Schutz des geistigen Eigentums in Indien: Recht und Praxis

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zuletzt aktualisiert am 5. April 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Deutsche Unternehmen und Produkte „Made in Germany“ genießen in Indien einen hervorragenden Ruf. In einem Joint Venture bspw. erwartet der indische Partner von der gemeinsamen Unternehmung v.a. Zugang zu Kapital, Technologie und Verwendbar­keit der oftmals bereits etablierten Marken des deutschen Partners in Indien. Dem Schutz geistigen Eigentums kommt daher eine wichtige Bedeutung zu, sichert er doch einen Wettbewerbsvorteil im indischen Markt gegenüber indischen Wettbewerbern und schützt vor Angriffen Dritter/Partner. Patente, Marken, Urheber und Geschmacks­muster genießen einen umfassenden gesetzlichen Schutz in Indien (Patents Act, 2005, Trademark Registration Act, 1999, Copyright Act 1957, Design Act, 2000).



Markenrecht

Das indische Markenrecht (Trademark Registration Act, 1999) entspricht internationalen Standards und bietet ausländischen Rechteinhabern gute Rechtsschutzmöglichkeiten. Eine Markenregistrierung verursacht keine nennenswerten Kosten und der Registrierungsprozess kann digital über ein Online-Portal des indischen Marken­amtes durchgeführt werden. Mit den Trademark Registration Rules, 2017 ist zudem eine Regelung in Kraft, die eine Verkürzung der Verfahrensdauer, die Möglichkeit eines beschleunigten Registrierungsverfahrens und die Definition einer Marke als „bekannt“ vorsieht. Auch Indien ist mit Wirkung zum 8. Juli 2013 dem Madrider Protokoll beigetreten. Mit dem Beitritt können Marken nun auch in Indien über die internationale Registrierung geschützt werden.


Jüngste Entwicklungen in den Gesetzen zum geistigen Eigentum in Indien

Das Ministerium für Handel und Industrie, Abteilung zur Förderung von Industrie und Binnenhandel, der indischen Regierung hat gemäß Mitteilung vom 22. April 2021 das Berufungsgremium für geistiges Eigentum („IPAB“) mit Wirkung vom 4. April 2021 aufgelöst. Nach der Abschaffung des IPAB wurde die Befugnis, gegen Entscheidungen der Registrierstellen Berufung einzulegen, auf den High Court übertragen.
 
Das IPAB war aufgrund von Verzögerungen bei der Besetzung der freien Stellen im Vorstand von IPAB mit opera­tiven Schwierigkeiten konfrontiert und es gelang ihm nicht, die Bearbeitung der bei ihm eingereichten Berufungen zu beschleunigen, was der Zweck seiner Gründung war. Darüber hinaus wurden IPAB nur in be­stimm­ten Städten eingerichtet, und es gab praktische Schwierigkeiten bei der Annäherung an die Prozess­partei­en. Außerdem wurden die meisten der vom IPAB entschiedenen Angelegenheiten erneut vor dem High Court angefochten. In Angelegenheiten, die Patente und insbesondere pharmazeutische Patente betreffen, ist eine erhebliche Bedeutung des öffentlichen Interesses erforderlich. Da High Courts im Gegensatz zu IPAB über die inhärenten Befugnisse verfügen, grundlegende Aspekte im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit aufrechtzuerhalten, zeigt die Abschaffung des IPAB, dass der IP-Schutz- und das Durchsetzungssystem in Indien gestärkt wurde.
 
Die Regierung von Indien hat am 30. März 2021 neue Urheberrechtsregeln (Änderungen) mitgeteilt, um ihre Initiative zur Erleichterung der Geschäftstätigkeit in Indien zu stärken. Die neuen Regeln wurden mitgeteilt, um elektronische Modi als primären Kommunikationsmodus in der Urheberrechtsabteilung einzuführen. Auch stärken die neuen Regeln die Transparenz der Tätigkeit von Urheberrechtsgesellschaften. Die Regierung hat zudem den Softwareregistrierungsprozess reformiert. Jetzt müssen die Antragsteller nur die ersten 10 und letzten 10 Seiten des Quellcodes (den gesamten Quellcode nur bei weniger als 20 Seiten) einreichen, was ein willkommener Schritt im Sinne von Technologie-, Medien- und Telekommunikationsunternehmen ist. Die bisherige Regelung verlangte von einem Antragsteller, den gesamten Quell- und Objektcode vorzulegen.


Überragende Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes

Indische Gerichte sind chronisch überlastet und die Verfahrensdauer beträgt in den ersten Instanzen oft mehrere Jahre. Dem einstweiligen Rechtsschutz bei der IP-Rechtsdurchsetzung kommt daher in der Praxis überragende Bedeutung zu – er hat oftmals faktisch einen endgültigen Charakter. In eindeutigen Fällen kann eine einstweilige Unterlassungsverfügung in wenigen Tagen oder Wochen erlangt werden, wobei sie auch ohne vorherige Anhörung des Gegners beantragt werden kann. Das sollte in der Praxis in jedem Fall angestrebt werden. Eine weitere Besonderheit stellt die Auswahl des Prozessanwalts dar, da sein Ruf durchaus Einfluss auf den Ausgang eines Gerichtsverfahrens haben kann.

 
Indische Gerichte nehmen Markenrechtsverletzungen und Produktpiraterie sehr ernst und lassen keine Bedenken aufkommen, dass ausländische Marken in Indien geschützt sind.


Strafschadensersatz

In der indischen Rechtsprechung ist schon lange der sog. „Strafschadenersatz” anerkannt. Der High Court in Mumbai hat nun in einer bemerkenswerten Entscheidung (Glenmark Pharmaceuticals Ltd. v. Curetech Skincare and Galpha Laboratories Ltd., COMIP (L) NO. 1063 OF 2018, Bombay High Court) einen Strafschadensersatz von umgerechnet ca. 600.000 Euro verhängt. Auch unter Außerachtlassung der Besonderheiten des Falls (Fälschung von sicherheitsrelevanten Produkten), stellt das Urteil eine Präzedenzentscheidung dar, die hin­sicht­lich der Höhe der Strafschadensersatzzahlung Auswirkungen auf die künftige Rechtsprechung haben wird und von der eine große Abschreckungswirkung ausgeht. Bislang fiel der Strafschadensersatz nach westlichen Maßstäben in der Praxis eher gering aus.


Fazit

Der Markenschutz ist in Indien gleichermaßen wie in Deutschland von besonderer Wichtigkeit. Anders als in anderen Schwellenländern wird die Verletzung geistigen Eigentums in der indischen Kultur als Unrecht an­ge­sehen. Es steht daher ein guter Rechtsrahmen zur Bekämpfung von Verstößen zur Verfügung.

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