Umsetzung der Anti-Tax-Avoidance-Directive in Deutschland – Mögliche Gesetzesänderungen 2018/2019

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veröffentlicht am 4. Dezember 2018
von Malte Geils
 

Die Ergebnisse des BEPS-Projekts (kurz für: Base Erosion and Profit Shifting) sollen EU-weit ein­heitlich Anwendung finden. Dafür hat die EU vielfältige Reformen der Unternehmensbesteuerung angestoßen, die es nunmehr durch die Mitgliedsstaaten zu realisieren gilt. Der Umsetzungsbedarf in den einzelnen Staaten ist jedoch sehr unterschiedlich. Zudem drängt die Zeit – müssen doch die ersten Maßnahmen bereits zum 31. Dezember 2018 umgesetzt sein.

 

 

Am 12. Juli 2016 hat der Europäische Rat die Richtlinie mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuer­ver­mei­dungs­praktiken (Anti-Tax-Avoidance-Directive, kurz: ATAD) erlassen. Sie wurde mit der Richtlinie vom 29. Mai 2017 (kurz: ATAD II) um weitere Vorschriften ergänzt. Die Vorschriften der beiden ATAD-Richtlinien gilt es nun durch die Mitgliedsstaaten zu realisieren. Die Umsetzung der Maßnahmen der ATAD-Richtlinie muss noch bis zum 31. Dezember 2018 erfolgen, während die der ATAD II teilweise bis zum 31. Dezember 2019 bzw. 2021 durchzuführen ist. Bei allen Regelungen der ATAD-Richtlinien muss beachtet werden, dass sie lediglich Mindestmaßstäbe festlegen. Das bedeutet, dass strengere Regelungen den Mitgliedsstaaten jederzeit möglich sind (Art. 3 ATAD).
 

ATAD-Richtlinie vom 12. Juli 2016

Die ATAD enthält im Grundsatz 4 Maßnahmen, die der Bekämpfung der Steuervermeidung dienen sollen. Es handelt sich um eine Zinsschranke (Art. 4 ATAD), Regelungen zur Wegzugsbesteuerung (Art. 5 ATAD), all­ge­meine Missbrauchsvermeidungsvorschriften (Art. 6 ATAD) und Regeln zur Hinzurechnungs­besteuerung (kurz: CFC-Rules) in Art. 7 und Art. 8 ATAD. Aus deutscher steuerrechtlicher Perspektive erscheint das erst einmal nicht neu, füllt doch das nationale Steuerrecht bereits viele der Anforderungen aus. So vermag es auch nicht zu überraschen, dass der Umsetzungsbedarf in Deutschland nicht so groß ist wie in anderen Staaten der EU.
  
Es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Regelungen der ATAD zur Hinzurechnungs­be­steuer­ung z.T. erheblich von den in § 7 ff. AStG enthaltenen Regelungen abweichen. Insbesondere der Katalog jener Einkünfte, die der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen, entspricht nicht vollständig dem § 8 AStG, wodurch künftige Änderungen des Außensteuergesetzes (AStG) notwendig werden. So können sich bspw. zur bisherigen deutschen Regelung Verschärfungen für Lizenzgebühren, Dividenden und Abrechnungs­unter­nehmen ergeben. Daneben wird die Grenze zur Niedrigbesteuerung stark diskutiert. Sie beträgt aktuell 25 Prozent; es wird jedoch seit einigen Jahren eine Reduzierung gefordert. Nach der ATAD wäre eine Senkung auf bis zu 7,5 Prozent möglich, jedoch ist das in Deutschland nicht ganz denkbar. Eine Höhe des Körperschaftsteuersatzes von 15 Prozent erscheint wahrscheinlicher.

 
ATAD II-Richtlinie vom 29. Mai 2017

Zwar ist der Zeitraum bis zur Umsetzung der 2. ATAD-Richtlinie noch etwas weiter entfernt, jedoch ist der Umsetzungsbedarf in Deutschland deutlich größer. Die Richtlinie zielt darauf ab, die Steuer­vermeidung durch hybride Gestaltungen zu beenden. Dafür sollen die hybriden Gestaltungen (Art. 9 ATAD), sog. „umgekehrte hybride Gestaltungen” (Art. 9a ATAD) und „Inkongruenzen der steuerlichen Ansässigkeit” (Art. 9b ATAD) angegangen werden.
 
Konkret ist es das Ziel, doppelte Betriebsausgabenabzüge und steuerliche Abzüge von Aufwand bei Nicht­berücksichtigung von Einkünften zu verhindern – es hat jeweils einer der Mitgliedsstaaten den Abzug zu verweigern. Daneben sollen auch mittelbare hybride Gestaltungen untersagt werden. Für die umgekehrten hybriden Gestaltungen sollen hingegen die hybriden Strukturen – unabhängig von der steuerlichen Einordnung durch die Mitgliedsstaaten – als Steuerpflichtige angenommen werden und somit der Besteuerung unterliegen.
 
Für den steuerlichen Abzug von doppelansässigen Gesellschaften ist ebenfalls eine Missbrauchs­vermeidung vorgesehen. Dabei wird nach der Richtlinie die Doppelansässigkeit nicht anerkannt, sofern sie zu einem doppelten Abzug der Betriebsausgaben führt. Zwar besteht in dem Zusammenhang bereits § 4i EStG, er wird jedoch voraussichtlich nicht ausreichen, um den Anpassungsbedarf der Richtlinie voll zu erfüllen. Inwieweit der Gesetzgeber dahingehend Anpassungen vornehmen wird, ist zur Zeit noch nicht absehbar.
 

Hinweise für die Praxis

Auch wenn die konkrete Umsetzung der Richtlinie noch nicht abgeschlossen ist, zeichnen sich Verschärfungen in der Besteuerung von Kapitalgesellschaften ab. Die Unternehmensstrukturen und Transaktionen sollten daher bereits zum jetzigen Zeitpunkt mögliche Änderungen durch die ATAD-Richtlinien berücksichtigen. Daneben muss zur Sicherstellung der künftigen Abzugsfähigkeit von bestimmten Betriebsausgaben (bspw. Zinsen) in hybriden Strukturen eine Dokumentation der Besteuerung im Ausland vorgehalten werden können. In Sachen Hinzurechnungsbesteuerung wird der Gesetzesentwurf besonders interessiert erwartet, da mit erheblichen Änderungen im AStG gerechnet wird.

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