Haftungsrisiken für Entschei­dungs­träger bei der Due Diligence

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zuletzt aktualisiert am 23. September 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Michael Wiehl, Rödl & Partner Nürnberg, und Michael Beder


Eine Due Diligence kann dazu beitragen, bei Unternehmenstransaktionen die Haftung von Käufer und Verkäufer zu begrenzen. Sie ist aber rechtlich nicht verpflichtend und entbindet den Verkäufer auch nicht von der Haftung, wenn er den Käufer unzureichend informiert.


Die Durchführung einer Due Diligence im Vorfeld von Transaktionen aller Art – im Besonderen bei Unter­nehmenstransaktionen – ist heute geübte Praxis. Die Due Diligence dient u.a. der Aufdeckung von Risiken, der Verifizierung des Kaufpreises und soll die Akteure über die Stärken und Schwächen einer Transaktion ins Bild setzen. Mit einer Due Diligence sind aber auch Haftungsfragen für den Verkäufer und den Käufer verbunden. Insbesondere stellt sich die Frage, ob für den Käufer eine Verpflichtung zur Durchführung einer Due Diligence besteht und ob sich der Verkäufer dadurch, dass er eine Due Diligence seines Unternehmens zulässt, enthaften kann. Des Weiteren ist vor allem für die Entscheidungsträger von Relevanz, ob ihnen eine Haftung droht, wenn eine Transaktion ohne Due Diligence durchgeführt wird.

Grundsatz ist, dass den Käufer keine Prüfungspflicht in Bezug auf das Kaufobjekt trifft. Wie bei allen Grundsätzen werden aber auch Ausnahmen diskutiert, die die Regel bestätigen. Insbesondere können nach geltendem Recht Gewährleistungsrechte des Käufers ausgeschlossen sein, wenn ihm ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Die dabei anzulegenden Sorgfaltsmaßstäbe ergeben sich aus der Auslegung des Begriffs „im Verkehr erforderliche Sorgfalt bzw. Äquivalenten” und der Verkehrssitte.
 
Gegenwärtig hat die höchstrichterliche Rechtsprechung noch keine Konkretisierungen vorgenommen, sodass es im Regelfall (noch) nicht als grob fahrlässig gewertet wird, eine Due Diligence beim Unternehmenskauf zu unterlassen, da eine Verkehrssitte (noch) nicht angenommen werden kann. Das könnte sich aber in Zukunft ändern, wenn die Due Diligence tatsächlich – statistisch belegt  – bei praktisch jeder Transaktion durchgeführt wird oder obergerichtlich festgestellt würde, dass der Verkäufer seinen Aufklärungspflichten beim Unterneh­menskauf durch das Gestalten einer Due Diligence nachkommt. Nach unserer Erfahrung wurden nur noch wenige Unternehmenstransaktionen in Deutschland in den letzten Jahren ohne eine vorherige Due Diligence durchgeführt, sodass insoweit die Feststellung einer Verkehrssitte in Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann.
 
Die Übertragung der Grundsätze des anglo-amerikanischen Rechtsinstituts der „Business Judgement Rule” auf das deutsche Recht in § 93 AktG verpflichtet den Vorstand einer Aktiengesellschaft zur sorgfältigen Ermittlung der Grundlagen seiner unternehmerischen Entscheidung. Beachtet der Vorstand die Sorgfalt nicht, macht er sich gegenüber der AG schadenersatzpflichtig. Auch bei der „Business Judgement Rule” lässt die Recht­sprechung noch keine Entscheidungen erkennen, die eine verbindliche Verpflichtung des Vorstandes zur Durchführung einer Due Diligence bei Transkationen fordern. Die Frage, ob eine Due Diligence angeraten ist, steht im Ermessen des Vorstandes. Mit steigender Komplexität bzw. bei erkennbarem wirtschaftlichen Risiko (z.B. Sanierungserwerb, Möglichkeit eines hohen Schadens im Verhältnis zur Kaufsumme) ist es aber aufgrund der gebotenen Sorgfalt auch aus haftungsrechtlicher Sicht der Entscheidungsträger ratsam, eine Due Diligence durchzuführen. Die Grundsätze für Aktiengesellschaften sind nicht zwingend auf die GmbH und ihre Geschäftsführer zu übertragen.


Aufklärungspflichten des Verkäufers: Enthaftung bei Due Diligence?

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unterliegt der Verkäufer beim Unternehmenskauf strengen Aufklärungspflichten. Sie verpflichten ihn, den Käufer von sich aus über alle relevanten – insbesondere für die Kaufpreisbewertung maßgeblichen – Umstände aufzuklären. Die Akteure eines Unternehmenskaufs stellen sich oft die Frage, ob der Verkäufer den strengen Aufklärungspflichten nachkommt und wie weit eine Haftung ausgeschlossen ist, wenn er dem Käufer im Vorfeld der Transaktion eine Due Diligence ermöglicht.
 
Die Due Diligence dient dem Käufer vornehmlich zur Informationsgewinnung. Aus dem Grund ist anerkannt, dass die Durchführung einer Due Diligence keine Erfüllung der Aufklärungspflicht des Verkäufers darstellt, sondern sie als Haftungsgrundlage bestehen bleibt. Eine Enthaftung bei Verschweigen von relevanten Tatsachen und maßgeblichen Umständen kann auch eine durchgeführte Due Diligence nicht herbeiführen. Das gilt unabhängig von der Frage, wer den Inhalt und die Themenbereiche der Due Diligence vorgegeben hat. Der Verkäufer bleibt auch bei einer Due Diligence, die relevante Tatsachen und Themenbereiche auf Betreiben des Käufers hin nicht abfragt, verpflichtet, den Käufer (ungefragt) von sich aus über die relevanten Tatsachen aufzuklären. Tut er das nicht, besteht die Gefahr einer Haftung.


Fazit

Die Durchführung einer Due Diligence im Vorfeld eines Unternehmenserwerbs ist in Deutschland rechtlich (noch) nicht verpflichtend. Um den Transaktionserfolg sicherzustellen und die Einhaltung des eigenen Sorgfaltsmaßstabs zu dokumentieren, bietet sich jedoch die Durchführung einer Due Diligence an und entwickelt sich immer stärker zu einem Marktstandard.

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