Steigende Inzidenzen – Pflichten am Arbeitsplatz: FAQ für Arbeitgeber zu aktuellen Corona-Regelungen

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veröffentlicht am 23. November 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten

  

Die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 (Covid19) im Jahr 2020 ausgelöste Pandemie hat Deutschland weiter fest im Griff. Sowohl die Infektionszahlen als auch die Anzahl der Patienten auf Intensivstationen erreichen nahezu täglich neue Höchststände. Aus diesem Grund hat der Bundestag am Donnerstag, den 18. November 2021 erneut Änderungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) sowie dazugehöriger Regelungen verabschiedet. Der Bundesrat hat dem Gesetzesentwurf am Freitag, den 19. November 2021 ebenfalls zugestimmt. Die Änderungen am IfSG werden voraussichtlich kommenden Mittwoch in Kraft treten.

 

  

  

  
Jede dieser „Corona-Gesetzesänderungen“ erfordert mittlerweile auch die Anpassung betrieblicher Regelungen. Das stellt Arbeitgeber 1 vor die für juristische Laien nahezu unlösbare Aufgabe, die gesetzlichen Vorgaben in ein betriebliches Konzept umzuwandeln. Dieses Problem zum Anlass genommen werden in diesem Beitrag die häufigsten Fragen beantwortet, die Arbeitgeber sich im Kontext mit Covid-19 im Betrieb stellen.
  
Im Einzelnen:

1. Gilt nun wieder eine generelle Homeoffice-Pflicht?

Ja. § 28b Abs. 4 S. 1 IfSG des am 19. November 2021 verabschiedeten Gesetzesentwurfs normiert eine derartige Homeoffice-Pflicht – wie bereits zu Beginn des Jahres – nun wieder explizit. Dort heißt es konkret:

„Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen."
    

2. In welchen Fällen muss Homeoffice nicht angeordnet werden?

Das hängt davon ab, ob der Hinderungsgrund aus der Sphäre des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers stammt. Während Arbeitgeber ausschließlich bei Vorliegen zwingender betriebsbedingter Gründe nicht zur Anordnung von Homeoffice verpflichtet sind, besteht für Arbeitnehmer die Möglichkeit, schon bei entgegenstehenden Gründen weiterhin im Büro zu arbeiten.
 
Zwingende betriebsbedingte Gründe können vorliegen, wenn die Betriebsabläufe sonst erheblich eingeschränkt würden oder gar nicht aufrechterhalten werden könnten. Exemplarisch für arbeitgeberseitige entgegenstehende Gründe dürften deshalb die mit einer Bürotätigkeit verbundenen Nebentätigkeiten wie die Bearbeitung und Verteilung des Warenein- und -ausgangs oder Tätigkeiten in Produktion, Dienstleistung, Handel, Logistik etc. sein. Ferner ist es denkbar, dass die Geheimhaltung oder der Datenschutz im Homeoffice nicht realisierbar ist.
 
Im Gegensatz dazu dürfte es aus der Perspektive der Arbeitnehmer bereits genügen, wenn Homeoffice aus Gründen der Wohnsituation, also aufgrund Platzmangels oder fehlender Ruhe unmöglich wäre. Allerdings ist insoweit zu berücksichtigen, dass der pauschale Hinweis, man würde lieber im Büro arbeiten, nicht genügt. Irgendein Grund muss jedenfalls vorliegen.

 
3. Gilt 3G am Arbeitsplatz?

Ja. Während bisher lediglich in einzelnen Bundesländern (wie etwa in Bayern) als Zutrittsvoraussetzung zum Betrieb verpflichtend mindestens ein negativer Testnachweis als 3G-Nachweis durch Arbeitnehmer erbracht werden musste, so gilt das nunmehr bundesweit. Darüber hinaus müssen Arbeitgeber die Einhaltung dieser Regelungen durch Nachweiskontrollen täglich überwachen und regelmäßig dokumentieren.
 

4. Wie kontrollieren Arbeitgeber 3G?

Arbeitgeber sind für die Überprüfung der 3G-Nachweise vor dem Betreten der Arbeitsstätten verantwortlich und können diese Kontrollen unter Beachtung des Beschäftigtendatenschutzes an Beschäftigte oder Dritte delegieren. Für nicht Geimpfte oder nicht Genesene ist also die tägliche Überprüfung des negativen Teststatus Zutrittsvoraussetzung. Arbeitgeber können dabei von jedem Mitarbeiter mindestens einen Schnelltest unter Aufsicht als negativen Testnachweis fordern. Hierzu sind im Grundsatz alle Arbeitnehmer verpflichtet. Alternativ können Arbeitnehmer freiwillig beim Arbeitgeber hinterlegen, dass sie genesen oder vollständig geimpft sind.
 

5. Wer trägt die Kosten für Tests?

Arbeitnehmer haben eigenverantwortlich dafür Sorge zu tragen, dass sie gültige 3G-Nachweise vorlegen können. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können hierfür die kostenfreien Bürgertests oder die kostenlosen Testangebote des Arbeitgebers in Anspruch nehmen, zu denen sie aufgrund der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung oder anderer Rechtsnormen verpflichtet sind, wenn sie unter Aufsicht durchgeführt werden. Der Arbeitgeber darf Arbeitnehmer aber nicht auf die kostenlose Bürgertestung verweisen, soweit er nach dem Arbeitsschutzrecht verpflichtet ist, eine kostenlose Testung anzubieten. Gemäß § 4 Abs. 1 der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung müssen Arbeitgeber derzeit noch zwei Schnelltests pro Woche für ihre Mitarbeiter anbieten. Die Regelungen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung enden jedoch spätestens mit Ablauf des 24. November 2021, sodass abzuwarten bleibt, ob das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der im IfSG eingeführten Verordnungsermächtigung Gebrauch macht und eine neue arbeitsschutzrechtliche Rechtsgrundlage hierfür schafft.
 

6. Darf der Arbeitgeber explizit nach dem Impfstatus fragen?

Im Ergebnis nicht. Die Frage, ob Arbeitgeber den Impfstatus ihrer Mitarbeiter abfragen dürfen, ist aus aktueller Perspektive noch nicht abschließend geklärt. Eine gesetzliche Grundlage hierfür existiert im Infektionsschutzgesetz lediglich für einzelne Berufsgruppen. Es besteht jedoch immer auch die Möglichkeit, dass der Mitarbeiter seinen Impfstatus freiwillig mitteilt. Im Rahmen der allgemeinen 3G-Pflicht gilt aber grundsätzlich nur die arbeitnehmerseitige Testnachweispflicht. Der 3G-Nachweis durch alternative Vorlage des Impf- oder Genesenenstatus ist daher freiwillig.

 
7. Müssen Arbeitgeber auch einen PCR-Test bezahlen?

Nein. § 4 der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung sieht aktuell lediglich die Zurverfügungstellung eines Schnelltests vor. Möchte der Arbeitnehmer vor Betreten des Betriebs einen PCR-Test machen, so muss er die Kosten hierfür selbst tragen. Nur wenn Arbeitgeber über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen wollen, beispielsweise durch Einführung von „3G Plus“, haben sie die damit verbundenen Kosten zu tragen.
   

8. Tragen Arbeitgeber auch die Kosten für Tests, die Arbeitnehmer während einer Dienstreise machen?

Ja. Der Arbeitgeber muss im Grundsatz jedwede Kosten für Maßnahmen des Arbeitsschutzes tragen (§ 3 Abs. 3 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG)). Exemplarisch trägt der Arbeitgeber etwa auch die Kosten für Schutzkleidung. Darüber hinaus normiert § 4 der Abs. 1 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten mindestens zweimal pro Kalenderwoche kostenfrei einen (Schnell-)Test anbieten muss. Darüber hinausgehende Tests muss der Arbeitgeber aus aktueller Perspektive jedenfalls dann zahlen, wenn die Notwendigkeit eines derartigen Tests betrieblich veranlasst ist. Hiervon ist bei Tests im Rahmen von Dienstreisen auszugehen.
  

9. Müssen Arbeitgeber für einen Test des Arbeitnehmers bei Kundenbesuchen zahlen?

Ob und wie sich etwaige Zutrittsregelungen bei Kunden auswirken, lässt sich aktuell nicht zweifelsfrei beurteilen. Das resultiert insbesondere aus der Tatsache, dass sowohl die Kunden zur Umsetzung von 3G verpflichtet ist als auch der Arbeitgeber Tests anbieten muss. Diese Pflichten konkurrieren. Bereits vor Corona tendierte das Bundesarbeitsgericht bei Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Kunden des Arbeitgebers – etwa bei einem gegenüber dem Arbeitnehmer ausgesprochenen Hausverbot – ohnehin dazu, dass das ausschließlich das Verhältnis der Vertragspartner (Arbeitgeber – Kunden) betrifft. Ob das Bundesarbeitsgericht diese Rechtsprechung auch im Kontext von Corona-Tests aufrechterhalt, lässt sich nicht abschließend prognostizieren. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Vorgaben ist jedoch eindeutig, dass jedenfalls nicht der Arbeitnehmer derartige Tests bezahlen soll, soweit der Kundenbesuch betrieblich veranlasst ist.
  

10. Welche Handlungsoptionen hat der Arbeitgeber, wenn Arbeitnehmer den 3G-Nachweis verweigern?

In diesem Fall stehen Arbeitgebern die allgemeinen arbeitsrechtlichen Instrumente zur Verfügung. Arbeitnehmer sind jedenfalls auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten gemäß §§ 611a, 241 Abs. 2 BGB zur Erfüllung des Nachweises verpflichtet. Weigern sich Arbeitnehmer diese Pflicht zu erfüllen, so müssen Arbeitgeber den Zutritt zum Betrieb verweigern. In diesem Fall kommt eine Lohnkürzung in Betracht, wenn nicht die Arbeitsleistung von einem anderen Arbeitsort, wie etwa dem Homeoffice, erbracht werden kann. Auch kommt – je nach Einzelfall – der Ausspruch einer Abmahnung oder ultima ratio eine Kündigung in Betracht.
  

11. Muss der Betriebsrat bei den Maßnahmen mitstimmen?

Da es nun gesetzliche Pflichten des Arbeitgebers für Homeoffice und 3G gibt, ist der Betriebsrat zwar nicht bei der Frage des „ob“ einzubeziehen, jedoch bei der Frage des „wie“. Insoweit ist die Mitbestimmung des Betriebsrats vielfältig, da etwa Fragen des Gesundheitsschutzes, der Ordnung im Betrieb und der Ausgestaltung von mobiler Arbeit tangiert sind.

  
12. Dürfen Arbeitgeber eine „Impfprämie“ ausloben?

Die Frage der Zulässigkeit einer Impfprämie gleich welcher Art wurde noch nicht endgültig geklärt. Überwiegend wird jedoch eine (monetäre) Prämienauslobung für zulässig erachtet. Die konkret zulässige Höhe der Prämien divergiert allerdings je nach Einzelfall. Die Zulässigkeit wird insbesondere sowohl wegen eines potentiellen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 612a BGB als auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz thematisiert. Für die Zulässigkeit einer derartigen Impfprämie spricht aber, dass eine möglichst hohe Impfquote im Betrieb einem legitimen Zweck für die Ungleichbehandlung darstelle. Überdies stellen sich insbesondere datenschutzrechtliche Folgefragen, weshalb eine Prämie erst nach eingehender (anwaltlicher) Prüfung ausgelobt werden sollte.
     
1 Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung und besseren Lesbarkeit wird bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, lediglich das generische Maskulinum verwendet. Es sind jedoch stets Personen jeglicher Geschlechtsidentität gleichermaßen gemeint.

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