VAE: Arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbotsklauseln

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veröffentlicht am 22. November 2023 | Lesedauer ca. 7 Minuten

 

Auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist die Aufnahme von Klauseln zu nach­vertraglichen Wettbewerbsverboten innerhalb von Arbeitsverträgen mittlerweile gän­gige Praxis. Problematisch erscheint jedoch seit jeher deren faktische Wirksamkeit, als, dass die Durchsetzbarkeit solcher Klauseln oftmals mit hohen Hürden und Be­weis­problemen einhergeht, wobei der Arbeitgeber gleichzeitig innerhalb der Formu­lierung an die engen, gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen gebunden ist. Zumal stehen bei der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbot bereits kraft Natur der Sache die Interessen des Arbeitgebers im Vordergrund, sodass Gesetzgeber und Rechtsprechung zugleich dann eingreifen, wenn etwaige Klauseln inhaltlich über das Erforderliche zum Schutz der wesentlichen Interessen des Arbeit­gebers hinausgehen. Aus diesem Grund muss bereits im Voraus der Aufnahme eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots in den Arbeitsvertrag sichergestellt werden, dass diese auch im Einklang mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen steht.

   

 

  


Definition und Zweck eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots 

Unter einem Wettbewerbsverbot ist grundsätzlich die Einschränkung eines Arbeitnehmers in Konkurrenz zu seinem Arbeitgeber zu treten, zu sehen. Dies soll im Ergebnis dem Schutz der unternehmerischen Interessen und Vermeidung eines wirtschaftlichen Schadens des Arbeitgebers dienen. Insofern eignen sich nachvertrag­liche Wettbewerbsverbotsklausen dazu, Arbeitnehmern die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit, sei es durch Führung eines eigenen Betriebes oder Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses bei einem Wettbewerber nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zu untersagen. Auch weitergehende Handlungen wie das Abwerben von (vormaligen) Beschäftigten werden regelmäßig durch derartige Klauseln sanktioniert.

Die rechtlichen Grundlagen zum Wettbewerbsverbot finden sich in Art. 10 des Arbeitsgesetzes (Federal Decree-Law No. (33) of 2021), die wiederum durch Art. 12 der zugehörigen Durchführungsverordnung konkretisiert werden, als auch in Art. 909 f. des Zivilgesetzbuches (Federal Law No. 5/1985). Jene Bestimmungen spiegeln die Verpflichtung des Gesetzgebers wider, sicherzustellen, dass die Unternehmensinteressen vor unlauterem Wettbewerb geschützt werden.

Gesetzliche Rahmenbedingungen 

  1. Auffällig ist zunächst, dass der Gesetzgeber – anders als beispielsweise aus der deutschen Legislatur bekannt – auf die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer kompensierenden Karrenzentschädigung verzichtet, jedoch gleichzeitig oder vermutlich insbesondere aus diesem Grund konkrete Anforderungen an die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots festlegt, sodass diesem keinesfalls eine ausufernde Wirkung zukommen und einem faktischen Berufsverbot gleichstehen darf. 

    Art. 10 des ArbG i.V.m. Art. 12 der DurchfV und Art. 909 f. des Zivilgesetzbuchs legen dabei die rechtlichen Voraussetzungen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbot fest. 

    Als Grundsatz kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot einzig dann innerhalb eines Arbeitsvertrags vereinbart werden, wenn der Arbeitnehmer kraft seiner Beschäftigung Zugriff auf vertrauliche Daten oder Kenntnis über die Kunden oder Vertragspartner des Arbeitgebers hat. So kann beispielsweise ein Berufs­einsteiger, bei dem bereits bei Einstellung von vornherein ausgeschlossen ist, dass ein wesentlicher Kunden­kontakt besteht, keinesfalls dem selbigen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegen als ein Arbeit­nehmer mit Führungsposition, durchgehenden Kundenkontakt und wesentlicher Entscheidungsbefugnis. Eine pauschale Aufnahme eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unbeachtlich der jeweiligen Position des Arbeitnehmers kommt daher bereits von vornherein nicht in Betracht. 

    Als wesentliche Wirksamkeitsvoraussetzung, die insofern erfahrungsgemäß auch erhebliches Risiko einer Unwirksamkeit als Folge nach sich zieht, ist die zeitliche, sachliche und örtliche Einschränkung des Verbots anzusehen. 

    Dabei muss der Geltungsbereich der Verbotsvereinbarung eindeutig auf die zeitliche Dauer, den geografischen Bereich und die Art der Arbeitstätigkeit beschränkt sein. Im Rahmen einer Interessenabwägung darf die Vereinbarung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbot in diesem Zusammenhang nicht zu einer unrecht­mäßigen Belastung zulasten des Arbeitnehmers führen, sodass dieser de facto dazu gezwungen ist, das Arbeitsverhältnis beizubehalten. Eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung darf folglich nur insoweit getroffen werden, als diese zur Wahrung berechtigter Interessen des Arbeitgebers nötig ist. Anderenfalls ist das Wettbewerbsverbot als ungültig und missbräuchlich anzusehen.

    Hinsichtlich der zeitlichen Beschränkung hat der Gesetzgeber festgelegt, dass ein nachvertragliches Wettbe­werbsverbot dann keine unrechtmäßige Belastung darstellt, wenn es die Dauer von zwei Jahren nicht über­schreitet. 

    Bezüglich sachlicher und örtlicher Beschränkung mangelt es hingegen an einer eindeutigen Bestimmung seitens des Gesetzebers, sodass sich im Rahmen einer Abwägung auf das erforderliche Maß beschränkt werden muss. Erstreckt sich die ausgeübte Tätigkeit beispielsweise auf lediglich ein einziges Emirat, so kann bereits eine Festlegung auf die gesamten Vereinigten Arabischen Emirate als unangemessen ausgelegt werden.

    Als Grundsatz empfiehlt sich daher das nachvertragliche Wettbewerbsverbot im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen so konkret als möglich zu formulieren, um eine abweichende Auslegung der Parteien oder eines Gerichts innerhalb eines etwaigen Gerichtsverfahrens zu vermeiden.
  2. Aus rechtlicher Sicht ist die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbot ebenso immer dann im Detail zu prüfen, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen einer Entsendung in ein Arbeitsverhältnis in den Vereinigten Arabischen Emiraten eintritt, gleichzeitig jedoch über ein – gegebenenfalls ruhend gestelltes – Arbeitsverhältnis, innerhalb einer ausländischen Jurisdiktion, beispielsweise bei der ausländischen Mutter­gesellschaft, verfügt. Hierbei ist insofern zu beachten, dass das innerhalb des lokalen Arbeitsverhältnisses vereinbarte Wettbewerbsverbot regelmäßig Einklang in das ausländische Vertragsverhältnis finden und daher Verpflichtungen aus diesem Rechtsystem hervorrufen kann. Insbesondere die, im Vergleich zu anderen Rechts­ordnungen, fehlende Verpflichtung zur Zahlung einer Karrenzentschädigung in den VAE während der Dauer des Verbots, kann dabei grundsätzlich grenzüberschreitende Vertragsverletzungen hervorrufen, sodass faktisch die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots entsprechend der lokalen Voraus­setzungen oftmals ausscheidet. Daher ist eine grenzüberschreitende Betrachtungsweise bei mehreren Vertragsverhältnissen unter Berücksichtigung des ausländischen Arbeitsverhältnisses und der dazu anwendbaren Vorschriften regelmäßig unumgänglich.

Anwendbarkeit, Verzicht und Durchsetzbarkeit eines nachvertraglichen Wettbe­werbs­verbots 

  1. Zweifelhaft erscheint jedoch im Ergebnis die tatsächliche Effektivität eines nachvertraglichen Wettbewerbs­verbots, als, dass sich die Durchsetzung einer solchen Vereinbarung regelmäßig als schwierig gestaltet.

    Dennoch ist vor angedachter Durchsetzung eines etwaigen Wettbewerbsverbots zu beachten, dass eine schrift­liche Vereinbarung nicht ohne Weiteres zur Anwendbarkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots führt. 

    Insbesondere ist eine Anwendbarkeit und daher auch Durchsetzbarkeit dann von vornherein ausgeschlossen, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Gründen, die dem Arbeitgeber zuzurechnen sind oder auf dessen Pflichtverletzung beruht, als auch im Falle einer ungerechtfertigten Arbeitgeberkündigung. Gleiches gilt bei einer Kündigung während einer unter Umständen vereinbarten Probezeit. 

    Als weiteren, jedoch ungeschriebenen Ausschlussgrund, und daher gleichsam den Ausschluss einer Anwend­barkeit sieht die Rechtsprechung neuerdings dann, wenn der Arbeitgeber trotz an sich wirksam bestehender Wettbewerbsverbotsklausel willentlich dem Wechsel zu einem in Konkurrenz stehenden Unternehmen zustimmt. Es folge hieraus, dass der Arbeitgeber damit auf sein Recht zur Durchsetzung des Wettbewerbs­verbots und daraus resultierender Ersatzansprüche nicht in Anspruch nehmen möchte. 
  2. Auch können die Parteien des Arbeitsverhältnisses gem. Art. 12 Nr. 4 der DurchfV trotz bestehendem nach­vertraglichen Wettbewerbsverbot innerhalb des Arbeitsvertrags übereinstimmend durch schriftliche Verein­barung von der Verbotsklausel absehen. Zudem sieht das Arbeitsgesetz in Art. 12 Nr. 5a) der DurchfV vor, dass, vorbehaltlich der Einwilligung des vorherigen Arbeitgebers, der Arbeitnehmer von dem Verbot befreit sein soll, sofern entweder durch den neuen Arbeitgeber oder durch den Arbeitnehmer selbst eine Entschä­digung in Höhe von drei Monatsgehälter an den verzichtenden Arbeitgeber gezahlt wird.
  3. Problematisch erscheint seit jeher allerdings die Durchsetzbarkeit und Erfolgsaussichten eines Rechts­mittels bei Verstoß gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbots. Erfahrungsgemäß zeigt sich dies meist als langwieriger und kostspieliger Prozess. Insbesondere bei Sachverhalten, in denen ein Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot droht, folglich zwischen erfolgter Unterzeichnung eines neuen Arbeits­vertrags und tatsächlichen Arbeitsbeginn, erscheint eine vorbeugende Unterlassungsverfügung oftmals als wirksamstes Mittel. Im Ergebnis mangelt es jedoch im Rechtssystem der VAE mit Ausnahme der Legislaturen einzelner Freihandelszonen an einem solchen Anspruch und Rechtsmittel. Daher kann rechtlich ein drohen­der oder auch bereits absehbarer Verstoß faktisch nicht unterbunden werden, wobei einzig die Möglichkeit der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches verbleibt. In diesem Zusammenhang obliegt jedoch dem Arbeitgeber die Beweislast hinsichtlich des erlittenen Schadens, der sich im Einzelfall zudem schwierig zu beziffern und konkretisieren lässt.

    Normiert eine Wettbewerbsverbotsklausel dagegen die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Leistung eines pauschalen Schadensersatzes, folglich einer Vertragsstrafe, so obliegt die Beweislast, dass der in der Klausel geforderte Betrag dem Arbeitgeber nicht auch tatsächlich entstanden ist, vielmehr dem Arbeitnehmer. Allerdings ist auch hier zu beachten, dass gem. Art. 910 des Zivilgesetzbuches die Höhe der Vertragsstrafe nicht derart zulasten des Arbeitnehmers ausgestaltet sein darf, sodass dieser faktisch gezwungen ist inner­halb des bestehenden Arbeitsverhältnisses im Unternehmen zu verbleiben. Nachdem Art. 12 Nr. 5a) der DurchfV grundsätzlich die Möglichkeit eines Ausschlusses des Wettbewerbsverbots bei einer Zahlung von bis zu drei Monatsgehältern vorsieht, erscheint die Bezugnahme auf diesen Betrag zunächst als dogmatisch schlüssig. Durch die Aufnahme eine Vertragsstrafe innerhalb des Arbeitsvertrags kann bereits von vornherein die Höhe des zu erwartenden Anspruchs im Falle eines Verstoßes festgelegt werden, wobei insbesondere für den Arbeitgeber die Schwierigkeit des Nachweises und Konkretisierung des individuellen Schadens umgangen werden kann, nachdem mangels entsprechenden Rechtsmittels ein drohender Verstoß ohnehin nicht verhindert werden kann. Auch eine Auslegung und Angemessenheitsprüfung des Gerichts, die im Einzelfall jeweils unterschiedlich ausfallen und daher nicht zur Rechtsicherheit beitragen wird, kann daher durch die Vertragsparteien vermieden werden.

    Letztendlich liegt die Beurteilung, ob eine Wettbewerbsverbotsklausel oder auch Vertragsstrafe und deren Höhe wirksam und angemessen ist, als auch die Frage ob ein vertragswidriges Handeln des Arbeitnehmers vorliegt, jedoch im Ermessen des jeweils zuständigen Gerichts. Die Gerichte der Vereinigten Arabischen Emirate prüfen Wettbewerbsverbotsklauseln in Arbeitsverträgen insofern einzelfallbezogen und unter Heranziehung der vorliegenden Beweise.

Zusammenfassung 

Abschließend lässt sich festhalten, dass übliche Klauseln hinsichtlich nachvertraglicher Wettbewerbsverbote von Arbeitnehmern an sich ein wesentliches Risiko der Unwirksamkeit mit sich bringen, als, dass die gesetz­lichen Voraussetzungen eine Konkretisierung und Beschränkung hinsichtlich der oben genannten Parameter mit sich bringen müssen. Eine übliche, gegebenenfalls auch unwirksame, Klausel resultiert im Zweifel zwar zu einem gewissen Moment der Abschreckung des Arbeitnehmers, tatsächlich ein Arbeitsverhältnis mit einem Wettbewerber des Arbeitgebers einzugehen, gleichzeitig mangelt es jedoch an einem vollumfassenden Schutz der unternehmerischen Interessen. Im Übrigen sichert gewährleistet selbst eine wirksame Wettbewerbs­verbots­klausel keinesfalls die rechtliche Sicherstellung der unternehmerischen Interessen des Arbeitgebers, da sich zeigt, dass eine solche in der Regel lediglich innerhalb langwieriger und kostspieliger Prozesse durchzu­setzen ist, wenngleich die Erfolgsaussichten oder die Höhe des zu erreichenden Schadensersatzes nicht absehbar sind. 

Als wirksame Alternative hat sich daher vor allem die Aufnahme einer pauschalen Schadensersatzverpflichtung im Rahmen einer Vertragsstrafe herauskristallisiert. Auch hier sind zwar die zwingenden Voraussetzungen und Grenzen des Verbots an sich zu beachten, allerdings kann dadurch insbesondere die Hürde des beizubringen­den Nachweises der Höhe des tatsächlich erlittenen Schadens, die die klagende Partei regelmäßig vor Schwierigkeiten stellt, umgangen werden kann.

Andernfalls bleibt einzig der Verweis auf die allgemeinen Schadensersatzansprüche, die zwar grundsätzlich auch auf Arbeitsverhältnisse Anwendung finden, jedoch eben nicht dem Arbeitsrecht, sondern dem allgemeinen Zivilrecht entstammen, sodass eine Durchsetzung im Zweifel weitaus höhere Hürden mit sich bringen dürfte. 

Sollte innerhalb eines Arbeitsvertrags keinerlei Wettbewerbsverbots enthalten sein, dies ist vor allem dann der Fall, wenn keine zusätzliche Vereinbarungen über den im Rahmen der Visabeantragung ausgestellten Standard­arbeitsvertrag eingegangen werden, kann dies beispielsweise auch im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder einer Verpflichtungserklärung innerhalb der (übereinstimmenden) Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach­geholt werden. Zwar verweist Art. 10 Nr. 1 ArbG auf die Aufnahme innerhalb des Arbeitsvertrags, erfahrungs­gemäß erkennt die Rechtsprechung auch die obigen Mittel im Rahmen der üblichen Praxis an, wenngleich hierzu entsprechend der Zustimmung des Arbeitnehmers zwingend vorausgesetzt ist. Sollte daher ein nach­vertrag­liches Wettbewerbsverbot nicht von vorneherein vereinbart worden sein, ist der Arbeitnehmer keines­falls verpflichtet einem solchen zuzustimmen und nicht bereits kraft Gesetzes an ein solches gebunden. Dies führt dazu, dass sofern nicht bereits im Rahmen der Begründung des Arbeitsverhältnisses ein nachvertrag­liches Wettbewerbsverbot vereinbart wurde, Arbeitnehmer in der Regel auch nachträglich einem solchen, insbesondere bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, nicht mehr zustimmen. 

Insofern empfiehlt sich für Arbeitgeber bereits bei Einstellung und Aufsetzen des Arbeitsverhältnisses ein aus juristischer, als auch faktischer Sicht passendes und insbesondere durchsetzbares Instrument zur Wahrung der unternehmerischen Interessen zu wählen.
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