A1 Bescheinigungen: Mitarbeitereinsätze innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz

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veröffentlicht am 12. Juni 2023 / Lesedauer ca. 3 Minuten
 

Innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz ist eine sorgfältige Prüfung des an­wend­baren Sozialversicherungsrechts bei grenzüberschreitenden Mitarbeiter­einsätzen unum­gänglich. Neben der Beachtung nationaler entsenderichtlinien­bedingter Melde- und Registrierungspflichten liegt der Fokus seit jeher auf der Vorlage einer A1 Be­schein­ig­ung, die nachweist, welches Sozialversicherungs­recht Anwendung findet. Die Be­scheinigung ist unabhängig von Art und Dauer der Auslandstätigkeit zu beantragen und vom Expat mitzuführen. Je nach Einsatzland können bei Nicht­vorlage der A1 Bescheinigung empfindliche Strafen drohen. 

  

  

Innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz gilt bei grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsätzen im Grundsatz das sog. „Territorialitätsprinzip” (auch als Beschäftigungslandprinzip bekannt). Danach verlagert sich das an­wendbare Sozialversicherungsrecht grundsätzlich in das Land, in dem der Mitarbeiter seine Arbeits­leistung physisch erbringen wird (Einsatzland). Um das zu vermeiden, koordiniert die Verord­nung (EG) 883/2004 das anwendbare Sozialversicherungsrecht.

 

 

Die A1 Bescheinigung

Als Nachweis der anwendbaren Rechtsvorschriften dient die A1 Bescheinigung, welche der Mitarbeiter bereits zum Zeitpunkt des Grenzübertritts mit sich führen sollte. Gerade auf Grund immer strengerer Kon­trollen in den Mitgliedstaaten (insb. AT, FR, CH), ist es unverzichtbar, sich vor dem Auslandseinsatz mit der Thematik A1 Bescheinigung als Arbeitgeber rechtzeitig auseinanderzusetzen und notwendige Schritte zu veranlassen. Teil­weise werden Bedeutung und Notwendigkeit der A1 Bescheinigung immer noch unter­schätzt. Die A1 Beschein­ig­ung ist der verbindliche Nachweis für die anwendbaren Sozialvorschriften inner­halb der EU, des EWR und der Schweiz. Ist das anwendbare Recht festgelegt, ist im Umkehrschluss ausgeschlos­sen, dass die Sozialvor­schriften der anderen Mitgliedstaaten Anwendung finden und Beitragspflichten in an­deren Mitgliedstaaten bestehen. Wenn kein Nachweis geführt werden kann, ist es durchaus möglich, dass der Arbeitgeber zur zu­sätzlichen Zahlung im Einsatzstaat herangezogen werden kann.

 

Verordnung (EG) 883/2004

Bei der Prüfung des anwendbaren Sozialversicherungsrechts und der Ausstellung der A1 Bescheinigung wird unterschieden, ob im Einzelfall eine Ausnahme vom Territorialitätsprinzip nach Art. 12 der VO (EG) 883/2004 (Entsendung), ob eine gewöhnliche Beschäftigung in mehreren Mitgliedstaaten nach Art. 13 oder ob ein Aus­nahme­tatbestand nach Art. 16 vorliegt. Um den Verbleib im heimischen System sicherzu­stellen, ist bei Vor­liegen der jeweiligen Voraussetzungen eine entsprechende A1 Bescheinigung zu beantra­gen. Die sachliche Zuständigkeit für die Erteilung der A1 Bescheinigungen richtet sich danach, ob die Vor­aus­setzungen einer Entsendung (Art. 12) oder einer gewöhnlichen Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten (Art. 13) vorliegen. Bei einer Entsendung richtet sich die Zuständigkeit insbesondere danach, wie der Mitarbeiter krankenversichert ist. Bei Art. 13 hingegen richtet sich die Zuständigkeit nach dem Wohnmit­gliedstaat des betroffenen Mitarbeiters (zuständiger Träger in Deutschland ist die Deutsche Verbindungs­stelle Krankenversicherung – Ausland, DVKA). Auch im Hinblick auf die Ausstellungsdauer ist bei beiden Varianten zu unterscheiden: Die Entsendung darf verordnungsrechtlich nur max. 24 Monate dauern. Bei Vor­liegen der Voraussetzungen von Art. 13 hingegen kann der betroffene Mitarbeiter grundsätzlich dauer­haft regelmäßig in mehreren Mitgliedstaaten tätig sein. Dennoch wird eine A1 Bescheinigung in der Regel befristet (bis zu fünf Jahren) ausgestellt werden. Eine Verlängerung ist jedoch möglich.

 

Die Bescheinigung legt für die beteiligten Staaten verbindlich fest, welches Sozialversicherungsrecht im konkreten Fall anwendbar ist. Sie sind an diese Entscheidung gebunden.

 

Notwendigkeit der A1 Bescheinigung

Zum Teil besteht in der Praxis die Auffassung, dass die Beantragung einer A1 Bescheinigung einer „Mindest­auf­enthaltsgrenze” des Mitarbeiters im Ausland unterliegt. Die immer wiederkehrende Frage, ob bei nur kurzen Auslandsätzen (z.B. von nur wenigen Tagen oder Stunden) auf eine A1 Bescheinigung ver­zichtet werden kann, ist nach wie vor, wie folgt, zu beantworten: Auch wenn der Einsatz nur von kurzer Dauer ist (kurzes Meeting, Seminar, Kundenbesuch, etc.) ist die Vorlage der Bescheinigung notwendig – sprich zum Zeitpunkt des Grenz­übertritts. Ebenso liefert die Verordnung keine Definition dazu, ab wel­chem zeitlichen Rahmen eine A1 Bescheinigung notwendig ist.

 

Hintergrund für die EU-weit strenge Handhabe ist vor allem die Absicht, Lohndumping und Schwarzarbeit zu vermeiden.

 

Einen Umbruch hat der A1-Antragsprozess Mitte 2019 insoweit erfahren, dass Anträge u.a. für kurzfristig ge­plante Dienstreisen elektronisch mithilfe systemgeprüfter Abrechnungsprogramme oder alternativ über sv.net als maschineller Ausfüllhilfe zu stellen sind. Ein Antrag in Papierform ist nur noch vereinzelt zu­lässig. Eine Neuerung ist ab dem 1. Januar 2024 für Grenzgänger vorgesehen: So soll auch für sie ein elek­tronisches Antrags­verfahren möglich sein, für den Fall, dass im Wohnsitzstaat ein Nachweis über das an­wendbare Recht des Tätigkeitsstaats benötigt wird.

 

Trotz der Umstellung auf das elektronische Antrags­verfahren ist es weiterhin gerade für kurzfristig anbe­raumte Dienstreisen oftmals nicht möglich, rechtzeitig eine A1 Bescheinigung zu erhalten. In solchen Fäl­len reicht es jedoch grundsätzlich aus, einen Nachweis der Antragstellung mitzuführen und die ausge­stellte A1 Beschein­igung nachzureichen.

 

Es ist davon auszugehen, dass sich an diesem A1-Prozess in naher Zukunft nichts ändern wird. So war jüngst im EU-Parlament und der EU-Kommission über eine Abschaffung der Antragspflicht bei Dienst­reisen von nur kurzer Dauer oder für bestimmte Zwecke diskutiert worden. Jedoch wurde die Abschaffung der A1-Pflicht insoweit letztlich abgelehnt.

   

Fazit

Auch wenn sich gerade große Unternehmen durch die A1-Pflicht z.T. mit einem enormen administrativen Auf­wand bei nur kurzen Dienstreisen konfrontiert sehen, bleibt weiterhin zu empfehlen, dem Mitarbeiter zum Beginn jeder Auslandstätigkeit eine entsprechende A1 Bescheinigung (oder zumindest den Nachweis der Antragstellung) auszuhändigen, um unliebsame Folgen zu vermeiden. 

Bitte beachten Sie

  • Prüfung des anwendbaren Rechts gemäss der VO (EG) 883/2004 vor jedem Mitarbeitereinsatz unabhängig von Einsatzzweck und Dauer

  • Rechtzeitige Beantragung einer A1 Bescheinigung

  • Aushändigung Kopie A1 Bescheinigung an den Mitarbeiter

  • Hinterlegung A1 Bescheinigung in Lohnabrechnungsunterlagen

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