Aflatoxin in Kenia: Durchsetzung von Standards für die Lebensmittelsicherheit

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veröffentlicht am 11. November 2020 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Kenia hat immer wieder mit der Kontamination von Lebensmitteln mit Aflatoxin zu kämpfen. Obwohl im Zusammenhang mit dem Verkauf kontaminierter Produkte strenge Gesetze und Standards gelten, gelangen solche Produkte immer wieder in die Geschäfte und zu den Verbrauchern, wobei Krankheiten und Todesfälle sowohl bei Menschen als auch Tieren gemeldet werden. In Kenia ist die Krebsinzidenz sprunghaft angestiegen. Viele führen das nicht nur auf Änderungen des Lebensstils, sondern auch auf den Konsum von Schadstoffen wie Aflatoxin in Lebensmitteln zurück.

Angesichts der tödlichen karzinogenen Eigenschaften von Aflatoxinen sind die Kenianer zu Recht besorgt darüber, wie solche Produkte überhaupt erst auf den Markt gelangen können. In diesem Artikel beleuchten wir einige der Durchsetzungsmaß­nahmen bei Lebensmitteln, die mit Aflatoxin kontaminiert sind.




Rechtsrahmen für Lebensmittelsicherheit, insbesondere für Rückstände und Kontaminanten

Die wichtigsten Gesetze zur Lebensmittelsicherheit in Kenia sind der „Food, Drugs and Chemical Substances Act” (FDSCA) sowie der „Standards Act” (SA).

Die Bestimmungen des FDSCA zur Lebensmittelsicherheit sind sehr allgemein formuliert und haben daher weitreichende Wirkung.

Gemäß dem FDSCA macht sich strafbar, wer Lebensmittel verkauft, die u.a. „giftige oder schädliche Substanzen enthalten oder damit behaftet sind” oder die „ungesund oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet” sind. Ferner macht sich strafbar, wer Lebensmittel, deren Zusammensetzung und Eigenschaften einem vorgeschriebenen Standard nicht entsprechen, als mit dem Standard übereinstimmend kennzeichnet, verpackt, verkauft oder bewirbt.

Die geltenden Lebensmittelstandards regelt der SA. Zweck des SA ist es, die Produktspezifikation zu standardisieren und Verhaltenskodizes bereitzustellen. Durch den SA wurde auch das Kenya Bureau of Standards (KEBS) ins Leben gerufen. Dessen Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass alle Waren – ob vor Ort hergestellt oder importiert – den gesetzlichen Qualitäts- oder Beschreibungsstandards entsprechen.

Das KEBS hat Standards entwickelt, die die maximal zulässige Menge an Aflatoxin in Lebensmitteln festlegen. Die kenianischen Standards sehen als maximal zulässige Aflatoxinmenge 10 Teile pro Mrd. für Mais (ein Grundnahrungsmittel in Kenia) und 15 Teile pro Mrd. für Erdnussbutter, ein ebenfalls typisches Lebensmittel in Kenia, vor.


Erhöhte Aflatoxingehalte in Lebensmitteln und entsprechende Durchsetzungsmaßnahmen

Das KEBS hat einige öffentlichkeitswirksame Maßnahmen zur Durchsetzung der Standards ergriffen. So verbot das KEBS im November 2019 den Verkauf vertrauter Marken der beliebten lokal hergestellten Erdnussbutter­produkte. Das zwang die Einzelhändler, die Produkte schnell aus ihrem Sortiment zu nehmen.

Noch nie zuvor hatte das KEBS eine solche Maßnahme bei Erdnussbutterprodukten ergriffen, und sie löste demzufolge unter den Verbrauchern weitreichende Panik aus. In Proben eines Markenprodukts wurden Aflatoxinwerte von sogar 45,25 Teilen pro Mrd. nachgewiesen. Gerade Eltern waren besonders besorgt, da Erdnussbutter als sichere Proteinquelle und Lieferant anderer lebenswichtiger Nährstoffe für Kinder im Wachstum gilt.

Maismehl stand wegen erhöhter Aflatoxinwerte bereits öfter im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Im vergangenen Jahr ergingen mehrere Verbote, die den Verkauf verschiedener Maismehlmarken untersagen. Grundnahrungsmittel der Kenianer ist landesweit ein Maismehlkuchen, der als „ugali” bekannt ist.

Die Entdeckung, dass in Haushalten üblicherweise verbrauchte Lebensmittel gefährliche Mengen des krebserregenden Aflatoxins enthalten, löste in der Öffentlichkeit große Besorgnis aus. Die kenianischen Medien haben das Problem zu Recht aufgegriffen und berichteten in mehreren Reportagen darüber, wie die Produkte auf den Markt gelangen und welchen Schaden sie verursachen. Zuletzt berichteten lokale Medien im Juli 2020 über Hundebesitzer und -züchter im ganzen Land, deren Hunde nach dem Verzehr von verseuchtem Hundefutter an Aflatoxikose starben.

Die Durchsetzung der Lebensmittelsicherheit erfolgt in erster Linie durch administrative Maßnahmen, wie oben beschrieben. Sie ist jedoch nur dann wirklich effektiv, wenn sie auf Lebensmittel abzielt, die über groß angelegte und formale Vermarktungskanäle verkauft werden. Und selbst dann besteht der Verdacht einer möglichen Korruption der Vollzugsbehörden durch die Geschäftsinteressen der Mächtigen und Wohlhabenden im Lebensmittelsektor.

Im Jahr 2011 kam es in Kenia zu einem Skandal als fünf Mio. aus den USA importierte Maissäcke auf den Markt gelangten, obwohl die Regierung wusste, dass der Mais hohe Aflatoxingehalte aufwies und für den mensch­lichen Verzehr ungeeignet war. Der damalige geschäftsführende Direktor des KEBS, der verstorbene Kioko Mang'eli, erklärte vor dem parlamentarischen Ausschuss, der die Angelegenheit untersuchte, dass dem KEBS die Möglichkeit verweigert worden war, den Mais zu inspizieren. Er warnte, dass in zehn bis 15 Jahren mit einer hohen Anzahl von Krebserkrankungen infolge dieses Maisverzehrs zu rechnen sei.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass ein großer Teil der Bevölkerung seine Lebensmittel von Kleinbauern und Müllern bezieht, deren Leistungsfähigkeit möglicherweise nicht ausreicht, um die erforderlichen Praktiken anzuwenden, die die Entwicklung der Aflatoxin produzierenden Schimmelpilze verhindern, oder die sich nicht einmal die technische Ausrüstung leisten können, um auf solche zu testen. Solche Kleinbauern und Müller sehen sich aufgrund ihrer mangelnden Finanzkraft möglicherweise auch nicht imstande, Getreide zu entsorgen, selbst wenn der Verdacht der Kontaminierung besteht, und bringen es deshalb möglicherweise trotzdem auf den Markt.

Die Kenianer sind daher, trotz des Verdachts mangelnder Gesetzestreue, bei der Lebensmittelsicherheit voll und ganz auf das KEBS und andere Vollzugsbehörden angewiesen. Es ist schwierig, den durch Aflatoxin verursachten Schaden einer bestimmten Mahlzeit oder Charge von Produkten, die möglicherweise konsumiert wurde, zuzuordnen, da es lange dauern kann, bis sich die Symptome manifestieren; daher ist es leider selten, bzw. hört man nicht davon, dass Personen, die unter den schädlichen Folgen leiden, direkte Zivilklagen gegen die Lebensmittelhersteller erheben.


Fazit

Dank der Bemühungen der Medien ist das öffentliche Bewusstsein für die Risiken des Verzehrs von mit Aflatoxin kontaminierten Lebensmitteln gestiegen. Die Kenianer, die über soziale Medien direkten Kontakt mit den Vertretern ihrer Regierung haben, fordern eine größere Rechenschaftspflicht der öffentlichen Stellen, wie dem KEBS, bei der Durchsetzung von Lebensmittelsicherheitsstandards. Das KEBS und andere Vollzugs­behörden verbessern ihre Führungsstrukturen auch eigenverantwortlich und es ist ermutigend zu sehen, wie sie im vergangenen Jahr offensiv Produkte vom Markt verbannten, was für die Lebensmittelhersteller mit hohen Kosten verbunden war. Wir hoffen auf Sammelklagen gegen skrupellose Lebensmittelhersteller, die zu direkten Entschädigungszahlungen an alle Betroffenen führen können. Angesichts der Furcht vor der hohen finanziellen Belastung, die die Nichteinhaltung mit sich bringt, dürfte in dem Sektor eine Verbesserung zu erwarten sein.

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