Neue Börse Peking – Beijing Stock Exchange – ein Überblick

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zuletzt aktualisiert am 1. Dezember 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten

von Christina Gigler

 

  

Update:
Der Handel an der neuen Pekinger Börse wurde am 15. November (letzten Montag) aufgenommen. Die erste Gruppe börsennotierter Unternehmen umfasste insgesamt 81. Von den 81 Aktien sind 71 aus der „ausgewählten Stufe" der NEEQ gewechselt, während 10 neue Aktien, die zuvor in der „innovativen Stufe" gehandelt wurden, hinzugekommen sind. Am Ende des ersten Handelstages verzeichneten alle 10 neu gelisteten Aktien Kursgewinne, während die anderen 71 Aktien eine teilweise eher bescheidene Performance aufwiesen. Am besten schnitt der Autoteilehersteller Henan Tongxin Transmission Co., Ltd. ab, der mit 494 Prozent über seinem IPO-Kurs schloss. Am schwächsten war die Tonghuijiashi (Beijing) Information Technology Co., Ltd. mit einem Verlust von 16 Prozent.

    

Der wachsende chinesische Kapitalmarkt, sowohl Aktienmarkt als auch Anleihemarkt, wird von deutschen Investoren oft vernachlässigt. Heutzutage sehen allerdings viele lokale chinesische (insbesondere technologieorientierte) Unternehmen IPOs als eine der häufigsten Finanzierungsformen. Auch für Finanzinvestoren sind IPOs in den meisten Fällen die bevorzugte Form des Exits.  

 

  


     
Seit September 2021 gibt es eine neue Börse in Peking. Der chinesische Präsident Xi Jinping kündigte am 2. September 2021 an, dass China eine Pekinger Börse (Beijing Stock Exchange) einrichten und sie zu einer wichtigen Basis für innovative kleine und mittlere Unternehmen („KMU“) ausbauen wird.
 
Die neue, dritte nationale Börse auf dem chinesischen Festland könnte bereits Ende des Jahres den Handel mit zunächst 66 Unternehmen aus der „ausgewählten Stufe" an der NEEQ (siehe Abschnitt C unten) aufnehmen, sagen Marktinsider.
   

Allgemeine Informationen

Auf der offiziellen Website des National Enterprise Credit Information Publicity System ist zu lesen, dass die Beijing Stock Exchange Co., Ltd., die Unternehmensregistrierung abgeschlossen hat und am 3. September 2021 gegründet und genehmigt wurde.

Aus den Registrierungsinformationen geht hervor, dass die Pekinger Börse zu 100 Prozent im Besitz der National Equities Exchange and Quotations Co, Ltd. („NEEQ") als alleinigem Gesellschafter gehört. Ihr eingetragenes Kapital beträgt 1 Milliarde RMB. Die eingetragene Adresse der Pekinger Börse ist die gleiche wie die der National Stock Exchange Corporation.
    

Rolle der Pekinger Börse

Die Pekinger Börse wird eine andere Rolle spielen als die bestehenden Börsen in Shanghai und Shenzhen und soll der Entwicklung innovationsorientierter KMU besser dienen, so die China Securities Regulatory Commission („CSRC") in einer Erklärung kurz nach der Ankündigung der neuen Börse.

Die Börse Shanghai (Shanghai Stock Exchange) wurde 1990 gegründet und ist heute die größte Börse Festlandchinas und eine wichtige Säule der Volkswirtschaft, von Schlüsselunternehmen und Unternehmen grundlegender Industrien. Zusätzlich wurde im Sommer 2019 das Science and Technology Board (STAR Market) offiziell eröffnet, das hauptsächlich Start-Ups und High-Tech-Unternehmen listet und spezialisiert ist auf die Unterstützung von High-Tech-Industrien und strategischen neuen Industrien wie Informationstechnologie der neuen Generation, High-End-Ausrüstung, neue Materialien, alternative Energiegewinnung, Energieeinsparung, Umweltschutz sowie Biomedizin als auch aufstrebende Industrien usw..

Die Börse Shenzhen (Shenzhen Stock Exchange/SZSE) wurde ebenfalls 1990 gegründet und listet verschiedene Marktindizes mit unterschiedlicher Marktpositionierung, z. B. ist die Shenzhener Börse für Blue Chips mit hoher Marktkapitalisierung positioniert. Als zweiter Markt - ähnlich dem amerikanischen NASDAQ – wurde 2009 der ChiNext etabliert, der auf Privat- und Technologieunternehmen spezialisiert ist.

So soll durch die Pekinger Börse die bestehende NEEQ aufgewertet werden. Dort waren bis Ende 2020 fast 6.000 Unternehmen, vor allem KMU, gelistet. Die Rollenverteilung ist somit klar geregelt – und zeigt die Bemühungen der chinesischen Regierung, den Wert von KMU innerhalb der Volkswirtschaft nicht zu unterschätzen und innovationsgetriebenen Unternehmen, korrespondierend zur Strategie der chinesischen Regierung Innovationsführer zu werden, neue Finanzierungsmöglichkeiten zu bieten. Gleichzeitig soll die Interkonnektivität mit den beiden Börsen in Shanghai und Shenzhen gestärkt werden.  
      

Wie die neue Pekinger Börse funktionieren wird

Die Pekinger Börse hat bis zum 22. September 2021 Entwürfe für Vorschriften über die Börsennotierung, den Handel und die Mitgliederverwaltung zur öffentlichen Stellungnahme publiziert. Darüber hinaus hat die CSRC mehrere Verordnungsentwürfe zur öffentlichen Stellungnahme bis zum 3. Oktober 2021 veröffentlicht, die unter anderem Bestimmungen über die Führungsstruktur der Börse und die Zuständigkeiten der Börse bei der Beaufsichtigung von Aktienemittenten enthalten.

Am 17. September 2021 hat die Pekinger Börse Leitlinien herausgegeben, in denen die Kriterien für qualifizierte Börsenteilnehmer beschrieben sind. Kleinanleger müssen über ein Wertpapiervermögen von mindestens RMB 500.000 verfügen und eine mehr als zweijährige Investitionshistorie haben, um an der Pekinger Börse notiert werden zu können. Es wurde keine Kapitalschwelle für institutionelle Anleger festgelegt.

Nach Angaben der CSRC dürfen die zu handelnden Aktien innerhalb eines einzigen Handelstages nicht um mehr als 30 Prozent steigen oder fallen. Außerdem gelten für neu notierte Aktien am ersten Handelstag keine Obergrenzen für Kursänderungen. Erst ab dem zweiten Handelstag gilt das tägliche Kurslimit.

Die NEEQ, auch bekannt als New Third Board, wurde 2012 gegründet und ist seit 2013 operativ tätig, um Kleinstunternehmen, KMUs und Start-ups, die nicht in der Lage sind, die Börsennotierungsstandards der Börsen in Shanghai und Shenzhen zu erfüllen, mit neuen Finanzierungsmöglichkeiten zu unterstützen.

Der Direkthandel an der NEEQ ist derzeit in drei Stufen unterteilt,
(1) die so genannte „ausgewählte Stufe" (derzeit 66 Unternehmen) für hochwertige Unternehmen der NEEQ, die eine gute Rentabilität aufweisen oder sehr innovativ sind,
(2) die „innovative Stufe" für Unternehmen, die die Anforderungen für die „ausgewählte Stufe" nicht erfüllen, aber gut geführt sind und
(3) die „Basisstufe" für die übrigen Unternehmen.

Die Pekinger Börse wird die Unternehmen der „ausgewählten Stufe" der NEEQ integrieren. Unternehmen der beiden anderen Stufen werden weiterhin im Freiverkehrsmarkt der NEEQ bleiben.

Die Notierung an der Pekinger Börse wird für Unternehmen möglich, wenn sie 12 Monate in Folge in der „ausgewählten Stufe" der NEEQ waren, den erwarteten Marktwert und bestimmte Finanzstandards erfüllen, bei der CSRC registriert sind, ein öffentliches Angebot an nicht-spezifische qualifizierte Investoren durchgeführt haben und die Anforderungen an den Anteil der öffentlichen Aktionäre erfüllen.
   

Ausblick

Mit der Gründung der dritten, und sehr spezialisierten, Pekinger Börse versucht die chinesische Regierung, wie schon durch die Gründung des STAR-Markets an der Börse Shanghai, IPOs von chinesischen, technologie- und zukunftsorientierten Unternehmen im Land zu halten. Die Regulierung für heimische (Privat)Unternehmen, die im Ausland (bspw. den USA) oder in Hongkong einen Börsengang planen, wurde in den letzten Jahren zunehmend verschärft. Prominentes Beispiel ist der Fahrdienstleister Didi, der sich kurz nach seinem Börsengang in den USA einer Cybersicherheitsprüfung unterziehen musste, was ein Downloadverbot seiner App in China zur Folge hatte.

Noch ist die Planungsphase für die Pekinger Börse nicht abgeschlossen, was weiterhin Fragen aufwirft, die sich frühstens im Laufe 2022 beantworten lassen, bspw.:

  • Können ausländisch investierte Unternehmen an der Pekinger Börse listen?
  • Wird die Gründung der Pekinger Börse Mittel von den Märkten in Shanghai und Shenzhen abziehen?
  • Welche Auswirkungen wird sie auf den chinesischen Aktienmarkt haben?
  • Welche Wirtschaftszweige werden betroffen sein?
  • Welche Auswirkungen wird sie auf die Anleger haben?

  
Traditionell finanzieren deutsche Investoren ihre Tochtergesellschaften in China durch Gesellschafter- oder Bankdarlehen. Die Finanzierung auf dem Kapitalmarkt kann jedoch auch eine Alternative darstellen. Wir werden die weiteren Entwicklungen verfolgen.

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