Kryptowährungen als Teil der Vergütung: Spielerei oder rechtlich machbar?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 23. April 2024 | Lesedauer ca. ​​​​​​​​​​​​3 Minuten 

Was früher nach Zukunftsmusik klang, wird zunehmend zur arbeitsrechtlichen Realität: Kryptowährungen als Teil der Vergütung. Doch was ist rechtlich zulässig und wo liegen die Grenzen? Einen ersten Leitfaden bietet die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts und zeigt auf, dass eine Auszahlung der Vergütung durch eine Übertragung von Kryptowährung durchaus möglich ist - jedoch nicht grenzenlos.





​​Kryptowährungen wie Bitcoin, Ether und andere digitale Währungen finden immer wieder Beachtung in der öffentlichen Diskussion. Ihre stetige Präsenz hat dazu geführt, dass sie auch in den Fokus der (arbeits-)rechtlichen Betrachtung geraten. In diesem Kontext stellt sich die Frage, inwieweit Kryptowährungen rechtssicher als alternatives Zahlungsmittel für Arbeitsentgelte eingesetzt werden können. 
 
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ist zu begrüßen, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit seinem Urteil vom 16. April 2025 (Az. 10 AZR 80/24) klargestellt hat, dass eine Auszahlung der Teilvergütung durch eine Übertragung von Kryptowährung durchaus möglich ist.
 

Was war passiert?

Zwischen der Klägerin und der Beklagten, einem Unternehmen, das sich unter anderem mit Kryptowährungen befasst, war arbeitsvertraglich ein Provisionsanspruch auf Basis der monatlichen Geschäftsabschlüsse vereinbart. Die Provision sei dabei zunächst in Euro zu ermitteln und zum Zeitpunkt der Fälligkeit – dem jeweiligen Letzten des Folgemonats – zum „aktuellen Wechselkurs“ in ETH umzurechnen und zu erfüllen gewesen. Eine Übertragung von ETH und eine Abrechnung der Provisionsansprüche sei bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2021 gleichwohl nicht erfolgt, obwohl die Klägerin die Beklagte hierzu mehrfach aufgefordert und ein für die Übertragung erforderliches Wallet am 11. August 2020 mitgeteilt habe. 

Mit ihrer Klage hatte die Klägerin zuletzt noch Provisionen in Höhe von 19,194 ETH für die Monate Februar und März 2020 verlangt. Die mit der letzten Gehaltsabrechnung für Dezember 2021 zum Ende des gekündigten Arbeitsverhältnisses erhaltene Provisionsleistung in Höhe von 15.166,16 Euro brutto sei bei der Höhe der Klageforderung bereits berücksichtigt worden.
 

Die Entscheidung des BAG

Nach Auffassung der Beklagten sei der Anspruch auf die Provisionsforderung bereits durch die Leistung im Dezember 2021 erfüllt. Gleichzeitig lasse die gesetzliche Regelung unter § 107 Abs. 1 GewO, der die Zahlung von Arbeitsentgelt in Euro vorsehe, die Auszahlung der Provision in einer Kryptowährung nicht zu. Dies sei dem Grunde nach korrekt. Der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts hob in seiner Entscheidung vom 16. April 2025 (Az. 10 AZR 80/24) das in § 107 Abs. 1 GewO normierte Grundprinzip, wonach das Arbeitsentgelt in Euro zu berechnen und auszuzahlen seien, ebenfalls hervor. 
 
Doch was genau gilt in Bezug auf Kryptowährungen? Der Senat stellt klar: Ether (ETH) oder andere digitale Währungen sind kein „Geld“ im Sinne der genannten Vorschrift. Wie schon die Vorinstanz in ihrer Begründung ausführte, handelt es sich bei Kryptowährungen laut § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG um digitale Wertrepräsentationen ohne zentralen Emittenten – und damit weder um gesetzliches Zahlungsmittel noch um elektronisches Geld (siehe Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10. April 2024, Az. 19 Sa 29/23, Rn. 78, sowie die dort zitierte Literatur). 
 
Das BAG betont allerdings den Grundsatz, dass Kryptowährungen durchaus als Teil der Vergütung vereinbart werden können. Maßgeblich sei hier § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO: Arbeitgeber und Arbeitnehmer dürfen Sachbezüge als Entgeltbestandteil vereinbaren, sofern dies im Interesse des Arbeitnehmers liegt. Ein solcher Sachbezug liegt zum Beispiel vor, wenn die Vergütung erbrachter Dienste nicht in Geld, sondern in einer anderen Form erfolgt. Ein sehr bekanntes Beispiel ist etwa die Überlassung des Firmenfahrzeugs zu privaten Zwecken. Die zwischen den Parteien arbeitsvertraglich vereinbarte Provision, die mittels Übertragung der Kryptowährung Ether (ETH) erfüllt werden sollte, stelle nach Auffassung des Senats gerade einen solchen Sachbezug dar, der nach den Umständen des Einzelfalls auch im objektiven Interesse der Klägerin gelegen sei. 
 
Gleichzeitig zeigt die Entscheidung des Gerichts eine klare Grenze auf: § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO schreibt vor, dass der unpfändbare Teil des Arbeitsentgelts in Geld auszuzahlen ist. Der Arbeitnehmer dürfe nicht in die Lage versetzt werden, seine Grundbedürfnisse erst durch den Umtausch von Kryptowährungen oder durch staatliche Leistungen decken zu müssen. Insofern könne eine vollständige Auszahlung in ETH nicht erfolgen – zumindest der unpfändbare Teil der Vergütung müsse in Euro gezahlt werden.
 
Ob der Klägerin die Übertragung der geltend gemachten 19,194 ETH für Februar und März 2020 in der beantragten Höhe tatsächlich zusteht, ist allerdings noch offen. Da das Berufungsgericht die Pfändungsfreigrenzen nicht korrekt ermittelt und die steuer- und beitragsrechtlichen Grundlagen nicht vollständig festgestellt hatte, wurde das Verfahren an die Vorinstanz zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
 

Fazit 

Ob sich Kryptowährungen künftig als fester Bestandteil „moderner“ Vergütungsmodelle etablieren werden, bleibt offen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts schafft jedoch eine wichtige rechtliche Orientierung. Sie bestätigt, dass die Einbindung von Kryptowährungen in die Entgeltgestaltung arbeitsrechtlich grundsätzlich zulässig ist. Damit eröffnet sich für Personalverantwortliche ein erweiterter Gestaltungsspielraum bei der Entwicklung innovativer Vergütungskonzepte, etwa für Mitarbeiter mit besonderer Krypto-Affinität. 
 
Good to know: Aus den Entscheidungsgründen der Vorinstanz (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Az. 19 Sa 29/23) geht hervor, dass die Ansprüche der Klägerin wegen der unwirksam formulierten vertraglichen Ausschlussfristen nicht verfallen seien. Wenngleich im konkreten Einzelfall geprüft werden muss, ob die Ausschlussfrist unter Beachtung des Mindestlohngesetzes überhaupt greift, unterstreicht dies dennoch die Notwendigkeit, arbeitsvertragliche Regelungen regelmäßig auf ihre rechtliche Wirksamkeit hin zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen.
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