Chinas neues Zivilgesetzbuch – Teil 5: Familienrecht

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veröffentlicht am 24. August 2020 | Lesedauer: ca. 4 Minuten

 

Das zum 1. Januar 2021 in Kraft tretende neue Zivilgesetzbuch (ZGB) Chinas besteht insgesamt aus 7 Teilen. Mit dieser Artikelreihe informieren wir über die wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen und Neuregelungen im neuen Zivilgesetzbuch. Dieser Artikel widmet sich einigen Aspekten des fünften Teils – dem Familienrecht.

  

  

Hintergrund und Gliederung

Wesentliche Teile des Familienrechts waren bislang im Ehe- und im Adoptionsgesetz geregelt. Deren Bestimmungen wurden weitestgehend in das neue Zivilgesetzbuch übernommen und in Teil 5 zusammengefasst sowie um weitere Bestimmungen ergänzt. Das Ehe- und das Adoptionsgesetz werden mit Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches unwirksam. 

Teil 5 ist in fünf Kapitel gegliedert, in allgemeine Bestimmungen, Ehe, Familienbeziehungen, Scheidung und Adoption.

Allgemeine Bestimmungen

Die allgemeinen Bestimmungen stellen Ehe und Familie unter den Schutz des Rechts und des Staates. Daneben werden einige Prinzipien und Verbote aufgeführt, beispielsweise die Freiheit bei der Wahl des Ehepartners, Gleichheit von Mann und Frau und der Schutz von Frauen, Minderjährigen, Älteren und  behinderten Personen als grundlegende Prinzipien, sowie beispielsweise das Verbot der Doppel- oder Mehrehe, häuslicher Gewalt oder des Kaufs oder Verkaufs von Minderjährigen unter dem Deckmantel der Adoption.

Ehe und Grundsatz der Zugewinngemeinschaft

Grundsätzlich können nach dem Zivilgesetzbuch in China nur Männer und Frauen die Ehe eingehen. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind nicht möglich. Männer können ab einem Lebensalter von 22 Jahren die Ehe eingehen, Frauen hingegen ab einem Alter von 20 Jahren. Beide Partner genießen in der Ehe und der Familie den gleichen Status und haben das Recht, ihren jeweiligen Namen fortzuführen.

Das Zivilgesetzbuch sieht für das während der Ehe erworbene Vermögen grundsätzlich die Zugewinngemeinschaft vor, das heißt, die während des Bestehens der Ehe erworbenen Güter sind gemeinsames Eigentum der Ehegatten und stehen im gemeinsamen Besitz der Ehegatten. Hierzu zählen beispielsweise Löhne und Gehälter, Gewinne aus Investitionen oder einer eigenen Unternehmung, Güter aus Nachlässen oder Schenkungen.

Von diesem Grundsatz bestehen allerdings Ausnahmen. Folgende Güter bleiben im Alleineigentum des jeweiligen Ehepartners:
  • Güter, die vor der Eheschließung einem der Ehepartner gehören,
  • Entschädigungen oder Schadenersatzzahlungen, die ein Ehepartner für einen Personenschaden erhält,
  • Güter, die nur einem Ehepartner aufgrund einer entsprechenden Bestimmung in einem Testament oder einem Schenkungsvertrag gehören,
  • Güter des täglichen Bedarfs eines Ehepartners. 

Familienbeziehungen

 
Beide Ehepartner werden vom Gesetz grundsätzlich gleichgestellt, das heißt beide Partner haben das Recht, einem Beruf nachzugehen oder an sozialen Aktivitäten teilzunehmen. Beide Ehepartner sind gleichermaßen berechtigt und verpflichtet, sich um die Kinder zu kümmern (Sorgerecht) als auch sich gegenseitig zu unterstützen.

Üben Eltern ihre Pflichten in Bezug auf die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder nicht oder nicht ausreichend aus, kann das Kind von den Eltern angemessene Unterhaltskosten verlangen. Kinder sind verpflichtet, ihre Eltern zu unterstützen, auch unabhängig davon, ob diese noch verheiratet, geschieden oder mit einem neuen Partner verheiratet sind.

Eheliche und uneheliche Kinder genießen grundsätzlich die gleichen Rechte.

Sind die Eltern eines Kindes verstorben oder aus anderen Gründen gehindert, sich um das Kind zu kümmern, kann die elterliche Sorgepflicht auch auf die Großeltern des Kindes übergehen.

Erwachsene Kinder sind grundsätzlich verpflichtet, ihre Eltern zu unterstützen, wenn diese nicht mehr arbeiten oder anders für ihren Lebensunterhalt sorgen können.
 

Scheidung, Sorgerecht und Unterhalt

Das Zivilgesetzbuch sieht für eine Scheidung zwei Wege vor, und zwar die alleinige behördliche Registrierung der Scheidung auf gemeinsamen Antrag hin oder ein gerichtliches Scheidungsverfahren.

 

Eine alleinige behördliche Registrierung einer Scheidung ist möglich, wenn beide Ehepartner mit der Scheidung einverstanden sind, einen entsprechenden Scheidungsvertrag unterschreiben und beide freiwillig einen entsprechenden Scheidungsantrag stellen. Für dieses Scheidungsverfahren gilt eine Frist von 30 Tagen ab Antragstellung, innerhalb derer einer der Partner den Scheidungsantrag – auch einseitig – zurücknehmen kann.

 

Im gerichtlichen Scheidungsverfahren soll das Gericht zunächst als Mediator wirken, um eine Scheidung zu verhindern und eine Lösung des Konflikts herbeizuführen. Führt dies zu keinem Erfolg und erachtet das Gericht die Ehe als unwiederbringlich zerrüttet, spricht das Gericht die Scheidung aus.

 

Ein Ehemann darf grundsätzlich keine Scheidung von seiner Ehefrau beantragen, wenn diese schwanger ist oder innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes oder innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung der Schwangerschaft. Etwas anderes gilt nur, wenn die Ehefrau selbst die Scheidung beantragt oder das Gericht es als notwendig erachtet, dem Scheidungsantrag des Mannes stattzugeben.

 

Haben die geschiedenen Eheleute ein Kind unter 2 Jahren, erhält grundsätzlich die Mutter das Sorgerecht. Bei einem Kind zwischen 2 und 8 Jahren kann, sofern sich die Eltern nicht einigen können, das Gericht entscheiden, welchem Elternteil das Sorgerecht übertragen wird. Ist das Kind älter als 8 Jahre, ist dessen Willen entsprechend in die Entscheidung einzubeziehen.

 

Weiterhin bestehen Bestimmungen bezüglich der Zahlung von Unterhalt und dem Umgangsrecht des Elternteils, das kein Sorgerecht für das Kind hat.

 

Unter bestimmten Umständen, z.B. häuslicher Gewalt oder bei Zusammenleben des anderen Partners mit einer dritten Person, kann der betroffene Partner auch Schadensersatz verlangen.


Adoption

 
Das Zivilgesetzbuch enthält umfangreiche Regelungen bezüglich der Adoption von Kindern. Diese reichen von den Voraussetzungen der Freigabe eines Kindes zur Adoption, die zu erfüllenden Grundvoraussetzungen von möglichen Adoptiveltern über die rechtliche Wirksamkeit einer Adoption bis hin zur einer (grundsätzlich sehr schwierigen) Auflösung einer Adoption.

Ausländer sind berechtigt, ein Kind in China zu adoptieren. Hierbei sind jedoch erhebliche weitere Vorschriften zu beachten. Zudem muss der Ausländer eine Vielzahl von Unterlagen ihn betreffend aus seinem Heimatstaat vorlegen.

Rechtliche Auswirkungen

 

Ausländer sind grundsätzlich berechtigt, einen Chinesen oder eine Chinesin zu heiraten. Für eine Heirat in China muss der Ausländer verschiedene Dokumente wie ein Ehefähigkeitszeugnis vorlegen, dass in der Regel innerhalb von sechs Monaten vor dem geplanten Heiratstermin ausgestellt sein muss. Im Ausland geschlossene Ehen zwischen einem Ausländer und einem/einer chinesischen Staatsangehörigen werden grundsätzlich in China anerkannt. Hierbei sind jedoch gewisse Formalitäten zu beachten, z.B. Übersetzung, Beglaubigung und Legalisation der Heiratsurkunde und auch bezüglich der Registrierung der Ehe.

 

Das chinesische Familienrecht weist in vielen Teilen erhebliche Abweichungen vom deutschen Familienrecht oder dem Familienrecht anderer westlich geprägter Staaten auf. Dies sollten Heiratswillige vor dem Eingehen einer bi-nationalen Ehe beachten.

 

Geschäfte, die ein Ehepartner für den täglichen Bedarfs des Paares oder der Familie tätigt, verpflichten auch den anderen Ehepartner, sofern nicht vorher anders vereinbart. Dasselbe gilt für Darlehen oder andere Verbindlichkeiten, die für Geschäfte des täglichen Bedarfs der Familie eingegangen wurden. Dies gilt allerdings nicht für Darlehen oder andere Verbindlichkeiten, die über diesen Zweck hinausgehen. In einem solchen Fall wird der jeweils andere Ehepartner nicht mitverpflichtet. Dies kann im Einzelfall jedoch schwierig zu bestimmen sein.

 

Das Zivilgesetzbuch sieht die Möglichkeit eines Ehevertrages vor, der insbesondere abweichende Vereinbarungen von der Zugewinngemeinschaft vorsehen kann.

 

Bei einem behördlichen Scheidungsverfahren kann die 30-Tage-Frist, innerhalb derer ein gemeinsamer Scheidungsantrag einseitig von einem Partner zurückgenommen werden kann, aufgrund gerade dieser einseitigen Rücknahmemöglichkeit problematisch sein. Sollten Zweifel an der ernstlichen Mitwirkung eines Partners an der Durchführung des behördlichen Scheidungsverfahrens bestehen, sollte gegebenenfalls umgehend das gerichtliche Scheidungsverfahren eingeleitet werden.

 

Im nächsten Artikel dieser Reihe widmen wir uns einigen Aspekten des Erbrechts -  Teil 6 des Zivilgesetzbuchs.

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