Virtuelle Organbeschlüsse bei Vereinen und Stiftungen künftig leichter möglich

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veröffentlicht am 28. März 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Am 21. März 2023 ist das Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitglieder­ver­­sammlungen im Vereinsrecht in Kraft getreten. Es erleichtert Organen von Vereinen und Stiftungen die Beschlussfassung in rein virtueller oder hybrider Form. 
 

Bei einer virtuellen Beschlussfassung geben sämtliche Organmitglieder ihre Stimme über elektronische Kom­muni­kationsmittel (z.B. Telefon- oder Videokonferenz) ab, bei einer hybriden Beschlussfassung werden Be­schlüsse in einer Organsitzung mit per elektronischen Kommunikationsmitteln zugeschalteten Mitgliedern ge­fasst. Die nun beschlossenen Neuregelungen gelten für sämtliche Organe von Vereinen sowie über §§ 86, 28 BGB (ab 1. Juli 2023 über § 84b Satz 1 BGB) auch für Organe von Stiftungen.

 

Beschlussfassung bisher grundsätzlich im Rahmen von Präsenzsitzungen;          Ausnahme: Corona-Sonderregelung

Beschlussfassungen von Vereinen und Stiftungen mussten bisher grundsätzlich in Form einer Präsenzsitzung erfolgen, wenn die Satzung keine Öffnungsklausel für virtuelle oder hybride Beschlussfassungen enthielt. Zwar erlaubte § 32 Abs. 2 BGB in der bisher gültigen Fassung auch bisher Beschlüsse außerhalb von Versammlungen (z.B. im Umlaufverfahren). Es war jedoch an die strenge Voraussetzung geknüpft, dass sämtliche Mitglieder dem Beschluss schriftlich zustimmten.
 
Während der Corona-Pandemie konnte der Einberufende vorübergehend vorsehen, dass Sitzungen von Vereins- oder Stiftungsorganen hybrid oder virtuell stattfinden müssen, oder dass eine Beschlussfassung außerhalb einer Sitzung erfolgt. Eine Satzungsregelung oder die Zustimmung der Organmitglieder war hierfür nicht erfor­der­lich. Diese Regelung ist jedoch zum 31. August 2022 ausgelaufen.

 

Zweistufiges Konzept der Neuregelung

Auf Grund des technischen Fortschritts und der positiven Erfahrungen mit virtuellen und hybriden Beschluss­fassungen während der Corona-Pandemie, hat sich der Gesetzgeber nun entschlossen, virtuelle und hybride Beschlussfassungen von Vereins- und Stiftungsorganen gesetzlich zu regeln und zu erleichtern.
 
Nach der Neuregelung wird zukünftig zwischen hybriden und rein virtuellen Organsitzungen differenziert. Hybride Sitzungen kann der Einberufende künftig ohne Satzungsregelung oder Zustimmung der Organ­mit­glieder gestatten (§ 32 Abs. 2 Satz 1 BGBneu). Er kann die Organmitglieder allerdings – anders als nach dem Corona-Sonderrecht – nicht zur Teilnahme über elektronische Kommunikationsmittel zwingen. 
 
Sollen rein virtuelle Organsitzungen abgehalten werden, bedarf es hierfür eines Beschlusses der Mitglieder des jeweiligen Organs (§ 32 Abs. 2 Satz 2 BGBneu). Daneben sind weiterhin Beschlüsse außerhalb von Organsitz­ungen möglich, wenn sämtliche Organmitglieder dem schriftlich zustimmen (§ 32 Abs. 3 BGBneu).
 
Zudem sieht § 32 Abs. 2 Satz 3 BGBneu bestimmte Besonderheiten für die Einberufung virtueller oder hybrider Organsitzungen vor.
 
Wie bisher sind jedoch von der geltenden Gesetzeslage abweichende Satzungsregelungen möglich. Diese können einerseits weitergehende Befugnisse des Einberufenden vorsehen, z.B. die Anordnung virtueller Organ­sitzungen auch ohne vorherigen Beschluss des betreffenden Organs. Andererseits können sie die Durch­führ­ung virtueller oder hybrider Sitzungen einschränken. In der Praxis verbreitet ist hier unter anderem der Zwang zur Präsenzsitzung bei Satzungsänderungen. Im letzteren Fall greift dann die gesetzliche Neuregelung nicht. Schließlich sollte in der Satzung klar bestimmt werden, ob auf bestimmte Formalien bei der Einberufung von Organsitzungen verzichtet werden kann, oder ob sie zwingend einzuhalten sind.

 

Fazit

Leider knüpft die Gesetzesreform nicht nahtlos an das Auslaufen der Corona-Sonderregelungen an. Daher werden in der Zwischenzeit (1. September 2022 bis 20. März 2023) gefasste Beschlüsse von Vereinen und Stiftungen, bei denen eine Satzungsregelung zu virtuellen oder hybriden Beschlüssen fehlt, nicht rückwirkend wirksam. Hier sollte bei Zweifeln an der Wirksamkeit der Beschlussfassung ein Bestätigungsbeschluss nach neuer Rechtslage gefasst werden.
 
Zudem hat der Gesetzgeber davon abgesehen, die pandemiebedingten Erleichterungen für Beschlüsse im Umlaufverfahren in das BGB zu übernehmen. Umlaufbeschlüsse im schriftlichen Verfahren sind daher wie bisher ohne abweichende Satzungsregelung nur möglich, wenn alle Organmitglieder zustimmen. Eine elek­tronische Zustimmung scheidet weiterhin aus. 
 
Trotz der gesetzlichen Neuregelung empfiehlt es sich weiterhin, das Beschlussverfahren von Vereins- und Stiftungsorganen in der Satzung zu regeln. Denn fehlerhafte Beschlüsse von Vereins- und Stiftungsorganen sind grundsätzlich nichtig. Soweit eine Satzungsregelung nicht existiert, sollte vor Durchführung rein virtueller Sitzungen zukünftig in jedem Fall ein Organbeschluss über die Möglichkeit zur Durchführung virtueller Sitz­ung­en gefasst werden. Dieser Organbeschluss muss nicht vor jeder virtuellen Beschussfassung gesondert, sondern kann auch als Vorratsbeschluss für alle zukünftigen Beschlussfassungen, gefasst werden. Daneben ist auch eine entsprechende Regelung in der Geschäftsordnung des betreffenden Organs empfehlenswert.

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