Klimabezogene Berichterstattung – Status quo und aktuelle Entwicklungen

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veröffentlicht am 17. April 2020 / Lesedauer ca. 5 Minuten
 

Die klimabezogene Berichterstattung gewinnt in Deutschland und auf europäischer Ebene stetig an Interesse; von Markt- und regulatorischer Seite nimmt der Druck auf Nachhaltigkeit und Transparenz zu. Neben Einführung der nichtfinanziellen Erklärung verfolgt die EU-Kommission mit dem Aktionsplan „Sustainable Finance“ und der Konkretisierung der nichtfinanziellen Unternehmensberichterstattung durch unver­bindliche Leitlinien weitere Schritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Unter­nehmens­führung. Die Zeit ist reif, sich mit den künftigen Anforderungen auseinander zu setzten und entstehende Chancen zu nutzen.

   

  

Kapitalmarkorientierte Unternehmen, die bestimmte Kriterien erfüllen, wurden durch das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz verpflichtet, den Lagebericht bzw. Konzernlagebericht um eine nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung zu erweitern oder einen gesonderten nichtfinanziellen (Konzern-)Bericht zu veröffentlichen. Diese Berichterstattung muss mindestens Erläuterungen zu folgenden Aspekten umfassen:

  • Umweltbelange,
  • Sozial- und Arbeitnehmerbelange sowie
  • Achtung der Menschenrechte und
  • Korruptions- und Bestechungsbekämpfung.
     

Für diese Aspekte sind jeweils die Angaben zu machen, die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage der Gesellschaft sowie der Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf die genannten Aspekte erforderlich sind. Die inhaltliche Prüfung der nichtfinanziellen Erklärung hat durch den Aufsichtsrat als Überwachungsorgan zu erfolgen. Der Abschlussprüfer muss lediglich prüfen, ob die Erklärung bzw. der Bericht abgegeben wurde; er kann allerdings freiwillig mit einer inhaltlichen Prüfung beauftragt werden.

 

Unverbindliche Leitlinien der EU

Zur Konkretisierung der CSR-Richtlinie hat die EU-Kommission bereits 2017 unverbindliche Leitlinien veröffentlicht, die im Juni 2019 zur klimabezogenen Berichterstattung weiter entwickelt wurden. Die Leitlinien sind ein Ergebnis des Aktionsplans der Kommission zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum und bauen auf den Empfehlungen der technischen Expertengruppe für nachhaltige Finanzen (Technical Expert Group, kurz: TEG) auf. Die Leitlinien lösen keine eigenständige Berichterstattungspflicht aus, sondern geben den Unternehmen praktische Empfehlungen, wie sie die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf das Klima sowie die Auswirkungen des Klimawandels auf ihr Geschäft (sog. „doppelte Wesentlichkeitsperspektive“) in die Unternehmensberichterstattung einbinden können. Darüber hinaus geben die Leitlinien anhand von Beispielen praktische Hinweise, wie ein Unternehmen über die Chancen und Risiken des Klimawandels entlang der Wertschöpfungs- und Lieferkette berichten kann.
 

Das soll dazu beitragen die bisher in der Praxis herrschenden Unklarheiten bei der Berichterstattung bzw. unterschiedliche Auslegungen der Berichtspflichten zu reduzieren. Mit den umfassenden Empfehlungen für die klimabezogene Unternehmensberichterstattung verfolgt die Kommission weiter ihren Aktionsplan und ihre langfristige Vision einer klimaneutralen Wirtschaft bis 2050.
 

Klimabezogene Berichterstattung: Good Practice

Mit dem Aktionsplan der EU zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums wurde durch die „European Financial Reporting Advisory Group” (EFRAG) ein „European Corporate Reporting Lab” ins Leben gerufen. Die Arbeits­gruppe für klimabezogene Berichterstattung (sog. „Project Task Force on Climate-related Reporting”, kurz: PTF-CRR) veröffentlichte im Februar 2020 einen umfangreichen Bericht zu Good Practice-Beispielen klimabezogener Berichterstattung in der nichtfinanziellen Berichterstattung gemäß CSR-Richtlinie aus der Berichtsperiode 2018 von ca. 150 Unternehmen.
 

Die Arbeitsgruppe stellt in ihrem Bericht grundsätzlich eine kontinuierliche Verbesserung der Klimabericht­erstattung in verschiedenen Bereichen fest und sieht eine Steigerung der Berichtsqualität im Vergleich zur Berichtsperiode 2017. Gleichzeitig zeigt sich aber auch, dass es bislang kaum Unternehmen gelingt, das gesamte Spektrum der Klimaberichterstattung gleichermaßen fundiert in ihrer Berichterstattung umzusetzen – so stechen die betrachteten Unternehmen in manchen Aspekten besonders positiv hervor, dafür vernachlässigen sie andere Bereiche komplett oder führen sie erst gar nicht auf. Die Untersuchung ergibt zudem, dass viele Unternehmen die klimabezogene Berichterstattung oftmals noch als „Compliance Übung“ betrachten anstatt als Chance, sich tatsächlich mit der Resilienz ihres Geschäftsmodells in Zeiten des Klimawandels auseinanderzusetzen.
 

Die Untersuchung der PTF-CRR zeigt, dass die klimabezogene Berichterstattung Unternehmen weiterhin vor wesentlichen Herausforderungen stellt. So fiel in den betrachteten klimabezogenen Berichterstattungen auf, dass Aussagen oftmals sehr allgemein gefasst sind und der Bezug zum Unternehmen fehlt. Zudem sind einige klimabezogene Maßnahmen der Unternehmen oftmals ohne Kontext dargestellt, sodass es dem Leser schwer fällt, sich ein Gesamtbild über das nachhaltige Engagement zu machen.
 

Basierend darauf sollten generische Aussagen vermieden werden. Zudem sollten mehr nationale und internationale Klimaabkommen (z. B. Pariser Klimaschutzabkommen) als relevante Anknüpfungspunkte für das Unternehmen in den Bericht einfließen. Unter den vier Themenschwerpunkten, die stichprobenartig untersucht wurden – Governance, Strategie, Risikomanagement, Messzahlen und Ziele – stellte die Arbeitsgruppe fest, dass insbesondere die Ausführungen zu Messzahlen und Ziele der Unternehmen bereits sehr ausgereift sind. Die anderen Themenfelder, v. a. Angaben zur Unternehmensstrategie, sind noch ausbaufähig; besonders die zeitliche Betrachtung: Denn bezeichnend für die Analyse und Bewertung der potenziellen Auswirkungen vom Klimawandel ist der langfristige Zeithorizont. Da sich die Erderwärmung durch eine langsame Entwicklung und durch langfristige Effekte auszeichnet, müssen künftige Folgen über Zeitreihenanalysen und langfristige Szenarien abgeschätzt werden. Unternehmen betrachten für ihre Geschäftsplanung und Strategiedefinition i. d. R. einen Zeitraum von fünf oder weniger Jahren, was eine gewisse Diskrepanz zu einer angemessenen Bewertung von klimabezogenen Risiken aufweist, die sich über einen Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren oder noch weiter erstrecken. Mit Blick auf die Governance empfiehlt es sich, dass die Überwachsungsfunktion des Aufsichtsrats und des Managements bei den Themen Umwelt- bzw. Klimarisiken deutlicher ausgeführt werden sollte.
 

Eine besondere Herausforderung stellt für die betroffenen Unternehmen die Nutzung von Szenarioanalysen dar. Gemäß den oben erwähnten unverbindlichen Leitlinien sollen Unternehmen, um in geeigneter Weise die potenziellen Auswirkungen des Klimawandels in ihre Planungsprozesse einbinden zu können, prüfen, wie sich klimabedingte Risiken und Chancen möglicherweise entwickeln und welche geschäftliche Implikationen sie unter verschiedenen Bedingungen haben können. Eine Möglichkeit zur Bewertung solcher Implikationen besteht darin, Szenarioanalysen durchzuführen. Das gestaltet sich laut Bericht der Arbeitsgruppe in der Praxis als äußerst schwierig. Ferner sind besonders die zugrundeliegenden Berechnungen und Daten für die dargestellten Szenarien intransparent und – wie bereits erwähnt – auch der Zeithorizont nicht ausreichend. Positiv wird in der Untersuchung hervorgehoben, dass zahlreiche der analysierten Unternehmen innerhalb kurzer Zeit Gremien in deren Führungsstruktur etabliert haben, die damit beauftragt sind klimabezogene Risiken im Einklang mit der Unternehmensstrategie zu beobachten und Maßnahmen zu entwickeln. Das ist ein positiver Indikator dafür, dass dem Thema auf Führungsebene vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt wird und auch in die strategische Planung mit einfließt.
 

Zusammenfassend ergibt die Untersuchung, dass es Unternehmen nach wie vor schwer fällt, den stetig wachsenden Informationsbedürfnissen der Adressaten ihrer klimabezogenen Berichterstattung gerecht zu werden. Auch wenn die Good-Practice-Studie bereits einige positive Aspekte der Berichterstattung hervorhebt, wird dadurch klarer denn je, dass die Unternehmen bei der klimabezogene Berichterstattung noch in den Kinderschuhen stecken.
 

Ausblick

Der Klimawandel und seine Folgen gehören zu den aktuell sehr intensiv diskutierten Themen in Politik und Wirtschaft. Auch wenn aktuell nur bestimmte kapitalmarktorientierte Unternehmen zur Berichterstattung verpflichtet sind, sollten sich ebenso kleine und mittelständische Unternehmen Gedanken zu freiwilligen klimabezogenen Angaben machen – etwa in einem gesonderten Nachhaltigkeitsbericht. Der Klimawandel und seine Folgen müssen unternehmensspezifisch adressiert und Geschäftsmodelle in Zeiten des Klimawandels auf den Prüfstand gestellt werden.
 

Der Preis, sich nicht mit dem Thema auseinanderzusetzen, kann hoch ausfallen und es steht weitaus mehr als „nur“ die Reputation auf dem Spiel. Letztlich muss davon ausgegangen werden, dass die aktuellen Regelungen und Leitlinien für kapitalmarktorientierte Unternehmen eher früher als später auf nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen erweitert werden.

 Bitte beachten Sie:

  • ​Kapitalmarktorientierte Unternehmen sollen die unverbindlichen Leitlinien und Good-Practice Beispiele in die eigene Klimaberichterstattung einfließen lassen.
  • Noch nicht betroffenen Unternehmen wird geraten, sich frühzeitig mit den möglichen künftigen nichtfinanziellen Berichtspflichten auseinanderzusetzen.
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