Keine Betriebsrente wegen Elternzeit? Möglich, aber nicht zwingend

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 18. Juni 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten
 

Das BAG entschied, dass es für eine Angestellte der deutschen Post keine Betriebsrente gab. Aufhänger war die Elternzeit der Mitarbeiterin, gestritten wurde über mögliche Diskriminierung, streitentscheidend war etwas anderes. 

 

 

Was hat das BAG hierzu entschieden? ​

Vor dem BAG (Az.: 3 AZR 65/24) verlangte eine Arbeitnehmerin die Berücksichtigung von Erziehungszeiten zur Erfüllung der Wartezeit und mithin Gewährung von Betriebsrente. 

Im Wesentlichen war durch Tarifvertrag festgelegt worden, dass Voraussetzung zur Gewährung von Betriebsrente eine zu erfüllende Wartezeit ist. Diese Wartezeit wurde auf 5 Jahre festgelegt. Als auf diese Wartezeit anrechenbare Beschäftigungsmonate wurde entsprechend des Tarifvertrages jeder Kalendermonat berücksichtigt, der für den Arbeitnehmer nach der Satzung der zuständigen Versorgungsanstalt als Umlagemonat galt. Umlagemonate wiederum waren nach der betreffenden Satzung Monate in denen aus dem zu zahlenden Lohn die Umlage abzuführen war. Für die Dauer des Erziehungsurlaubes der Klägerin ruhte das Arbeitsverhältnis zwischen den Streitparteien kraft Gesetzes. Das Ruhen des Arbeitsverhältnisses bedeutet, dass die Hauptleistungspflichten beider Parteien während dieser Zeit nicht erfüllt werden müssen. Der beklagte Arbeitgeber war mithin von der Pflicht zur Zahlung von Lohn frei. Ohne Pflicht zur Lohnzahlung, war vom Arbeitgeber auch keine Umlage zu entrichten Ohne Pflicht zur Umlage, wurden mithin keine Umlagemonate berücksichtigt und mangels ausreichender Umlagemonate wurde die für die Betriebsrente erforderliche Wartezeit nicht erfüllt. 

Die Klägerin vertrat die Auffassung, Erziehungszeiten würden im Wesentlichen von Frauen in Anspruch genommen. Die Nichtberücksichtigung dieser Zeiten im Rahmen der Wartezeit stelle mithin eine jedenfalls mittelbarere Diskriminierung wegen des Geschlechts und einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Die Erziehungszeiten müssten daher für die Wartezeit berücksichtigt werden, was im Ergebnis zur Gewährung einer Betriebsrente gegen den beklagten Arbeitgeber führen würde. 

Wie bereits die Vorinstanzen folgte das BAG dieser Argumentation nicht und wies die Klage ab. Bereits das LAG hatte ausgeführt, dass eine – auch nur mittelbare – Diskriminierung nicht gegeben ist, wenn die streitige Maßnahme durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, der für die Ungleichbehandlung angeführte Grund einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens entspricht und für die Erreichung dieses Zieles geeignet und erforderlich ist. Diese Bedingungen erfüllen – wie die hier gegenständlichen - Regelungen, die an die tatsächliche Arbeitsleistung anknüpfen. Unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des BAG führte bereits das LAG weiter aus, dass der Unterschied zwischen einem ruhenden und nicht ruhenden Arbeitsverhältnis so gewichtig ist, dass er eine unterschiedliche Behandlung nicht nur beim eigentlichen Arbeitsentgelt, sondern auch bei der Gewährung zusätzlicher Leistungen zum Arbeitsentgelt rechtfertige. 

Das Gericht macht deutlich, dass eine Berücksichtigung von Zeiten, in denen die Pflicht zur Arbeit durch den Arbeitnehmer suspendiert ist, gerade zu einer Ungleichbehandlung und Benachteiligung derjenigen führe, die tatsächliche ihre Arbeitsleistung erbringen. 

Entscheidend im vorliegenden Fall, war also im Grunde nicht die Elternzeit als solche, sondern
  • die Voraussetzung einer Wartezeit,
  • die Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung und
  • die (tarifliche) Vertragsfreiheit bei der Wahl des Versorgungssystems.

Wartezeit 

Die Gewährung von Versorgungsleistungen kann – wie hier - in der Versorgungsordnung von der Erfüllung einer bestimmten Wartezeit abhängig gemacht werden. Wartezeiten dienen der Begrenzung des Versorgungsrisikos. Das BAG bestätigte seine Entscheidung aus dem Jahre 2002, wonach ein Arbeitgeber grundsätzlich in seiner Entscheidung frei ist, unter welchen Voraussetzungen er Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erbringen will. Hierzu gehört auch seine Befugnis, unabhängig von § 1 I BetrAVG Wartezeiten und qualifizierte Wartezeiten festzulegen. Vorliegend war die Leistung (tarif)vertraglich an eine solche Wartezeit und diese im Ergebnis wiederum an Monate der Arbeitsleistung geknüpft. 

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber, dass der Arbeitgeber auch auf eine Wartezeit verzichten kann, oder diese an andere objektive Kriterien knüpfen kann. Auf die richtige Gestaltung kommt es an.
 

Was bedeutet die Entscheidung des BAG für andere Fälle des Ruhens des Arbeitsverhältnisses?

Ein Arbeitsverhältnis ruht nicht nur während der Elternzeit sondern auch
  • wenn ein Arbeitnehmer länger als sechs Wochen krankgeschrieben ist und die Entgeltfortzahlung endet, 
  • während des Wehr- oder Ersatzdienstes,
  • bei einer einvernehmlichen oder einseitigen Freistellung durch den Arbeitgeber ruht das Arbeitsverhältnis.
  • während eines Sabbaticals - je nach individueller Ausgestaltung -.
Mit dem wesentlichen Argument des BAG, dass der Unterschied zwischen ruhendem und nicht ruhendem Arbeitsverhältnis derart erheblich ist, dass er eine (mittelbare) Ungleichbehandlung jedenfalls rechtfertigt, ist davon auszugehen, dass die Rechtsprechung des BAG auch für alle anderen Fälle des ruhenden Arbeitsverhältnisses jedenfalls entsprechend zur Anwendung kommen kann.

Stimmen Versorgungssystem und Arbeitsvertrag überein?

Im hier vom BAG zu beurteilenden Fall fanden die streitentscheidenden Regelungen des Tarifvertrages aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Dies zeigt, dass auch Arbeitsverträge regelmäßig überprüft werden sollten. Gibt es eine Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag? Wenn ja, ist diese auch wirksam ausgestaltet? Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge, aber auch auf allgemeine Arbeitsbedingungen und Betriebsvereinbarungen unterliegen der Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle. Auf allgemeine Arbeitsbedingungen bezogene sog. Jeweiligkeitsklauseln sind unwirksam, weil sie dem Arbeitgeber ein voraussetzungsloses Eingriffsrecht in die Vertragsbedingungen geben. Ein solches einseitiges Eingriffsrecht ist bei Tarifverträgen nicht gegeben, sodass eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende Tarifrecht grundsätzlich möglich ist. ​

Fazit

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Rechtsprechung des BAG insbesondere in umlagebasierten Versorgungssystemen eine differenzierte Behandlung von Zeiten mit und ohne Entgeltanspruch ermöglicht. Zwingend ist dies jedoch nicht. Vor diesem Hintergrund ist also bereits im Rahmen der Implementierung einer betrieblichen Altersversorgung, also bei der Wahl des Versorgungssystems und bei der Ausgestaltung dessen darauf zu achten, in welchen Fällen eine Leistung des Arbeitgebers (nicht) gewünscht ist. Auf die richtige Gestaltung kommt es an.​
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