Steuerliche Aspekte der konzerninternen Vertriebsstrukturierung

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EuroDie Neustrukturierung und Optimierung der Wertschöpfungskette gehört regelmäßig zu den Daueraufgaben eines Unternehmens, auch im Bereich Vertrieb. Erfolgen die Restrukturierungsmaßnahmen grenzüberschreitend, rückt solch ein Sachverhalt schnell in den Fokus der Finanzverwaltung mit oft unvorhergesehenen steuerlichen Folgen.
 
Multinationale Unternehmen stehen gehäuft vor der Herausforderung, Preisstrukturen, Vertriebskosten und die Erträge in Einklang zu bringen. Mit wachsenden Strukturen schießen die Vertriebskosten in die Höhe und beeinflussen damit die Erträge negativ. Restrukturierung, Reorganisation sowie Neuaufstellung des Vertriebs sind in diesem Zusammenhang häufig ergriffene Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, gilt es, selektive Vertriebsstrukturen aufzubauen und eine globale Vertriebsorganisation mit einheitlichen Vertriebsprozessen zu schaffen. Die damit einhergehende Veränderung in den Funktions- und Risikoprofilen der Konzerngesellschaften führt fast zwangsläufig zu grenzüberschreitenden Verschiebungen von Gewinnpotenzialen. Zunehmend bilden solche Sachverhalte einen der Schwerpunkte in der Betriebsprüfung, da die Verlagerung von Gewinnchancen üblicherweise auch die Verlagerung des Steuersubstrats ins Ausland nach sich zieht.
 
Der deutsche Gesetzgeber hat im Außensteuergesetz Mechanismen geschaffen, die die kompensationslose Verschiebung des Steuersubstrats ins Ausland verhindern sollen. Daneben hat die OECD am 5. Oktober 2015 das Maßnahmenpaket gegen „Base Erosion and Profit Shifting” (kurz BEPS) verabschiedet. Im Rahmen des Aktionsplans gegen Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen ist die Maßnahme 7 veröffentlicht worden („Preventing the Artificial Avoidance of Permanent Establishment Status”), welche multinationale Unternehmen daran hindern soll, im Rahmen von Vertriebsrestrukturierungsmaßnahmen die Begründung einer Auslandsbetriebsstätte künstlich zu umgehen.
 

Steuerliche Sicht auf Vertriebsstrukturierungen

Die Restrukturierung des Vertriebs kann je nach Bedarf etwa durch Auslagerung zentraler Vertriebsfunktionen auf eine ausländische Tochtergesellschaft erfolgen. Denkbar ist auch zum Beispiel die Umstellung vom Eigenhändler- zum Kommissionärsmodell. Verrechnungspreisrechtlich können diese Maßnahmen als Funktionsverlagerung eingestuft werden und einen steuerlichen Vergütungsanspruch nach sich ziehen. Bei steuerlicher Beurteilung solcher Sachverhalte ist die Frage nach der Übertragung (immaterieller) Wirtschaftsgüter von zentraler Bedeutung. Im Zusammenhang mit Vertriebsfunktionen stehen regelmäßig immaterielle Wirtschaftsgüter wie Kundenstamm, Marke und Vertriebs-Know-how im Fokus. Werden etwa die Kunden, die in der Vergangenheit vom deutschen Stammhaus beliefert wurden, nun von der ausländischen Tochtergesellschaft beliefert, so liegt der Verdacht einer Kundenstammverlagerung nahe, die den Abzug der (potenziellen) Vertriebsmarge ins Ausland bedeuten kann. Der Gesetzgeber sieht für solche Fälle einen steuerlichen Ausgleichsanspruch gegen die ausländische Tochter in Form eines fremdüblichen Verrechnungspreises vor, der auf Basis von Gewinnpotenzialen zu ermitteln ist. Bei der Implementierung des Kommissionärsmodells anstelle des Eigenhändlermodells ist aus deutscher Verrechnungspreissicht zu beachten, dass dem im Inland ansässigen Prinzipal aufgrund des erweiterten Funktions- und Risikoprofils im Vergleich zu einem Kommissionär auch die meisten Rückflüsse aus der Vertriebstätigkeiten zustehen sollten.
 
Werden Restrukturierungsmaßnahmen ergriffen, so sollte sich der Steuerpflichtige bereits im Vorfeld fragen, welchen Einfluss dieser Vorgang auf die Verrechnungspreisgestaltung hat. Im zweiten Schritt müssen diese Vorgänge sorgfältig dokumentiert werden, um Risiken in der Betriebsprüfung zu minimieren.
 

Neue Betriebsstättenproblematik

Die OECD-Veröffentlichung der BEPS-Maßnahme 7 zur „Verhinderung der künstlichen Vermeidung von Betriebsstätten” wird künftig zur Folge haben, dass Vertriebsrestrukturierungsmaßnahmen die Gefahr einer Betriebsstättenbegründung im Ausland nach sich ziehen. Dies gilt vor allem für Vertriebsstrukturen, in welchen Handelsvertreter und Kommissionäre eingesetzt werden. Aus Sicht der OECD werden Kommissionär- und Handelsvertreterstrukturen regelmäßig dazu verwendet, die steuerliche Bemessungsgrundlage in einem Staat zu minimieren. Die BEPS-Maßnahme 7 enthält daher einen Vorschlag für die Erweiterung des Betriebsstättenbegriffs im OECD-Musterabkommen. Die vorgeschlagene Änderung sieht vor, dass im Rahmen von Kommissionär- oder Handelsvertreterstrukturen der Prinzipal im Tätigkeitsstaat des Kommissionärs oder Handelsvertreters künftig eine Vertreterbetriebsstätte begründet. Konsequenz daraus wäre die Verpflichtung des Prinzipals eine Betriebsstättengewinnermittlung vorzunehmen und eine Steuererklärung im Ausland einzureichen.
 

Hinweis

Vor der Umsetzung von Restrukturierungsmaßnahmen empfehlen wir, das Vorhaben auch im Hinblick auf die steuerlichen Folgen zu würdigen. Bezüglich der Kommissionär- oder Handelsvertreterstrukturen empfehlen wir, die aktuelle Entwicklung auf nationaler Ebene sowie OECD-Ebene zu beobachten, um rechtzeitig negativen steuerlichen Konsequenzen begegnen zu können.
 
zuletzt aktualisiert am 27.07.2016
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