wirksame Teilselbstanzeige. Dies soll selbst dann gelten, wenn für die zurückliegenden Besteuerungszeiträume eine Außenprüfung bekanntgegeben oder ein Amtsträger zur Prüfung erschienen ist. 
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Die Zahlung von Zinsen auf die Steuernachforderung war bisher nicht Voraussetzung zur Erlangung der Straffreiheit. künftig sind neben der Entrichtung der Steuern auch die Zinsen innerhalb einer angemessenen Frist zu entrichten, um Straffreiheit zu erlangen.
 
Dies soll jedoch nicht für die leichtfertige Steuerverkürzung gelten, die lediglich mit Geldbuße geahndet wird. Von der Festsetzung einer Geldbuße wird überdies abgesehen, wenn der Täter die zu seinen Gunsten verkürzten Steuern innerhalb einer gesetzten Frist zurückzahlt.

 

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Dabei bezieht sich der Betrag des sogenannten Strafzuschlages auf die jeweilige noch nicht verjährte Straftat. Somit ist aber auf die Strafverfolgungsverjährung abzustellen. Bei Vorliegen von besonders schweren Fällen ist diese auf 10 Jahre zu bemessen, im Übrigen tritt die Strafverfolgungsverjährung 5 Jahre nach Tatbeendigung ein.

 
Dazu ein Beispiel aus der Begründung des Regierungsentwurfes:
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Sicherlich ist diese Darstellung leicht verzerrt, denn im Rahmen der steuerlichen Festsetzungsverjährung muss der Steuerpflichtige auch heute die entsprechenden Zinsen an die Finanzbehörde entrichten, die in gleicher Höhe anfallen, wie im Beispiel unter der neuen Rechtslage des Regierungsentwurfs verdeutlicht.
 
Der Unterschied liegt aber darin, dass die Zahlung von Zinsen nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung gilt.
 
Diese sofortige Zahlung macht die Selbstanzeige an sich teuer und zudem muss man sich die nicht mehr automatisch eintretende Strafbefreiung durch Zahlung des nach Höhe der hinterzogenen Steuer gestaffelten Strafzuschlages in der Form erkaufen, als dann von der Verfolgung der Tat abgesehen werden kann.
 
Trotz der Zahlung der hinterzogenen Steuer, der Zinsen und des Zuschlags soll kein Strafklageverbrauch eintreten, sondern die Wiederaufnahme des Verfahrens möglich sein, wenn sich im Nachgang herausstellt, dass die Angaben in der Selbstanzeige unvollständig oder unrichtig waren. Im Zuge des Strafverfahrens soll dieser Zuschlag nicht erstattet, aber im Falle einer Verurteilung auf die Geldstrafe angerechnet werden können.
 

Fazit

Angesichts dessen, dass mit einer verschärfenden Gesetzesänderung bereits zum 1. Januar 2015 zu rechnen ist, ist Handlungsbedarf bis 31. Dezember 2014 unbedingt angezeigt, wenn man von den noch geltenden, günstigeren Bedingungen profitieren will.
 
zuletzt aktualisiert am 29.09.2014

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Ulrike Grube

Wirtschaftsjuristin (Univ. Bayreuth), Rechtsanwältin

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