China reformiert die Mehrwertsteuer: Was Unternehmen jetzt beachten müssen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 9. September 2025 | Lesedauer ca. 5 Minuten

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Am 1. Januar 2026 tritt das neue chinesische Mehrwertsteuergesetz („MwSt.-Gesetz“) offiziell in Kraft. Bereits am 11. August 2025 wurde der Entwurf der Durchführungsbestimmungen zur öffentlichen Kommentierung veröffentlicht. Die Frist zur Stellungnahme endet am 10. September 2025. Im Folgenden haben wir die wichtigsten Punkte des Entwurfs für Sie zusammengefasst:


 


Steuerpflicht bei Dienstleistungen: Ort des Verbrauchs wird entscheidend

Das Mehrwertsteuergesetz definiert steuerpflichtige Transaktionen für den Verkauf von Dienstleistungen und immateriellen Vermögenswerten neu. Maßgeblich ist künftig, ob der Verbrauch innerhalb des Hoheitsgebiets Chinas erfolgt. Diese Neuregelung stellt Unternehmen vor die Herausforderung, den Ort des Verbrauchs eindeutig zu bestimmen – ein Aspekt, der in der Praxis oft komplex ist.

 

Was gilt als nicht steuerpflicht​​​​​​ig?

Laut Entwurf sind Leistungen nicht steuerpflichtig, wenn sie: 

  • von ausländischen Unternehmen oder Personen erbracht werden,
  • an chinesische Unternehmen oder Personen verkauft werden,
  • und vor Ort im Ausland konsumiert/verbraucht werden.

 

Was fällt unter die Steuerpflicht?

Steuerpflichtig sind Leistungen und immaterielle Vermögenswerten, die: 

  • von ausländischen Unternehmen oder Personen erbracht werden,
  • und in direktem Zusammenhang mit inländischen Waren, Immobilien oder natürlichen Ressourcen stehen.

Diese Leistungen gelten als innerhalb Chinas verbraucht und unterliegen somit der chinesischen Mehrwertsteuer.

 

Besonderheiten bei grenzüberschreitenden Transaktionen

Wenn chinesische Unternehmen Dienstleistungen im Ausland erwerben und dort auch verbrauchen, bleibt die MwSt.-Kette vollständig im Ausland. Dadurch wird die steuerliche Neutralität gewahrt. Komplexer wird es bei Transaktionen zwischen ausländischen Unternehmen, die sich auf inländische Güter beziehen. In solchen Fällen ist es sehr wahrscheinlich, dass die Leistungen als steuerpflichtig eingestuft werden – auch wenn der Leistungsempfänger nicht in China sitzt.

 

Die genaue Auslegung des Begriffs „in direktem Zusammenhang“ ist noch offen und soll durch spätere Vorschriften konkretisiert werden. Insbesondere ausländische Unternehmen sollten diesen Artikel des Entwurfs sorgfältig prüfen. Eine frühzeitige Bewertung der eigenen Leistungsbeziehungen kann helfen, Steuerrisiken zu vermeiden und die Compliance mit den neuen Regelungen sicherzustellen.

 

Vorsteuerabzug in China: Neue Einschränkungen und Klarstellungen

Die Durchführungsbestimmungen zum neuen chinesischen Mehrwertsteuergesetz konkretisieren, welche Vorsteuern künftig nicht abzugsfähig sind. Ziel ist es, die steuerliche Transparenz zu erhöhen und die Abgrenzung geschäftlicher und privater Ausgaben zu schärfen.

 

Finanzierungsnahe Leistungen bleiben ausgeschlossen

Artikel 20 des Entwurfs bestätigt, dass Vorsteuern auf folgende Leistungen nicht abgezogen werden dürfen:

  • ​Darlehensleistungen
  • Investitions- und Finanzierungsberatungen and bearbeitungs- und Beratungskosten, die im Zusammenhang mit den Darlehen stehen und an Kreditgeber gezahlt werden

 

Damit wird bestätigt, dass Darlehensleistungen weiterhin nicht in den Bereich der nicht abzugsfähigen Vorsteuer fallen.

 

Bewirtungskosten gelten als persönliche Ausgaben 

Artikel 21 des Entwurfs stellt klar: Auch geschäftlich veranlasste Bewirtungskosten fallen unter die Kategorie persönlicher Verbrauch und sind somit nicht vorsteuerabzugsfähig. Diese Regelung schafft eine eindeutige Grundlage für die steuerliche Behandlung entsprechender Ausgaben.

 

Neue Regeln für gemischt genutzte Vermögenswerte 

Für langfristige Vermögenswerte mit gemischter Nutzung – also solche, die sowohl für abzugsfähige als auch nicht abzugsfähige Zwecke verwendet werden – gelten künftig differenzierte Vorgaben:

  • Wert unter 5 Mio. CNY: vollständiger Vorsteuerabzug möglich
  • Wert über 5 Mio. CNY: zunächst voller Abzug, später jährliche Anpassung auf Basis der Abschreibungs- oder Amortisierungsdauer

 

Diese Regelung ersetzt bisherige pauschale Ansätze und verlangt eine präzisere Zuordnung der Nutzung. Die neuen Bestimmungen zum Vorsteuerabzug bringen mehr Klarheit – aber auch neue Anforderungen.

 

Unternehmen sollten:

  • Ihre Kostenstruktur auf nicht abzugsfähige Positionen prüfen
  • Bewirtung und Finanzierungsleistungen steuerlich neu bewerten
  • Investitionen über 5 Mio. CNY sorgfältig dokumentieren und zuordnen

 

Eine frühzeitige Analyse hilft, Fehlbuchungen zu vermeiden und die Compliance mit dem neuen MwSt.-Rahmen sicherzustellen.

 

Unterscheidung von Nebengeschäften und gemischten Verkäufen: Neue Bewertungsmassstäbe

Das neue Mehrwertsteuergesetz in China sieht vor, dass bei Transaktionen mit mehreren Leistungen und unterschiedlichen Steuersätzen der Steuersatz der Haupttätigkeit gilt – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen.

 

Laut Entwurf muss dafür: 

  1. Die Transaktion mehrere Aktivitäten mit unterschiedlichen Steuersätzen umfassen, und
  2. Ein eindeutiges Haupt-Neben-Verhältnis zwischen den Tätigkeiten bestehen. Die Haupttätigkeit muss den Zweck und Inhalt der Transaktion prägen, während die Nebentätigkeit lediglich eine Ergänzung darstellt.

 

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, gelten die Leistungen als Nebengeschäfte. In diesem Fall müssen Umsätze separat ausgewiesen werden. Erfolgt keine Trennung, wird der höhere oder höchste Steuersatz angewendet.

 

MwSt-Rückerstattung bei Exporten: Neue Frist beachten

Bisher konnten Unternehmen die Rückerstattung der Mehrwertsteuer bei Exporten auch nach Ablauf der regulären Frist beantragen – sofern ein Devisenzahlungseingangsbericht vorlag. Eine gesetzliche Frist für die Behandlung als Inlandsumsatz gab es nicht.

 

Der Entwurf bringt hier eine klare Regelung: 

Exportverkäufe gelten als inländisch und sind steuerpflichtig, wenn die MwSt-Rückerstattung oder -Befreiung nicht innerhalb von 36 Monaten beantragt wird – gerechnet ab dem Datum der Ausfuhranmeldung oder des Verkaufs grenzüberschreitender Leistungen. Unternehmen sollten ihre internen Prozesse entsprechend anpassen, um Steuerverluste durch Fristversäumnisse zu vermeiden.

 

Bekämpfung zur Steuervermeidung: Allgemeine Vorschrift eingeführt

Mit Artikel 56 des Entwurfs wird eine allgemeine Vorschrift zur Bekämpfung von Steuerumgehung in das chinesische Mehrwertsteuersystem eingeführt. Ziel ist es, die Steuergerechtigkeit zu stärken und die Integrität des Steuersystems zu sichern.

 

Die Regelung erlaubt es den Steuerbehörden, angemessene Anpassungen vorzunehmen, wenn Transaktionen ohne wirtschaftlich nachvollziehbaren Zweck durchgeführt werden und dadurch: 

  • die Zahlung der Mehrwertsteuer vermindert, gestundet oder vermieden wird oder
  • eine Rückerstattung der Mehrwertsteuer beschleunigt oder erhöht wird.


Im Fokus stehen dabei künstlich konstruierte Gestaltungen, die allein der steuerlichen Optimierung dienen und keinen substanziellen wirtschaftlichen Hintergrund aufweisen. Diese Vorschrift zielt darauf ab, die Aushöhlung der Steuerbasis und die Verlagerung von Gewinnen zu verhindern. Sie schafft eine rechtliche Grundlage, um missbräuchliche Strukturen zu korrigieren und sicherzustellen, dass Steuerpflichtige ihre Verpflichtungen nicht durch formale, aber wirtschaftlich unbegründete Konstruktionen umgehen.

 

Insbesondere international tätige Unternehmen sollten ihre Transaktionsstrukturen im Hinblick auf wirtschaftliche Substanz und steuerliche Zielsetzung überprüfen. Eine transparente Dokumentation und eine nachvollziehbare wirtschaftliche Begründung sind entscheidend, um steuerliche Risiken und Anpassungen durch die Behörden zu vermeiden.

 

Mehrwertsteuerreform in China: Einordnung, Auswirkungen und Handlungsbedarf

Die Durchführungsbestimmungen zum neuen chinesischen Mehrwertsteuergesetz schaffen einen klaren und systematischeren Rahmen für die Anwendung der Mehrwertsteuer in grenzüberschreitenden Transaktionen. Sie konkretisieren zentrale Begriffe, schließen bisherige Regelungslücken und stärken die Durchsetzbarkeit des Gesetzes in der Praxis.

 

Gleichzeitig erhöhen sie die Anforderungen an Unternehmen - insbesondere im Hinblick auf Dokumentation, Fristenkontrolle und die wirtschaftliche Substanz von Transaktionen. Die geplanten Regelungen betreffen nicht nur operative Prozesse, sondern auch strategische Entscheidungen in der Strukturierung von Leistungen, Investitionen und Lieferketten.

 

Unternehmen mit China-Bezug sollten insbesondere: 

  • Leistungsbeziehungen auf steuerliche Relevanz prüfen
  • Vorsteuerabzugsfähigkeit von Finanzierungs- und Bewirtungskosten neu bewerten
  • Exportprozesse an die neue Rückerstattungsfrist anpassen
  • Transaktionen auf wirtschaftliche Substanz und steuerliche Zielsetzung analysieren
  • Investitionen über 5 Mio. CNY dokumentieren und korrekt zuordnen

 

Die finale Fassung der Durchführungsbestimmungen bleibt abzuwarten. Es ist jedoch absehbar, dass die chinesischen Steuerbehörden künftig noch stärker auf wirtschaftliche Realität und Substanz achten werden. Wer sich frühzeitig mit den Details auseinandersetzt, kann nicht nur Risiken vermeiden, sondern auch Gestaltungsspielräume erkennen – und im Zweifel lohnt sich ein zweiter Blick auf die eigene Struktur.

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